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Rottershausen
Amt legt sich ohne Gentest fest: Keine Hinweise auf Wolf in Rottershausen
Wegen der fehlenden Innereien bleibe die Todesursache laut Amt für Umwelt unklar. Warum das Unterlassen der Genanalyse den Jagdberater des Bad Kissinger Landratsamts wütend macht.
Verdacht auf Wolfsriss in Rottershausen       -  Schwer zu ertragen, aber leider die Wirklichkeit: So fand Max Schätzlein das gerissene Kalb auf der Weide. Es wurde nur einen Tag alt. Wegen der fehlenden Innereien bleibt für das Landesamt für Umwelt die Todesursache unklar.
Foto: Susanne Will | Schwer zu ertragen, aber leider die Wirklichkeit: So fand Max Schätzlein das gerissene Kalb auf der Weide. Es wurde nur einen Tag alt.
Susanne Will
 |  aktualisiert: 13.02.2025 02:43 Uhr

Am 5. November 2024 entdeckte Rinderzüchter Klaus Müller aus Rottershausen ein totes Kalb auf seiner Weide : der Brustkorb aufgerissen, die Bauchhöhle leergefressen, die Rippen geknackt. Bis auf den Pansen fehlten die Innereien. Den Verdacht, dass es ein Wolf gewesen war, der das Tier gerissen hatte, hat das Landesamt für Umwelt nun nicht bestätigt. „Keine Hinweise auf Beteiligung Großer Beutegreifer“, heißt es in knappen Worten auf der Homepage des Landesamts. Daran zweifelt Dr. Peter Gleißner. „Das ist Augenwischerei“, sagt der Jagdberater des Landratsamts Bad Kissingen. Denn: Am Kadaver wurde kein Gentest auf einen Wolf angeordnet.

Vor Ort: Dokumentation und Probenentnahme

In einer Mail an die Redaktion erklärt das Landesamt für Umwelt (LfU) das Vorgehen: „Der Fall vom 5. November aus dem Landkreis Bad Kissingen, bei dem ein totes Kalb aufgefunden wurde, wurde an die Fachstelle Große Beutegreifer im Bayerischen Landesamt für Umwelt gemeldet. Der Fall wurde durch ein Mitglied des Netzwerks Große Beutegreifer vor Ort dokumentiert und Proben für eine mögliche genetische Untersuchung sichergestellt.“

Zudem sei eine pathologische Untersuchung des toten Tieres am Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) veranlasst worden, damit begann die sogenannte Zweitdokumentation.

"Keine genetische Analyse"

Ein Sprecher des LfU: „Sowohl im Rahmen der Untersuchung vor Ort als auch bei der Zweitdokumentation am LGL konnten keine Hinweise auf einen Angriff durch einen großen Beutegreifer gefunden werden.“ Am Kadaver habe man „lediglich Spuren von postmortaler Nachnutzung (z.B. durch Rotfuchs) gefunden“.

Wegen der fehlenden Innereien „bleibt die Todesursache unklar“.  Und da Hinweise auf einen Angriff durch einen großen Beutegreifer fehlen würden, „erfolgt keine genetische Analyse der genommenen Proben“.

Jagdberater reagiert mit Sarkasmus

Ein Satz, der Peter Gleißner fast zur Verzweiflung bringt. „Ich kann das nicht nachvollziehen. Die Genanalyse ist das Wichtigste, ich brauche doch einen Nachweis, wer das war.“ Er habe das Gefühl, dass der Wolf „einfach nicht in Erscheinung treten soll“, egal, von wie vielen Wolfssichtungen Jäger, Jägerinnen und Passanten berichteten. Sarkastisch und ironisch sagt er: „Vermutlich haben die alle nur freilaufende Schäferhunde gesehen – ich wüsste nicht, wann wir jemals so viele freilaufende Hunde in der Region hatten. Aber vielleicht hat das Kalb ja auch Suizid begangen."

Rhetorisch fragt er: „Was brauchen die denn mehr als ein aufgerissenes Kalb?“ Er gehe seit 50 Jahren auf die Jagd, sei seit 30 Jahren Jagdberater fürs Landratsamt Bad Kissingen . „Was für ein Tier soll es denn gewesen sein? Ein Hund? Früher hat ein Hund kein Kalb aufgefressen.“ Er hält die Genanalyse für unabdingbar. 

Rinderhalter ist ratlos

Klaus Müller ist der Halter der Rinder auf der Weide über Rottershausen . Er zuckt nach Bekanntgabe des Ergebnisses ratlos mit den Schultern. „Ich hatte so etwas ja schon einmal. Das Bild, das sich mir damals bot, war eins zu eins wie jetzt im November. Und damals hieß es, es war ein Hybrid“, also eine Mischung aus Wolf und Hund. Das habe damals eine Genanalyse bestätigt.

Verdacht auf Wolfsriss in Rottershausen       -  Rund 160  Kühe, Bullen und Kälber haben Klaus Müller und sein Schwiegersohn Max Schätzlein. Dass nun ein Kalb gerissen wurde, bedrückt beide sehr.
Foto: Susanne Will | Rund 160 Kühe, Bullen und Kälber haben Klaus Müller und sein Schwiegersohn Max Schätzlein. Dass nun ein Kalb gerissen wurde, bedrückt beide sehr.

Amt: "Keine Hinweise auf einen gewaltsamen Tod"

Hätte es in diesem Fall ein Hybrid sein können? Ein Sprecher des Landesamts für Umwelt: „Im vorliegenden Fall wurden in der amtlichen Sektion keine Hinweise auf einen gewaltsamen Tod - wie zum Beispiel durch einen Angriff eines wildlebenden großen Beutegreifers oder eines Hundes - festgestellt. Somit liegen auch keine Hinweise auf einen Angriff durch einen Wolf-Hund-Hybriden vor. Eine abschließende Klärung der Todesursache war aufgrund des Fehlens von inneren Organen nicht möglich.“

Landesamt für Umwelt: Es war kein Wolf.       -  Landesamt für Umwelt: Es war kein Wolf.
Foto: Bernd Thissen/dpa (Symbolbild) | Landesamt für Umwelt: Es war kein Wolf.
 
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Kommentare
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  • Andreas Gerner
    Eben genau so ist das Netzwerk zur Erfassung gestrickt.

    Als Riss durch einen Wolf wird nur bei eindeutigem Nachweis gezählt, aber es wird ziemlich tatkräftig vermieden, solche offiziellen Nachweise zu erbringen.

    So würde ein Riss ohne ausgewertete Spuren selbst dann nicht als Wolfsriss gewertet, wenn am Tatort aufgestellte Wildkameras in der Folgenacht einen (höchstwahrscheinlich zurückgekehrten) Wolf fotografieren.

    Und wenn ein Tierhalter selbst Gewebeproben vom Kadaver entnehmen und per Gentest in einem Labor xy analysieren lässt, wird das kategorisch nicht anerkannt.

    Es kann sich jeder selbst ein Bild machen, welche Zahl in der Statistik veröffentlicht werden soll : Eine möglichst realistische, oder eben eine möglichst niedrige...

    Nebenbei drückt man sich so auch elegant davor, den betroffenen Tierhaltern Schadensersatz zu zahlen.
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  • Hans-Karl Heil
    Was soll man von diesem Artikel halten?
    Reprterin + Landesamt wollen nicht, dass es ein Wolf war, oder?
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