
Zum letzten Konzert in diesem für den Verein Kunsthaus Bad Brückenau recht ereignisreichen Jahr begrüßte die 2. Vorsitzende des Vereins und Kulturreferentin der Stadt, Karin Ott, die Gäste in der unter den geltenden Hygieneregeln ausverkauften Georgihalle. Dieses Konzert mit Klezmermusik von "Schmitts Katze " lag den Verantwortlichen besonders am Herzen - schon als Beitrag zu den jüdischen Kulturtagen 2020 geplant, musste es pandemiebedingt mehrfach verschoben werden. Nun freuten sich Musiker, Gäste und Veranstalter gleichermaßen, dass es endlich stattfinden konnte.
Klezmer - das ist die Musik der ashkenasischen Juden . Die Klezmorim spielen meist zu Festen, vor allem zu Hochzeiten. Im Mittelalter entlang des Rheins entstanden, entwickelte sich die Klezmermusik nach Auswanderung der Juden nach Osteuropa im 19. Jahrhundert in den dortigen Schtetl. Neben dem Gesang sind die wichtigsten Instrumente Geige, Klarinette, Tsimbel, Trompete, Posaune, Bass, Mandoline und Schlagwerk. Nach Emigration der Juden nach Amerika entstanden an der Lower East Side in New York hervorragende Klezmerorchester, die Jazz und klassische Elemente in ihre Musik integrierten. In Deutschland traten erst in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wieder Klezmerkapellen auf. In deren Tradition bewegen sich die vier Musiker von "Schmitts Katze ".
Was "Schmitts Katze " bedeutet, ist die häufigste Frage bei ihren Konzerten und Erklärungsversuche gab es schon viele - doch das Geheimnis wurde auch diesmal nicht gelüftet. "Wer Schmitts Katze ist", das konnte die Moderatorin dann aber doch verraten: Armin Griebel - ehemaliger Leiter der Forschungsstelle für fränkische Volksmusik in Uffenheim - lernte zunächst Dudelsack spielen und bauen, bevor er den Kontrabass für sich entdeckte und zum Klezmorim wurde. Marcel Largé war Rockmusiker , bevor ihn das Folk- und Mandolinenfieber packte. Mit der Gruppe Maseltow sammelte er erste Erfahrungen mit Klezmermusik und war Mitglied von Klezmaniaxx. Christian Hartung ist seit gut 20 Jahren mit seiner Geige in verschiedenen Bands unterwegs, auch mit Französischem, Bretonischem und Irish Folk. Klarinettist Matthias Grob, Mitbegründer der Hambacher Straßenmusikanten, spielte einige Jahre bei der Unterfränkischen Folkmusikgruppe Grautvornix.
Mitreißend erlebte das Publikum von Anfang an die Spielfreude der vier, die bereits beim Einstieg in das Programm mit einem Potpourri von Hochzeitsmusik dafür sorgten, dass das Publikum kaum die Füße stillhalten konnte. Die Lieder, in jiddischer Sprache erfrischend unprätentiös und ausdrucksstark interpretiert, handelten - wie es sich für Hochzeitsmusik gehört - natürlich von der Liebe, der "zuckersüßen und romantischen, mit Täubchen und Blümchen", so Matthias Grob, aber auch von der mit viel Schnaps ausgehandelten Vereinbarung der Eltern, einen geeigneten Bräutigam für das Töcherchen zu finden. Besungen wurde aber auch die skurrile Liebe eines jungen Traktoristen zu seinem Gefährt, das er durch den Schlamm der Ukrainischen Felder sicher nach Hause bringen will.
Christian Hartung wirkt wie verschmolzen mit seiner Geige, der er alles abverlangt, wenn er sie streicht und zupft, mit ihr über die Bühne hüpft und dabei gleichzeitig auch noch singt - immer mit einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen und häufig im musikalischen Zwiegespräch mit der Klarinette von Matthias Grob, der dabei ganz nonchalant schon mal die Noten mit den Füßen umblättert.
Aber auch melancholischere Töne erklangen zum Text über den armen Zigarettenverkäufer, der bei Regen und Kälte erfolglos versucht, seine Papirosen an den Mann zu bringen oder beim Lied über das Rad der Welt, das sich für jeden mal nach oben, mal nach unten dreht. Mit nachdenklichen Worten erklärte Marcel Largé die Bedeutung dieses Liedes, während man nebenbei die Besonderheiten seiner Hamburger Waldzither erfuhr.
Etwas hoffnungsvoller entließ das "Lied vom Frieden" das faszinierte Publikum in die Pause. Nach einer Entführung in die orientalischen Sinneswelten Israels leitete Armin Griebel über zum "musikalischen crossover" - da wurde es mit dem 2016 zum immateriellen Weltkulturerbe gekürten Zwiefachen oder "Tsveyfakhs" und osteuropäischen Tänzen noch einmal so schwungvoll, dass viele bedauerten: "Zu schade, dass man nicht dazu tanzen darf!" "S' Leben is a Lidele, s' Leben is a Spaß" - war dann auch die Botschaft, mit der die Musiker ihr letztes Lied im Programm ankündigten. Doch erst nach zwei Zugaben, der Filmmusik von "Yidl mitn Fidl" und dem jiddischen Abschiedslied "Sei gesund" ließ das Publikum die Musiker von der Bühne.
Für Vereinsvorsitzende Cornelia Borowski war der Abend ein Highlight ihres Jahres, schwärmte sie bei der Verabschiedung der Musiker. Für alle aber war es ein äußerst wohltuendes Erlebnis im tristen Coronawinter. Und vielleicht heißt es deshalb auch in nicht allzu ferner Zukunft auf der Bühne des Kunsthaus wieder: "Shpil Klezmorim, shpil a Lidele für mich!"