Auf zweieinhalb Seiten stellt der Rechnungshof im Jahresbericht die widerstreitenden Positionen dar. Unter anderem hält der Rechnungshof dem Bundesverkehrsministerium vor, es halte an zu aufwändigen Ausbaustandards fest, was 8,3 Millionen Euro Mehrkosten auslösen würde. Außerdem plane das Ministerium Dinge, die der Rechnungshof für nicht notwendig oder nicht für vom Bund zu finanzieren hält. Gemeint ist damit die so genannte Westspange. Sie soll laut Planung die B 286 mit der B 287 verbinden. Dafür setzt die Behörde zusätzlich 9,8 Millionen Euro an. Was unterm Strich zum Gesamtvorwurf von 18,1 Millionen Euro Mehrkosten führt.
Beim Thema Ausbaustandards geht es um den Plan, die B 286 neu als Kraftfahrstraße anzulegen, die entgegen einer früheren Planung höhenungleiche Knotenpunkte haben soll. Dazu wären zusätzliche Ausgaben für Unter- und Überführungen nötig. Nicht angemessen findet der Bundesrechnungshof außerdem die Absicht, an Steigungen zusätzliche Fahrstreifen anzulegen.
Die geplante Westspange solle die B 286 und die Innenstadt von Bad Kissingen von Verkehr entlasten. Verkehrsgutachten aus den Jahren 2004 und 2006 prognostizierten allerdings Rückgang der täglichen Verkehrsbelastung. Der für die Westspange prognostizierte Anteil von Fernverkehr betrage aber nur neun Prozent. Die Westspange diene aus Sicht des Rechnungshofes daher „überwiegend dem örtlichen und regionalen Verkehr“. Ein weiteres Gutachten von 2007 besage zudem, dass es im Bereich Bad Kissingen kaum Durchgangsverkehr gebe.
Darüber hinaus sei die Westspange nicht im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen enthalten. Das Verkehrsministerium habe zwar gemeint, es genüge, dass der Neubau der B 286 „grundsätzlich im Bedarfsplan“ erfasst sei. Der Rechnungshof meint aber, dem Bundestag dürfe die Entscheidung auch in diesem Detail dadurch nicht entzogen werden.
Schließlich empfiehlt der Rechnungshof, das Kosten-Nutzen-Verhältnis für die B 286 zu bewerten. Dabei solle ein einfacherer Vorentwurf von 2002 berücksichtigt werden. Zudem solle das Ministerium auf die Westspange verzichten.
Von Seiten der Planer im Staatlichen Bauamt Schweinfurt hieß es am Dienstag, in der Sache gebe es noch nichts Neues. Momentan laufe eine neue Verkehrsuntersuchung. Das damit beauftragte unabhängige Ingenieurbüro erstelle dabei auch eine Verkehrsprognose. Die könne helfen einzuschätzen, welche Auffassung eher zutrifft: die des Rechnungshofes oder die von den Planern vertretene, sagte Holger Bothe, Amtsleiter des Staatlichen Bauamts Schweinfurt. Vorliegen werde das Ergebnis der Untersuchung voraussichtlich Anfang nächsten Jahres.
Die Kritik an der B 286 neu hat ein Sprecher des Bundesrechnungshofes im Oktober schon einmal vorgetragen. Damals erläuterte Bothe die im Lauf des Planungsvorgangs von 18 auf 35 Millionen Euro erhöhte Kostenschätzung. Aufgrund von Verkehrsprognosen aus dem Jahr 2004 habe man erkannt, dass die ursprüngliche Planung voraussichtlich nicht ausreiche, „um den Verkehr leistungsfähig und sicher abzuführen“.
Auch einem anderen Einwand hatte Bothe damals widersprochen. Rechnungshof-Pressesprecher Andreas Krull beschrieb Projekt B 286 neu aus Sicht des Rechnungshofs als Beispiel für einen klassischen Konflikt. Was das Straßennetz in der Republik angehe, reiche das Bundesinteresse heutzutage nur bis zu den Autobahnen und wenigen weiteren Straßen, hatte der Pressesprecher erklärt.
Die Bundesstraßen hätten dagegen in den meisten Fällen nur noch regionale Bedeutung. Dass der Bund dennoch die Verantwortung dafür trage, findet der Bundesrechnungshof problematisch. Bestellt werde aus regionalen Interessen heraus, bezahlt werden solle überregional. Da mache es doch eher Sinn, Entscheidung und Mittel für die Bundesstraßen vom Bund auf die Länder zu übertragen, meinte Krull.
Diese Diskussion über die regionale oder überregionale Bedeutung von Bundesstraßen sei aus seiner Sicht nicht auf das Projekt anzuwenden, entgegnete Bothe damals. Die B 286 neu ist aus seiner Einschätzung keine normale Bundesstraße,. Sie sei von Anfang an als Autobahnzubringer zur A 71 angesehen worden.
So wie Bothe es für seine Behörde angedeutet hat, will sich zunächst auch die Stadt Bad Kissingen verhalten. Nämlich abwartend, so lange bis die neuen Verkehrsprognosen vorliegen. Danach mache sich das Rathaus aber mit Nachdruck an Gespräche mit Entscheidungsträgern. Auf eine bestimmte Lösung – ohne Westspange, mit Westspange oder gar ersatzweise mit einer Ostspange – werde sich die Stadt aber vorher nicht festlegen.