Dick und Doof alias Laurel & Hardy oder Karl Valentin mit Liesl Karlstadt – in der Tradition der komischen Paare brillierten Arthur Senkrecht (Arnd Schimkat) und Sven Hussock im Kurtheater mit ihrem chaotisch-anarchischen Beziehungstrip „Must Be Love “. Blödeleien mit feinen Zwischentönen und einem Schuss Poesie verbanden die beiden zu einer unterhaltsamen Komposition, die das Publikum facettenreich begeisterte und vielfältige Reaktionen auslöste – von stillem Schmunzeln bis hin zu Lachen aus vollem Halse.
Ein klavierähnliches Tasteninstrument , ein Servierwagen mit Stehlampe und Aquarium sowie ein Stromkabel, das mittig aus dem Bühnenhimmel herunterbaumelt – das sind die Utensilien der beiden und dazu viel, viel Platz auf der Bühne des Kissinger Kurtheaters für ihren ausufernden Klamauk.
Unterschiede zelebrieren
Und dieser Klamauk speist sich aus den Unterschieden, die Senkrecht und Hussock auf der Bühne zelebrieren. Mal ist es der Unterschied zwischen groß und klein, der sich unter anderem in der Formulierung „auf Augenhöhe begegnen“ widerspiegelt, mal ist es die Tollpatschigkeit des einen (Senkrecht), die auf die verzweifelte Ernsthaftigkeit des anderen (Hussock) trifft, und mal ist es der gute Wille, der in einer voraussehbaren Katastrophe endet. Bei allen sicht- und spürbaren Unterschieden hatten die beiden Akteure jedoch eine sehr große humoristische Schnittmenge, die sie mit liebevoller Hingabe präsentierten.
Dazu passte auch das clowneske Äußere der beiden Comedians : Senkrecht im zu engen blauen Anzug, an dem er immer irgendwie herumzupfte, und Hussock im braunkarierten Anzug mit zu kurzen Hosen, der sich im Laufe des Abends wie das Nervensystem des Trägers nach und nach auflöste. Heraus kam eine hochkomische Bühneninszenierung, die unter der Regie von David Shiner entstanden ist und an das virtuose Slapstick-Spiel eines Charly Chaplin oder Buster Keaton erinnerte.
„Must Be Love “ steht dabei für die Beziehung zweier Cousins zueinander, die sich trotz dreijähriger Paartherapie durch einen chaotischen Abend streiten. Nach zehn Minuten sinnfreier, aber unterhaltsamer Blödelei rund um eine Lampe oder ein verschlucktes Mikrofon startete das Duett mit einem unkonventionellen Beginn: „Wir starten mit dem Höhepunkt“, so Arthur Senkrecht und kündigte das „ Lied vom Goldfisch“ an, um dann mit Nachdruck und Augenaufschlag darauf hinzuweisen, dass die Musik „vom Schven“ sei und der Text von ihm und damit wisse man, wo der Schwerpunkt liege. Natürlich wurde aus dem Lied wenig bis nichts, was auch für die anderen urkomischen Stilblüten des Abends galt.
Es lag am ausgewogenen Spiel der beiden, dass aus der Behauptung „Strom macht mir nichts aus“ ein Zungentest wurde, ob die Kissinger Stadtwerke Atom- oder Ökostrom liefern, dass eine quälende Doppelmoderation per Schnick-Schnack-Schnuck entschieden wurde und das Laserschwert den Waschlappen schlägt, dass eine Michaela als Vor-Corona-Affäre im Publikum entdeckt und trotz eheähnlicher Begleitung von Hussock musikalisch angebaggert wurde.
Wortspiele und Vertrauensübung
Feine Wortspiele wechselten sich ab mit einer Vertrauensübung für die Partnerschaft, wobei nicht jeder die Sensibilität hat, dem Partner einen Golfball aus dem Mund zu schlagen, oder mit einer Überraschung, die schon mal gezeigt wird, damit das Publikum erschrickt und funkensprühende Silvesterkracher im CO2-Nebel erstickt werden. Natürlich geht es auch um Vergebung, wenn mal es mal wieder nicht so geklappt hat wie vollmundig angekündigt und der gute Wille beim Umblättern von Noten in der erwarteten Konfusion endet, oder um zirkusreife Parodien auf Wasserschäden, deren Wassertropfen aus dem Off kamen und mit imaginären Eimern gekonnt aufgefangen wurden.
In dieser fein inszenierten Aufführung reihten sich die Eskalationsstufen aneinander und mündeten im Abbruch der Vorstellung durch „Schven“ – dem eher ungläubigen Publikum schleuderte er ein zorniges „Sie waren ja bei den Proben nicht dabei“ entgegen, bevor er über den Zuschauerraum verschwinden möchte. Jedoch blieb es beim Versuch, denn Arnd Schimkat (alias Arthur Senkrecht) und Sven Hussock konnten in einem melodramatischen Finale den Goldfisch „Henry“ retten, das in seiner urkomischen Art und Weise dem Wohnzimmerzerstörer Loriot alias Vicco von Bülow zur Ehre gereicht hätte.
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