
Der Oberste Bayerische Rechnungshof ist kein Freund der Staatsbäder. Zweimal schon hat er sie als unnötige Belastung für den Freistaat kritisiert. Zum Glück steht die Staatsregierung zu den Verpflichtungen, deren Grundlagen im Falle Kissingens vor über 170 Jahren König Ludwig I. gelegt hat. Die Frage ist nur, wie lange noch. Ein Gespräch mit Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon.
Frage: Herr Fahrenschon, der Bayerische Oberste Rechnungshof fordert, der Freistaat solle sich von seinen fünf Staatsbädern trennen. Hat Sie diese Fortsetzung einer Kritik des Rechnungshofs aus den 1990er Jahren überrascht?
Georg Fahrenschon: Sie hat mich nicht überrascht. Die restriktive Sicht des Bayerischen Obersten Rechnungshofs hat sich in den Vorgesprächen zu den Prüfungsfeststellungen in den einzelnen Staatsbädern, die auf Arbeitsebene geführt wurden, schon sehr deutlich abgezeichnet.
Hat der Freistaat – Stichwort BayernLB – zurzeit nicht größere Probleme als die Staatsbäder?
Fahrenschon: In wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist der Finanzminister immer in besonderem Maße gefordert. Da macht auch das Jahr 2010 keine Ausnahme. Ich bin deshalb außerordentlich dankbar, dass mir mit Staatssekretär Franz Josef Pschierer ein exzellenter Fachmann zur Seite steht. Mit ihm habe ich vereinbart, dass er sich schwerpunktmäßig unter anderem der Probleme der Staatsbäder annimmt. Gleichwohl werde ich über grundlegende Weichenstellungen auf dem Laufenden gehalten. Sie sehen, der Finanzminister verliert die Staatsbäder nicht aus den Augen.
Der Rechnungshof sagt, Sie gäben für die fünf Staatsbäder viel mehr aus als für die vielen Badeorte ohne staatliche Beteiligung. Das ist doch zum Teil eine Milchmädchenrechnung. Im Falle Kissingens geht viel Geld in den Erhalt staatlicher Gebäude. Sein Eigentum muss der Freistaat aber so oder so pflegen, ob im Staatsbad oder nicht.
Fahrenschon: Der zwischen kommunalen Bädern und Staatsbädern gezogene Vergleich hinkt. Allerdings lässt auch Ihre Fragestellung den Umstand außer Acht, dass die enormen Summen, die der Freistaat in seine Liegenschaften im Staatsbad investiert, bei der Überlassung an die Staatsbad GmbH keinen Niederschlag finden. Sie erfolgt bekanntlich unentgeltlich. So mancher Bürgermeister würde es begrüßen, wenn der Freistaat auch in seiner Kommune rund 34 Millionen Euro in eine Liegenschaft investiert – wie vor kurzem im Regentenbau geschehen – und diese anschließend unentgeltlich zur Nutzung überlassen bekommt. Wir investieren in die Staatsbadliegenschaften nicht um ihrer selbst Willen, sondern um sie auf den Stand zu bringen, den ein zeitgemäßer Kurbetrieb erfordert.
Die bisherigen Bemühungen, hier staatliche Ausgaben zu reduzieren, hätten zu wenig gebracht, behauptet der Rechnungshof. Er geht daher sogar so weit zu sagen, wenn Staatsbäder nicht vollständig kommunalisiert oder privatisiert werden könnten, solle die Schließung einzelner Bäder in Betracht gezogen werden. Was halten Sie davon?
Fahrenschon: Ich habe unmittelbar nach Veröffentlichung des Rechnungshof-Jahresberichts 2009 klargestellt, dass ich den darin enthaltenen Vorschlag, der Freistaat solle seine Beteiligung an den Staatsbädern aufgeben, nicht mitgehen werde. Wir arbeiten vielmehr mit Nachdruck an einer Verwirklichung des so genannten Bad Bockleter Modells in allen Staatsbädern: Der Freistaat konzentriert sich auf das Immobilienmanagement, der Betrieb des Kurgeschäfts wird von den Kommunen wahrgenommen.
Was heißt das für Bedienstete und Immobilien?
Fahrenschon: Bei der Umsetzung dieses Konzeptes muss ich neben der Leistungsfähigkeit der jeweiligen Staatsbadkommune auch die Fürsorgepflicht des Freistaates gegenüber den bei den ehemals Staatlichen Kurverwaltungen Beschäftigten berücksichtigen. Mir ist klar, dass eine Übernahme der zum Teil denkmalgeschützten Liegenschaften, deren Unterhalt extrem aufwändig ist, die Staatsbadkommunen bei weitem überfordern und in eine finanzielle Schieflage bringen würde.
Die Verträge mit der Stadt über die Zusammenarbeit in der Staatsbad GmbH laufen bis 2018. Wie sind die Perspektiven für die Zeit danach?
Fahrenschon: Für Überlegungen zu Entwicklungen des Engagements des Freistaats Bayern bei der Staatsbad GmbH nach 2018 – also in mehr als sieben Jahren – ist es schlicht und einfach zu früh.
Trotzdem: Freistaat und Stadt teilen sich Kosten und Einfluss bei der Staatsbad GmbH im Verhältnis 60 zu 40. Wird es dabei bleiben?
Fahrenschon: Wie gesagt, für Überlegungen für die Zeit nach 2018 ist es noch zu früh. Allerdings zeigt das Staatsbad Bad Reichenhall mögliche Perspektiven auf. Dort haben sich die Gesellschafter neben der Verlängerung des laufenden Konsortialvertrags, in dem sich Freistaat, Bad Reichenhall und Bayerisch Gmain zum gemeinsamen Betrieb der Kureinrichtungen zusammengeschlossen haben, vorzeitig darauf verständigt, dass die Stadt Bad Reichenhall bis 2015 vom Freistaat 12,5 Prozent der Gesellschaftsanteile der KurGmbH übernimmt. Ab 2015 werden damit die kommunalen Gesellschafter die Mehrheit in der KurGmbH übernehmen. Einen solchen schrittweisen Übergang hin zum Bad Bockleter Modell kann ich mir auch für Bad Kissingen vorstellen. Für Gespräche stehen wir jederzeit zur Verfügung.
Wie beurteilen Sie aktuelle Situation und Perspektiven bei Bad Bocklet und Bad Brückenau?
Fahrenschon: Bad Bocklet hat für uns Modellcharakter. Ich bin deshalb sehr froh darüber, dass wir dieses Erfolgsmodell mit der Marktgemeinde jetzt für weitere 15 Jahre festschreiben. Gerade die Bad Bockleter haben bewiesen, dass die Verlagerung der Entscheidungskompetenz in operativen Fragen vor Ort zu spürbaren Verbesserungen führt. Die beachtlichen Gäste- und Übernachtungszahlen dieses Staatsbades für das Jahr 2009 belegen dies eindrucksvoll.
Und Brückenau?
Fahrenschon: Das Staatsbad Bad Brückenau hat sich zu einem herausragenden Wirtschaftsfaktor für das obere Sinntal entwickelt. Nach den Zielvorgaben der Bayerischen Staatsregierung verfolgt das Staatsbad Bad Brückenau den Weg der Teilprivatisierung und verlagert Aufgaben, die Private gleichermaßen erfüllen können, in die Privatwirtschaft. Privatisierungserfolge der jüngsten Vergangenheit sind die Privatisierung des Fürstenhofes, also die Hotelverpachtung, sowie der Fernheizzentrale. Teilbereiche der Gärtnerei, des Veranstaltungsbereiches und im Marketing wurden ebenfalls in die Privatwirtschaft verlagert und haben dort neue Arbeitsplätze geschaffen. Grundsätzlich prüfen wir und die Staatliche Kurverwaltung stets, ob nicht weitere Teilbereiche von privaten Dritten erledigt werden können. Dies gilt insbesondere, wenn sich infolge natürlicher Fluktuation die Möglichkeit der Minderung des Personalbestandes ergibt.
Der Bäderkreis gehört zu den strukturschwachen Gebieten und hat zudem die höchste Staatsbaddichte. Ist da verlässliche Partnerschaft des Staats als Wirtschaftsförderung nicht unabdingbar?
Fahrenschon: Die Staatsbäder gehören nicht zu den Kernaufgaben des Staates: Die Bereitstellung der Infrastruktur im Bereich des Gesundheits- und Kurwesens sowie der Rehabilitation zum Zwecke des Gemeinwohls tritt zunehmend in den Hintergrund; gesundheitstouristische Aspekte erlangen hingegen immer mehr Bedeutung. Die Tatsache, dass von den 51 Heilbädern und Kurorten in Bayern nur fünf Staatsbäder sind, die übrigen aber in kommunaler und privater Regie geführt werden, zeigt, dass private Initiative in diesem Bereich bisherige staatliche Aufgaben ebenso gut erfüllen kann. Dabei ist es Richtschur der Beteiligungspolitik des Freistaates Bayern, sich bei einem Wegfall der Notwendigkeit staatlichen Engagements aus der unternehmerischen Betätigung zurückzuziehen. Staatliche Investitionen werden deshalb auch künftig nicht als bloße Infrastrukturmaßnahmen gesehen und verstanden, sondern immer als Hilfe zur Selbsthilfe gedacht und konzipiert.
Da stellt sich nochmal die Frage nach den staatlichen Immobilien.
Fahrenschon: Der Bereich der Immobilienbewirtschaftung wird für die Staatsbäder auch weiterhin uneingeschränkt seiner historisch gewachsenen Verantwortung gerecht werden und im Rahmen des haushaltsmäßig Möglichen den vorhandenen Bestand erhalten beziehungsweise in einen funktional sinnvollen Zustand versetzen. Dieser Verpflichtung ist der Freistaat im Übrigen auch in der Vergangenheit in vorbildlicher Weise gerecht geworden. Dies belegt die beachtliche Summe von über 105 Millionen Euro, die der Freistaat in den letzten 15 Jahren für die Liegenschaften der drei unterfränkischen Staatsbäder aufgewendet hat. Das ist meines Erachtens ein ganz eindeutiger Beweis für seine stets verlässliche Partnerschaft.