
Schon mit drei Jahren stand die 14-jährige Anna Fischlein auf der Bühne, ihr Auftritt damals wäre aber fast am Lampenfieber gescheitert. Davon ist bei der Realschülerin schon lange nichts mehr zu spüren, die mittlerweile auf einem ganz anderen Niveau tanzt. Beim Hip-Hop nimmt sie sogar an Weltmeisterschaften teil. Den Showtanz beim BTC Garitz liebt sie noch so wie früher. Ob sie das Talent dafür von der Mutter oder vom Vater erbte, kann Anna Fischlein nicht so genau sagen – und gibt eine diplomatische Antwort. Für ihre Leidenschaft opfert sie viel Zeit und macht auch mal Liegestütze auf dem Parkplatz.
Frau Fischlein, wer hat Sie angespielt?
Anna Fischlein: Sebastian Hippler. Wir wohnen nicht weit voneinander entfernt. Zudem kennen sich unsere Mütter ganz gut und die Hipplers wollten an jemanden weiterspielen, der mal keinen Fußball spielt.
Wie sieht Ihr Laufweg aus?
Mit dem Tanzen habe ich bereits mit zwei oder drei Jahren angefangen. Meine Mutter übernahm damals als Trainerin beim BTC Garitz die Minigarde. Es war schnell klar, dass ich auf die Bühne will. Meine Premiere wäre aber fast gescheitert, weil ich so Lampenfieber hatte. Auf Empfehlung einer Nachbarin, deren Tochter Hip-Hop tanzte, hat mich meine Mutter zum Schnuppern angemeldet. Da war ich zehn Jahre alt. Danach ging alles sehr schnell. Nach ein paar Trainingseinheiten hat der Trainer Tristan Kempf meine Mutter gefragt, ob ich nicht auf Meisterschaftsniveau tanzen möchte. So begann meine Hip-Hop-Karriere relativ spontan und schnell. Wir haben beim DDP-Cup in Dresden als Kinderformation den ersten Platz erreicht. Dann haben wir dieses Jahr beim Deutschlandcup in Osnabrück überraschend den den vierten Platz erreicht. Ich durfte dabei schon bei den Adults mittanzen und war vermutlich die jüngste Teilnehmerin. Das größte Erlebnis war vor über einem Jahr die Weltmeisterschaft in Graz. Hier erreichten wir damals mit den Junioren einen Mittelfeldplatz. Beim BTC nehmen wir an keinen Turnieren teil.
Was ist denn das Besondere am Tanzstil Hip-Hop ?
Es ist ein sehr anspruchsvoller und abwechslungsreicher Tanzstil. Jeder Schritt ist einmalig, im Gegensatz zum Showtanz. Hip-Hop , das aus mehreren Stilrichtungen besteht, ist wahnsinnig anstrengend, man kann sich richtig auspowern.
Also das genaue Gegenteil vom Gardetanz beim BTC Garitz oder? Worin liegen denn die größten Unterschiede?
Tatsächlich ja. Richtig tanzt beim BTC ja nur die große Garde. Wir und die Minis tanzen Showtanz. Die Schritte und die Musik sind komplett unterschiedlich. Ein großer Unterschied sind auch die Trainer. Beim Hip-Hop Tristan Kempf und beim Showtanz meine Mutter mit ihrer Freundin. Aber wir haben ein gutes Verhältnis und es mach irre Spaß.
Von wem haben Sie eigentlich das Takt- und Rhythmusgefühl geerbt, eher von der Mutter oder vom Vater?
Also meine Mutter ist auch eine sehr gute Tänzerin und tanzt schon fast ihr ganzes Leben. Mein Vater liebt das Musikhören, das ist seine ganz große Leidenschaft. Und zwar von Klassik über Jazz bis Rock und Hip-Hop . Von daher würde ich sagen, dass mir Mama und Papa Taktgefühl mitgegeben haben.
Aus wie vielen Mitgliedern besteht denn so eine Hip-Hop-Mannschaft?
Es gibt unterschiedliche Kategorien und Gruppen. Bei den Solos tanzt man logischerweise alleine oder als Duo mit einem Partner. Eine weitere Kategorie wäre die Smallgroup, hier sind es maximal sieben Tänzerinnen oder Tänzer. Bei der Formation sind es zwischen acht und 24 Mitglieder.
Gibt es bei Tanzwettbewerben feste Bestandteile in einer Choreografie oder ist es wirklich spontan und improvisiert?
Das kommt immer auf die Kategorie an. Beim Solo tanzt man frei und ohne feste Choreo auf die Musik. Diese Kategorie ist spontan und improvisiert. Beim Duo hat man sich eine feste Choreo überlegt, kennt aber die Musik nicht, die abgespielt wird. Bei der Smallgroup tanzt man ebenfalls auf unbekannte Musik, aber auch hier hat man eine feste Choreo. Und bei der Formation, die ich überwiegend tanze, legt der Trainer die Musik, die Kleidung und natürlich auch die Choreo fest.
Wie lange dauert so ein Tanz und wie sehr fordert Sie das körperlich?
Der Showtanz dauert bei uns immer so ungefähr sieben Minuten, ist körperlich aber nicht besonders anstrengend, macht aber riesen Spaß. Beim Hip-Hop in der Formation ist das komplett anders. Hier tanzen wir drei Minuten auf höchstem Niveau. Körperlich ist das sehr anstrengend. Jede Kleinigkeit muss sitzen, jeder einzelne Schritt wird mit viel Power und Körperbeherrschung getanzt. Man muss sich sehr konzentrieren.
Gibt es nach den Tänzen auch schon einmal Muskelkater?
Eigentlich mehr nach dem Training. Wenn man zum Beispiel 50 mal in die Hocke geht, weil es eben noch nicht perfekt sitzt. Vor allem aber Muskelkater in den Armen, weil wir oft Liegestütze machen. Wir haben da auch so ein internes Spiel und wenn man verliert, muss man überall dort Liegestütze machen, wo man sich gerade aufhält. Ich habe schon im McDonalds, auf Autobahnraststätten oder mitten auf einem Parkplatz Liegestütze machen müssen. Das ist sehr anstrengend.
Wie oft trainieren Sie in der Woche?
Alles zusammen sind das vier Einheiten in der Woche, die bis zu zwei Stunden dauern. Vor Wettkämpfen trainieren wir besonders intensiv, teilweise sogar in den Schulferien. Mitten in den Pfingstferien ist die Deutsche Meisterschaft. Im Sommer war ich auch auf einem Hip-Hop-Dance-Camp in Österreich, das ging sogar über mehrere Tage und man hat bei vielen unterschiedlichen internationalen Tanzlehrern verschiedenste Hip-Hop-Styles gelernt. Also langweilig wird es tatsächlich nie. Es wird auch so gut wie alles hinter das Training gestellt. Übernachtungen bei einer Freundin sind am Wochenende fast nicht möglich. Ich kann das aber auch nur, weil mich meine Eltern oder Großeltern immer fahren. Dafür bin ich sehr dankbar. Ziel für nächstes Jahr ist die Europameisterschaft in Polen und die Weltmeisterschaft in Mazedonien.
An wen spielen Sie weiter?
An Maxi Bindrum. Sie spielt Volleyball in Hammelburg.