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Bad Bocklet
Wildkräuter – mehr als Bärlauch
Katja Reith ist ausgebildete Kräuterführerin und weiß, dass auf den Wiesen vor der Haustür im Frühjahr sehr viel wächst als „nur“ die Pesto-Pflanze.
Katja Reith lässt sich frische Brennnesselspitzen schmecken.       -  Katja Reith lässt sich frische Brennnesselspitzen schmecken.
Foto: Angelika Despang | Katja Reith lässt sich frische Brennnesselspitzen schmecken.
Angelika Despang
 |  aktualisiert: 29.05.2024 17:15 Uhr

Die Sonne blitzt aus den Wolken, überall grünt es und ein leichter Wind lässt die Gräser und Blumen wippen.

Katja Reith schlendert quer über die Saalewiesen in der Nähe des Bad Bockleter Kurparks, den Blick nach unten gerichtet: „Auf einem Quadratmeter Wiese findet man locker fünf Wildkräuter , die gesund sind“, sagt die ausgebildete Kräuterführerin.

Vorteil ist, dass wir uns hier im Quellenschutzgebiet befinden. „Wo mit Gülle gedüngt oder gespritzt wird, herrscht natürlich nicht eine solche Vielfalt“, erklärt sie. Sie greift einmal in die Wiese und pflückt ein unscheinbares, weißes Blümchen heraus: „Die Vogelmiere zum Beispiel erkennt man an dem Streifen Härchen am Stiel. Sie enthält viel Vitamin C und schmeckt lecker im Salat oder von der Hand in den Mund“, sagt es und beißt es ab.

In der Wiese sammeln

Doch gibt es ein paar Regeln beim Sammeln zu beachten: „Man sollte nicht am Wegesrand sammeln, sondern immer in die Wiese hinein gehen.“ Außerdem sollte darauf geachtet werden, ob die Wiese zertrampelt ist, also vorher sich möglicherweise Hunde dort aufgehalten haben. Auch an den Hängen von kleinen Gräben oder Wasserläufen kann gesammelt werden.

Ein Blatt vom Sauerampfer landet als nächsten in der Hand von Katja Reith: „Er kann bis Ende Mai geerntet werden und sein Vitamin C-Gehalt ist im Verhältnis doppelt so hoch wie der vom Spinat“, was ich nach einer Kostprobe anhand seines säuerlichen Geschmacks, der an Zitronen erinnert, nur bestätigen kann.

Gleich daneben ist das Wiesenschaumkraut zu finden, das wie Kresse verwendet werden kann und zudem verdauungsfördernd, krampflösend und blutreinigend ist. „Das ist neben dem Gänseblümchen, bei dem die Blättchen wie auch die Blüte genießbar sind, ein typisches Anfängerkraut.“

Helfen kann werdenden Kräutersammlern auch ein Bestimmungsbuch oder eine Bestimmungsapp, bei der die jeweiligen Blüten oder Blätter abfotografiert werden. „Erst sieht auf der Wiese alles nur grün aus und irgendwann kann man dann differenzieren“, lacht Reith.

Sie beschäftigt sich bereits seit 25 Jahren mit regionalen Kräutern, hat sich selbst viel angelesen und dann eine Ausbildung zur Kräuterführerin beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gemacht.

Tinktur aus Spitzwegerich

„Den Spitzwegerich nennt man auch Wiesenpflaster, weil man ihn bei einem Stich oder Schnitt direkt um den Finger wickeln kann.“ Auch eine Tinktur kann hergestellt werden, indem das frische Kraut klein geschnitten und in einem Einmachglas mit Alkohol übergossen wird. Das steht dann drei bis vier Wochen auf der Fensterbank und wird alle paar Tage geschwenkt. Durch die Wärme der Sonne lösen sich die Nährstoffe aus der Pflanze. Danach wird die Tinktur ab geseiht und in eine dunkle Flasche abgefüllt.

Weiter geht’s Richtung Saale. Ein großer Girsch-Busch kreuzt unseren Weg – der Feind aller Gärtner und Reith’s Lieblingskraut: „Er lässt sich kaum aus dem Garten vertreiben, ist aber ein gutes Stärkungskraut und schmeckt lecker im Pesto zusammen mit Haselnüssen und etwas Bärlauch .“ Außerdem wirkt er entschlackend, krampflösend und stärkt das Immunsystem. „Er ist und macht unerschütterlich. Zusammen mit Brennnesseln im Verhältnis ein Drittel zu zwei Drittel bereite ich ihn zudem wie Spinat zu.“

Wir waten durch die Büsche ans Ufer der Saale, Reith greift, ohne mit der Wimper zu zucken, in einen Brennnesselstrauch, zupft die Spitze ab und faltet sie zu einem Knäul. „Einfach mal probieren“, lacht sie, „wichtig ist von unten nach oben zu ernten.“ Nach anfänglicher Überwindung schiebe ich das Brennnesselpäckchen in den Mund – schmeckt gut und würzig. „Wenn ich draußen unterwegs bin, schnabuliere ich hier und dort beim Hunger zwischendurch.“

Löwenzahn als Wiesen-Kaugummi

Auch der Löwenzahn darf nicht vergessen werden und ist ein gutes Kraut für Anfänger. Die Blätter schmecken bitter, wirken harntreibend und können als Kur angewendet werden. Die Spitzen der Blüten verfeinern den Salat und der Stiel ist der sogenannte Wiesen-Kaugummi: „Man kann lange darauf kauen, er schmeckt erst bitter und dann süßlich“, erklärt die 46-Jährige, „er ist nicht giftig, man muss nur aufpassen, dass die Milch nicht an die Kleidung kommt.“

Apropos giftig: achtgeben sollte man bei den Herbstzeitlosen, die leicht mit Bärlauch zu verwechseln sind und die eine der giftigsten einheimischen Grünlandpflanzen sind. Der Verzehr kann für Mensch und Tier tödlich sein. Auch die jungen Blätter des Aronstabs und der Maiglöckchen sehen Bärlauch zum Verwechseln ähnlich, „und wenn dann beides zusammen in einer Box ist, kann man sie auch nicht mehr am Geruch unterscheiden“, warnt Reith.

Womit wir dann doch bei dem bekannten Frühlingskraut wären: „Bärlauch erkennt man an seiner Zwiebel und an dem dünnen Blattstiel, der einzeln aus dem Boden wächst.“ Bei dem Hype um Bärlauch mahnt die Kräuterführerin einen bewussten Umgang mit der Natur an: „Es bringt ja nichts, alles ratzeputz abzuernten.“ Und auch von Haltbarmachen, um das Kraut ganzjährig verfügbar zu haben, hält sie nicht viel: „In der Natur wächst zum richtigen Zeitpunkt, was der Körper im Frühjahr braucht und das wirkt dann auch am besten.“

Rezept Wildkräuterwaffeln mit Meerrettich-Creme und Graved Lachs 

Wildkräuterwaffeln mit Meerrettichcreme und Graved Lachs       -  Wildkräuterwaffeln mit Meerrettichcreme und Graved Lachs
Foto: Carina Kolb | Wildkräuterwaffeln mit Meerrettichcreme und Graved Lachs

vom Hammelburger Koch Marcus Beran 

Zutaten:

5 Eier, getrennt
150 g Margarine, Zimmertemperatur
50 g Zucker
15 ml Sesamöl
15 g feines Zitronen-Lavendelsalz
5 g Wildkräuter, gefriergetrocknet, gerebelt, (alternativ 20 g frisches, fein gehackt)
120 g Mehl (ggf. glutenfrei)
100 ml Milch (ggf. laktosefrei)
10 g Backpulver

200 g Schmand (ggf. laktosefrei)
20 g Tafelmeerrettich
2 g Dill, gehackt
1 g Muskat
3 g Salz 
200 g gebeizten Lachs
100 g Wildkräutersalat, gewaschen


Zubereitung:

Eiweiß zu Schnee schlagen. Das Eigelb separat luftig aufschlagen, Margarine und Öl mit einrühren. Wildkräuter und den Eischnee vorsichtig unterheben. Würzen und das Mehl ebenfalls einrühren. Tipp: Nehmen Sie hierzu einen großen Teigschaber und rühren Sie kreisförmig. Hier hilft es, das Mehl zu sieben, damit es keine Klumpen gibt. 
Der Teig ist nun cremig und fließt langsam vom Teigschaber. 
Ein Waffeleisen mit etwas Margarine bepinseln und eine Kelle Teig in die Mitte der Form geben. Zuklappen und backen lassen, bis das Gerät umschaltet.
Für die Creme den Meerrettich mit dem Schmand, Dill und Gewürzen vermischen und abschmecken. 
Den Lachs auf die fertige Waffel legen, punktuell etwas Schmand darauf verteilen und den Salat darüber geben.  Guten Appetit.

Meine Empfehlung: Durch den Schmand ist hier kein Dressing notwendig. Wer dennoch nicht darauf verzichten mag, dem bietet sich hier ein dezentes Kräuterdressing an.

Tipp: Die noch übrigen Waffeln lassen sich prima als Snack mitnehmen. 

 

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