Bis zum vergangenen Dienstag waren viele Kissinger Kunden von Vögele noch optimistisch: Die Filiale des Schweizer Bekleidungshandelsunternehmens am Valentin-Weidner-Platz galt vor Ort als einer jener Standorte, die bei der Auflösung des deutschen Filialnetzes von Vögele weiterhin Bekleidung anbieten und lediglich auf das Format UPIM umgestellt werden sollten. Jetzt kommt es völlig anders: Am Dienstag fanden viele Haushalte den Hinweis von Vögele im Briefkasten, das Unternehmen mache den Kissinger Standort zu. Nächsten Mittwoch sei bereits letzter Verkaufstag.
Vereinbarung über Teil der Filialen
Wie berichtet, hat das Schweizer Bekleidungsunternehmen Anfang des Jahres erklärt, es gebe eine Vereinbarung der Vögele Deutschland GmbH mit den Handelsunternehmen TEDi, KiK und Woolworth über den Verkauf eines großen Teils seines deutschen Filialnetzes. Insgesamt gehe es um rund 280 Vögele-Filialen in Deutschland. KiK wollte nach eigenen Angaben rund 60 übernehmen, Woolworth 44, TEDi nannte keine konkrete Zahl. Diese neuen Eigentümer wollen der Ankündigung nach, die Märkte unter ihrem eigenen Markennamen und mit ihrem eigenen Geschäftskonzept betreiben.
Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der deutschen Filialen werde die Möglichkeit auf Weiterbeschäftigung angeboten.
Nicht übernommen
Dass die Filiale in Bad Kissingen nicht zu denen gehören würde, die von TEDi, KiK oder Woolworth übernommen würden, lag von Anfang an auf der Hand. Märkte von TEDi und KiK gibt es in der Stadt bereits und Woolworth hat sich schon vor Jahren einmal gegen einen Standort in der Stadt ausgesprochen.
Die Mietverträge für die betreffenden Standorte sollten, das Einverständnis der jeweiligen Vermieter vorausgesetzt, laut Ankündigung vom Jahresbeginn im zweiten Quartal umgestellt werden. Das scheint jetzt gerade zu passieren. Den Großteil der übrigen Filialen, die Rede war von 84, plante Vögele, auf das Format UPIM umzustellen. Das traditionsreiche Schweizer Bekleidungsunternehmen war vergangenes Jahr an die Investorengruppe Sempione Retail um den italienischen Modekonzern OVS verkauft worden. UPIM ist als Marke OVS zuzuordnen.
Dass der Standort Bad Kissingen jetzt doch nicht zu jenen gehört, die unter neuer Flagge weiter Bekleidung anbieten, hat vor allem treue Kunden überrascht. Am Tag der Benachrichtigung äußerte sich ein zufällig an der Kissinger Filiale angetroffenes Kundenpaar sehr enttäuscht über diese Entwicklung. Er habe seine Bekleidung seit Jahren nur bei Vögele gekauft, erklärte der Mann dazu. Er wisse jetzt gar nicht, wo er sich künftig mit Bekleidung eindecken solle.
Herzen im Schaufenster
Von den Beschäftigten vor Ort war aktuell zur Schließung keine Stellungnahme zu bekommen. Lediglich die Schaufenstergestaltung mit in Herzform angeordneten Hinweiszetteln auf die Schließung machte deutlich, dass den Mitarbeiterinnen der Arbeitsplatz am Valentin-Weidner-Platz eine Herzensangelegenheit war.
Vögele: Normale wirtschaftliche Gründe
Auf Anfrage erklärte die Schweizer Zentrale des Unternehmens am Mittwoch die Schließung des Standortes Bad Kissingen mit „regulären wirtschaftlichen Gründen“. Die Filiale habe „nicht den erwarteten wirtschaftlichen Erfolg gebracht“. Es sei im Übrigen auch gar nicht geplant gewesen, die Filiale auf UPIM umzustellen.
Das Unternehmen selbst habe das auch nie so kommuniziert. Zum Personal heißt es in der Antwort des Unternehmens: „Das Personal hatte bereits gekündigt. Das ist auch der Grund für die vorzeitige Schließung. Niemand wurde entlassen.“