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Haard
Aus zwei wurde eins
Einschneidendste Veränderung für Haard begannen vor 50 Jahren.
In der alten Schule in Haard hat die Gemeinde nach der Gebietsreform Sprechstunden für die Bürger abgehalten. Foto: Archiv/Ewald Kiesel       -  In der alten Schule in Haard hat die Gemeinde nach der Gebietsreform Sprechstunden für die Bürger abgehalten. Foto: Archiv/Ewald Kiesel
| In der alten Schule in Haard hat die Gemeinde nach der Gebietsreform Sprechstunden für die Bürger abgehalten. Foto: Archiv/Ewald Kiesel
Ewald Kiesel
 |  aktualisiert: 17.08.2022 09:45 Uhr

Vor 50 Jahren wurde die Gemeinde-Gebietsreform in Bayern, die das ganze Land veränderte, heftig diskutiert. Aus diesem Anlass trafen sich die Bürgermeister und Gemeinderäte von Nüdlingen und Haard zu einer ersten gemeinsamen Sitzung, am 8. April 1971, um einen freiwilligen Zusammenschluss zu beraten.

Das Gremium beschloss einstimmig die beiden Gemeinden zum 1. Januar 1972 mit Nüdlingen als aufnehmende und Haard als aufzunehmende Gemeinde vorzubereiten, um den höchstmöglichen, in Aussicht gestellten Staatszuschuss von 422 935 DM für die Aufgabe der Selbstständigkeit zu sichern.

Am 18. Oktober 1971 fand zunächst die geheime Abstimmung der Haarder Bürger statt, an der sich von den 703 Einwohnern 300 Wahlberechtigte beteiligten. 269 Bürger stimmten für die Eingemeindung, nach Nüdlingen, 31 dagegen. Die Gemeinde Haard , die ihre Selbstständigkeit 800 Jahre bewahrt hatte, gab diese nun zu Gunsten der Gemeinde Nüdlingen auf.

Im Eingemeindungsvertrag wurde, am 5. November 1971 festgelegt, dass die Fördermittel des Staates ausschließlich für den Ausbau der Ortsstraßen in Haard verwendet und von der Gemeinde Nüdlingen vorfinanziert werden. Die bisherigen Satzungen für Wasser- und Entwässerungseinrichtungen sollten übergangsweise bis Ende 1972 weiter Gültigkeit haben.

Der Ortsname Haard blieb erhalten und von Zeit zu Zeit wurden Sprechstunden im Gemeindeteil Haard abgehalten. Die eingeleitete Umlegung des Bebauungsplanes "Altenberg-Süd" soll zügig weiter geführt werden, hieß es weiter.

Sollte im Zuge der weiteren schulorganisatorischen Veränderungen im neuen Schulgebäude Räume frei werden, sollen diese für vorschulische Erziehung und die Turnhalle zur Durchführung kultureller Veranstaltungen der Vereine zur Verfügung stehen.

Schulverband

Seit der Schulreform 1969/71 bildet Nüdlingen mit Haard einen Schulverband wo im Jahr 1971/72 in 15 Klassen mit 573 Schüler unterrichtet wurden. Weiter wurde festgelegt, dass der Schulbetrieb in Haard mit drei Klassen weiter geführt werden soll. Das Gemeinschaftsjagdrevier der Gemarkung Haard soll erhalten bleiben.

Der Eingemeindungsvertrag wurde von beiden Gemeindegremien einstimmig beschlossen. Die Regierung von Unterfranken genehmigte den Vertrag und deren Abmachungen. Somit war die Eingliederung in die Gemeinde Nüdlingen zum 1. Januar 1972 unanfechtbar.

Bei der Jahresabschlusssitzung des Haarder Gemeinderates, am 28. Dezember 1971 gab Bürgermeister Emil Röder einen Rückblick über die 19 Jahre seiner Amtszeit als Bürgermeister. Er stellte fest, dass die Gemeinde seit seinem Amtsantritt im Jahr 1953 von 568 Einwohnern auf nunmehr 709 gewachsen ist.

Er hob in einem Rückblick besonders folgende Baumaßnahmen hervor: Wasserleitungsbau mit Hochbehälter, Ausbau des Wirtschaftsweges "Kannstraße", Ortsverbindungsstraße nach Nüdlingen, Löschwasserzisterne, Kanalisation in zwei Bauabschnitten, Neubau der Schule mit Turnhalle, Ausbau der Ortsdurchfahrt mit Hochwasserfreilegung, Leichenhausbau. Er stellte fest, dass nur mit persönlicher Tatkraft und Entschlossenheit diese Baumaßnahmen mit Unterstützung der Bürger verwirklicht werden konnten.

Ehrenbürger

Bei der Abschlussfeier am 16. Januar 1972 im Saal des Gasthauses Alberth, an dem die Haarder Bürger zahlreich teilnahmen, übergab Bürgermeister Emil Röder sein Amt, "nicht leichten Herzens", so Röder, an seinen Rechtsnachfolger, Nüdlingens Bürgermeister Franz Nicolai ab.

In Würdigung seiner Verdienste um die Gemeinde Haard , die er seit 1953 bis 1971 als Bürgermeister leitete, wurde Emil Röder mit der Ehrenbürgerwürde geehrt. Landrat Magnus Hermann stellte fest, dass die Gemeinde Nüdlingen einen Ortsteil erhalte, der eine gute Mitgift mitbringe.

Keine sinnvolle Alternative

Es wurden zwar zum Beginn der Gemeindegebietsreform mehrere Möglichkeiten der Eingemeindung mit anderen Ortschaften geprüft, doch zum Zusammenschluss mit Nüdlingen gab es keine sinnvolle Alternative. Da ist zum einen die geografische Nähe, der gemeinsame Schulverband mit Nüdlingen. Bereits seit dem Jahr 1590 gehört die Kirchengemeinde Haard zur Pfarrei Nüdlingen. Nun wurde also auch der politische Zusammenschluss vollendet.

Bei der ersten Neuwahl des Gemeinderates im Jahr 1972, mit nun 3608 Einwohnern wurden Ewald Kiesel und Martin Ritter über die "Unabhängige Wählergemeinschaft Haard " (UWH) in das 16-köpfige Gemeinderatsgremium gewählt. Bürgermeister war Franz Nicolai. Ein spezielles Ortsteildenken war nie zu spüren und gewollt. Die feierfreudigen Haarder Vereine, die ihr Eigenleben behielten, gründeten einen Vereinsring und trugen mit ihren Veranstaltungen wesentlich zum Zusammenwachsen der Bürger beider Gemeindeteile bei.

Rege Bautätigkeit

Ein gewaltiger Umbruch der Gemeinde fand statt. Das Neubaugebiet "Altenberg Süd" wurde umgelegt und eine rege Bautätigkeit begann. Die Dorfstraßen und Gassen wurden mit den Mitteln der erhöhten Schlüsselzuweisungen zügig ausgebaut, Böschungen neu angelegt und bepflanzt.

Überall traf man Bewohner, die an ihren Vorgärten und Häusern, nach dem staubfreien Straßenausbau, Hand anlegten und verschönerten. In der Dorfwiese wurde ein Festplatz angelegt, den die Vereine für die Organisation von Festlichkeiten nutzten.

Bei der Teilnahme am Bundeswettbewerb "Unser Dorf soll schöner werden" wurde dem Gemeindeteil Haard - zur Freude der Einwohner - der erste Preis der "Gruppe B" (Ort über 600 Einwohner) zuerkannt.

Die Trinkwasserversorgung wurde neu geregelt und ein Hochbehälter für beide Gemeindeteile am Altenberg gebaut.

Flurbereinigung 1971 bis 1987

Neben all diesen Aktivitäten war von 1971 bis 1987 die Flurbereinigung im Umbau. Im Rahmen der umfangreichen Baumaßnahme , unter der Staatlichen Leitung von Baudirektor Herbert Koch (WÜ) wurden 448 Hektar der Gemarkung Haard wirtschaftlich, maschinengerecht umgelegt.

Das ausgebaute Wegenetz umfasste 7,8 Kilometer, 3,4 Kilometer Bitumenwege, 4,4 Kilometer Schotter- und 20 Kilometer unbefestigte Wege, 4,2 Kilometer Wassergräben und 43 Kilometer Drainagestränge wurden verlegt.

Zum Schutz der Landschaft fanden 1,5 Kilometer Reihenpflanzungen und zwei Hektar Bodenschutzpflanzungen statt. Den Grundstückseigentümern wurden kostenlos 1500 junge Obstbäume vom Flurbereinigungsamt Würzburg zur Verfügung gestellt.

Die Gemeindegebietsreform und die Flurbereinigung vor 50 Jahren gehören somit zu den einschneidendsten Veränderungen des Dorfes Haard seit seinem Bestehen vor über 800 Jahren.

 
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