
Voraussichtlich im zweiten Quartal des Jahres sollen nach einstimmigem Beschluss des Bad Bockleter Gemeinderats alle analogen Wasserzähler in Steinach, Roth und Nickersfelden gegen digitale Funkwasserzähler ausgetauscht werden. Doch am vergangenen Donnerstag informierten Elektromeister Paul Schmitt und Diplom-Ingenieur Norbert Schmitt bei einer privat organisierten Veranstaltung über mögliche Gefahren der Funkstrahlung sowie Nutzen und Kosten der digitalen Wasserzähler im Vergleich zu bisher genutzten analogen. Nun wollen 3. Bürgermeister Uto-Paul Schmitt (FCW, Steinach) und Gemeinderat Gerd Schmitt (FCW, Roth) das Thema zur nochmaligen Beratung im Ratsgremium vorbringen.
Bis heute gibt es außer Presseberichten keine amtliche Bekanntmachung der Verwaltung über den Austausch der Wasserzähler, bemängelte Norbert Schmitt bei seiner Begrüßung der fast 40 Zuhörer, die teilweise sogar aus Nachbargemeinden wie Oberthulba und Stangenroth gekommen waren. Auch in der Steinacher Bürgerversammlung im Oktober habe Kämmerer Patrick Könen auf Schmitts Nachfrage nur unzureichend geantwortet. Deshalb entschloss er sich mit Paul Schmitt zur Durchführung dieses Informationsabends.
Strahlungsgrenzwerte
Elektromeister Paul Schmitt, der sich während seiner Berufsjahre zum Fachmann für baubiologische Messtechnik weitergebildet hatte, nannte eine Vielzahl von Strahlungsgrenzwerten für digitale Funkgeräte. Hierbei unterschied er zwischen den von der Politik festgelegten Grenzwerten, an die sich die Industrie bei Herstellung ihrer Geräte zu halten hat, und baubiologischen Grenzwerten, die das 1983 gegründete Institut für Baubiologie und Nachhaltigkeit (IBN) und der Berufsverband Deutscher Baubiologen (VDB) vorgeben. Die „industriefreundlichen“ Werte seien um ein Vielfaches höher als Baubiologen für gesundheitlich grenzwertig halten.
Paul Schmitt nannte hierzu Messergebnisse des Umweltanalytikers Dietrich Moldan (Iphofen): Demnach werden bei Funkwasserzählern in 1,5 Metern Abstand 450 Mikrowatt pro Quadratmeter gemessen, was nach Maßgabe der Baubiologen einer starken Strahlenbelastung entspricht. Ist der Wasserzähler im Keller, wird im darüber liegenden Wohnraum noch eine mittlere Belastung von 1,0 Mikrowatt gemessen, während aus dem vorbeifahrenden Auto nur eine geringe Belastung von 0,3 Mikrowatt anfällt.
Alle 16 Sekunden ein Signal
Da heute bei kellerlosen Bauten der Funkwasserzähler oft neben den Wohnräumen im Technikraum angebracht wird und von dort alle 16 Sekunden ein kurzes Funksignal abgibt, ist die Wohnung ganztägig einer Strahlung ausgesetzt. „Unser Körper ist die beste Antenne “, warnte der Elektromeister vor dieser vor allem für elektrosensible Menschen gefährlichen Strahlung: „Man sieht sie nicht, man hört sie nicht, aber sie kann gesundheitliche Folgen haben.“
Datenschutz werde verletzt
Diplom-Ingenieur Norbert Schmitt stellte eine Kosten-Nutzen-Analyse der digitalen Wasserzähler im Vergleich mit analogen vor. Vor allem warnte er vor „Allgemeinplätzen in den Marketing-Aussagen“ der Hersteller wie Kamstrup (Mannheim), vor nachweislichen Mängeln der Funkgeräte sowie mangelhafter Kalkulation der von Gemeinden geforderten Zusatzgebühr bei Widerspruch. Er beklagte zudem die verfassungswidrige Verletzung des Datenschutzes: Die vom Funkwasserzähler alle 16 Sekunden auf die Straße gefunkten Verbrauchsdaten des Hauseigentümers seien „ein Dorado für jeden Hacker“. Einbrecher könnten bei längerem Nichtverbrauch auf Abwesenheit der Bewohner schließen. Das Bundesamt für Strahlenschutz empfehle deshalb kabelverbundene Datenübertragung.
Norbert Schmitt: Zähler hat Nachteile
Der Funkwasserzähler hat nach Schmitts Überzeugung nur Nachteile: Er kostet mehr als der analoge, er hält nach Erfahrung aus praktischem Einsatz nicht so lange wie versprochen, und die Gemeinden erheben bei Widerspruch Zusatzgebühren, deren Kalkulation nicht nachvollziehbar ist, wie Schmitt am Beispiel zeigte. Auch Bad Bocklets Kämmerer hatte dem Gemeinderat damals eine Zusatzgebühr von 60 Euro vorgeschlagen, ließ sich aber vom Ratsgremium widerspruchslos auf 40 Euro herunterhandeln.
Norbert Schmitt empfahl all jenen, die keinen Funk im Haus haben wollen, bei Einbau von Funkwasserzählern der Aktivierung des Funkmoduls zu widersprechen und empfahl, sich der Aktionsgemeinschaft „Weiße Zone Rhön“ anzuschließen, die Rechtsbeistand vermittelt. Zudem können Einwohner jederzeit eine Bürgerversammlung zu diesem Thema beantragen - bis hin zur Einreichung eines Bürgerbegehrens oder Antrag eines Bürgerentscheids.
Thema soll erneut beraten werden
Doch so weit muss es nicht kommen: Nach dem Vortrag gab 3. Bürgermeister Uto-Paul Schmitt zu, seine „Denkweise nun korrigiert“ zu haben. „Der Kosten-Nutzen-Faktor ist für mich das Entscheidende.“ Der Beschluss des Gemeinderats beruhe ausschließlich auf Informationen des Herstellers und Aussagen des Kämmerers. Dessen Kalkulation für die geplante Zusatzgebühr müsse überprüft werden „Die Entscheidung des Gemeinderats ist nicht in Stein gemeißelt“, beruhigte der Bürgermeister und versicherte, das Thema erneut im Rat vorzubringen.