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Bad Brückenau
Asyl: Abgeordnete besuchen Wohngruppe
Zwei Bundestagsabgeordnete der SPD statteten den jungen, unbegleiteten Flüchtlinge einen Besuch ab. Schnell wird klar, wo der Schuh drückt.
Der 17-jährige Mohammed aus Syrien zupft eine Melodie auf der Gitarre. Sabine Dittmar und Lars Castellucci lauschen den Klängen. Fast alle Jugendlichen auf dem Bild nutzten die Chance, sich mit den Politikern zu unterhalten. Foto: Ulrike Müller       -  Der 17-jährige Mohammed aus Syrien zupft eine Melodie auf der Gitarre. Sabine Dittmar und Lars Castellucci lauschen den Klängen. Fast alle Jugendlichen auf dem Bild nutzten die Chance, sich mit den Politikern zu unterhalten. Foto: Ulrike Müller
| Der 17-jährige Mohammed aus Syrien zupft eine Melodie auf der Gitarre. Sabine Dittmar und Lars Castellucci lauschen den Klängen.
Ulrike Müller
 |  aktualisiert: 20.08.2022 01:30 Uhr
Sie sind etwas schüchtern zunächst, die Jungs vom Kalkgrund . Einer nach dem anderen setzt sich zu der Runde an den großen Tisch. Die Wohngruppe für unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge der Arbeiterwohlfahrt (AWO) hat Besuch bekommen. Sabine Dittmar (SPD), Abgeordnete des Wahlkreises Bad Kissingen im Deutschen Bundestag, hat ihren Kollegen Lars Castellucci aus dem Wahlkreis Rhein-Neckar mitgebracht. "Als Fachpolitiker ist es mir wichtig, die Situation an unterschiedlichen Stellen in Deutschland kennenzulernen", sagt Castellucci.


Behörden arbeiten langsam

Und das ist die Situation in Bad Brückenau: Von zwei Wohngruppen für junge Asylbewerber, die ursprünglich geschaffen werden sollten, ist eine belegt. Standen zunächst nicht genug Kapazitäten zur Unterbringung unbegleiteter Jugendlicher zur Verfügung, können mittlerweile Unterkünfte aus Mangel an Flüchtlingen nicht ausgelastet werden. "Wir können nicht vor und nicht zurück", berichtet Anna Rüthlein, Referentin für Jugendhilfe beim unterfränkischen Awo-Bezirksverband. In Unterfranken werde erst Ende des Jahres mit einer weiteren Belegung gerechnet.

Auch zwei weitere Punkte spricht sie kritisch an: Die meisten Jugendlichen kommen aus Nürnberg. Doch die Übergabe der Vormundschaft verzögere sich - nicht wegen des hiesigen Landratsamtes, sondern der abgebenden Behörde, in diesem Fall die Stadt Nürnberg. Auf Nachfrage dieser Zeitung betont Jugendamtsleiter Siegbert Goll, dass sechs von neun Vormundschaften aber bereits übernommen worden seien.

Ein weiteres Problem sei, wie es mit den Jugendlichen nach ihrem 18. Geburtstag weiter geht. Dann nämlich haben sie keinen Anspruch mehr auf Jugendhilfe. Es könnten höchstens Hilfen für junge Volljährige beantragt werden, schildert Rüthlein. "Da investiert man zwei Jahre in die Jugendhilfe und dann lässt man die Leute fallen", setzt sie sich dafür ein, dass Übergangsangebote geschaffen werden. Die Praxis sehe aber von Landkreis zu Landkreis unterschiedlich aus.


Gastschüler am Gymnasium

Sabine Dittmar berichtet aus Passau, dass unbegleitete Minderjährige generell bis zum 21. Lebensjahr in den Wohngruppen bleiben dürften. Im Landkreis Bad Kissingen ist das nicht der Fall. Siegbert Goll erklärt die hiesige Vorgehensweise: Die Gewährung von Jugendhilfe beinhaltet auch die Prüfung eines weitergehenden Bedarfs und Anspruchs. Eine Leistung bis zum 21. Lebensjahr könne nicht als Automatismus verstanden werden.

Aus der Reihe der Betreuer meldet sich Leo Übelacker zu Wort. "Wir haben zwei Jugendliche, die ich für eine weiterführende Schule geeignet halte", sagt der Zeitlofser. Doch die hiesigen Schulen hätten signalisiert, dass das nicht möglich sei. Eine Rückfrage der Redaktion ergibt: Keine der beiden Schulen kann sich an eine konkrete Anfrage erinnern. Aber: Am Gymnasium besucht bereits ein junger Flüchtling aus Zeitlofs als Gastschüler die 10. Klasse.

Bei einer Aufnahme in den Regelunterricht sieht Schulleiter Stefan Bub aber noch Hürden. "Fraglich ist, wie das mit der zweiten Fremdsprache für die Oberstufe gehandhabt wird", sagt er. Zudem müssten die Flüchtlinge genauso wie deutsche Jugendliche eine Aufnahmeprüfung absolvieren.


Prinzip der Gleichbehandlung

Torsten Stein von der Realschule hält die Aufnahme junger Flüchtlinge an der Realschule nicht für sinnvoll. Auch an der Mittelschule könne man die Mittlere Reife ablegen, begründet der Schulleiter. Dafür spreche, dass dort Deutsch als Fremdsprache angeboten werde. Auch für den Übertritt an die Realschule gelte das Prinzip der Gleichbehandlung: Eine Empfehlung von der Mittelschule und ein bestandener Aufnahmetest müssen erbracht werden.

Dass nicht alle es schaffen werden, ist klar. "Bei deutschen Jugendlichen hat man auch Fälle, die durchs Raster fallen", sagt Rüthlein. Dennoch sehe sie einen Unterschied: "Wir haben motivierte Jugendliche, die hier etwas werden wollen." Gegen Ende des Besuchs lobte Dittmar das Management von Landrat Thomas Bold (CSU). Mit der Schaffung der Stelle eines Flüchtlingskoordinators sei der Landkreis schnell auf die Kommunen zugegangen.
 
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