
Im Gegensatz zu Städten wie Schweinfurt und Würzburg ist Bad Kissingen im Zweiten Weltkrieg von Luftbombardements der Alliierten verschont geblieben. „Nach unserem Kenntnisstand hat es auf Bad Kissingen keine gezielten Bombenangriffe gegeben“, sagt Birgit Schmalz, Historikerin beim Stadtarchiv Bad Kissingen .
Die Stadt sei als militärisches Ziel nicht relevant gewesen. Außerdem war die Kurstadt zu klein, als dass sie bei den flächendeckenden Angriffen in den letzten Kriegstagen eine Rolle gespielt hätte, mit denen die Alliierten großflächig Städte zerbombt haben, um die Bevölkerung zu demoralisieren. Unter den Kissingern wurde zwar erzählt, dass ihre Stadt als Lazarettstadt bewusst verschont wurde, „das halte ich aber für unrealistisch“, meint Schmalz. Die anderen beiden Gründe hält sie für wahrscheinlicher.
Bombenalarm vor 20 Jahren am Bahnhof
Dennoch schmissen amerikanische Flieger ihre tödliche Fracht kurz vor Kriegsende über dem Bad Kissinger Bahnhof ab. So wurde am 3. August 2002 eine Fünf-Zentner-Fliegerbombe während Bauarbeiten an den Gleisen gefunden. Laut den Zeitungsberichten von damals war es morgens gegen 7.45 Uhr, als ein Bagger die nicht detonierte amerikanische Fliegerbombe ausgrub. Sie hatte die ganze Zeit mit dem Zünder nach unten etwa eineinhalb Meter tief im Boden gesteckt.
Dem Bombenalarm folgte ein Großeinsatz. Das Bahnhofsgelände wurde von Kräften der Polizei und des Bundesgrenzschutzes sofort im Umkreis von 200 Metern abgesperrt und das Bahnhofsgebäude evakuiert. Stunden später wurde entschieden, das Gelände im Umkreis von 500 Metern zu räumen. Etwa 40 Personen aus drei Mietshäusern mussten dazu evakuiert werden. Kurzfristig war auch der Ostring gesperrt. Ein Sprengkommando aus Ingolstadt entschärfte schließlich gegen 14 Uhr erfolgreich die Bombe. Danach wurde Sperrung wieder aufgehoben und die Menschen konnten in ihre Wohnungen zurückkehren.
Laut dem damals zuständigen Sprengmeister hätte die Bombe genug Sprengkraft gehabt, um einen fünf Meter tiefen Krater in den Boden zu reißen und alles innerhalb eines Radius` von 30 Metern in Schutt und Asche zu legen – einschließlich des Bahnhofsgebäudes.
Prinzregentenpark: Boden wird auf Blindgänger und Munition sondiert
In den vergangenen Wochen wurde wieder auf dem Bahnhofsareal gebaggert, diesmal jedoch nicht an den Gleisen, sondern auf der freien Fläche zwischen Bahnhof und Ostring. Dieses Areal ist inzwischen verkauft. Dort soll in den nächsten Jahren das Luxuswohnquartier Prinzregentenpark mit elf Neubauten und Platz für 163 Wohnungen entstehen.
Bei den Arbeiten wurde das Gelände auch daraufhin sondiert, ob sich weitere gefährliche Hinterlassenschaften aus dem Zweiten Weltkrieg im Boden verbergen oder aus der Zeit danach, als US-Streitkräfte den Bahnhof zum Verladen benutzt hatten. Wie Investor Niko Rotschedl auf Nachfrage erklärt, sind die Arbeiten inzwischen beendet. „Funde hat es keine gegeben“, sagt er.
Augenzeuge schildert Bombardement
Wie kam die Fliegerbombe an den Bahnhof ? Eine Woche nach dem Bombenfund 2002 veröffentlichte die Saale-Zeitung den Augenzeugenbericht eines Mannes, Franz Schmitt , der die Bombardierung des Bahnhofs als Kind miterlebt hatte.
Schmitt berichtete, dass gegen Kriegsende täglich Jagdbomber über die Stadt geflogen seien in Richtung Rottershausen, um die dortige Muna zu attackieren. Eines Tages sei ein Munitionszug mit Flakgeschützen am Bad Kissinger Bahnhof untergestellt gewesen. Der Zug sei zwar nachts wieder abgefahren, am Morgen danach habe dann dennoch der Angriff stattgefunden.
Mehrere Bomben trafen das Bahnhofsgelände und richteten Schäden an. Unter anderem hätte die Detonation einen Zug aus den Gleisen gesprengt. Weitere Bomben seien am Ballinghain und nahe des Schlachthofes eingeschlagen. Den Blindgänger, der 2002 gefunden und entschärft wurde, brachte Schmitt mit diesem Bombardement in Verbindung.
Mögliche Gründe für das Bombardement
Es lässt sich heute nur schwer sagen, ob es sich um einen gezielten Angriff handelte, um ein Versehen oder ob die Piloten Ballast abgeworfen haben, wie es üblich war, wenn sie beim Flug mit Schwierigkeiten zu kämpfen hatten.
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