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LKR Bad Kissingen
Plötzlich ist Mama pflegebedürftig - und jetzt?
Was tun, wenn Angehörige plötzlich Pflege brauchen? Der Kreis Bad Kissingen bietet einige Möglichkeiten. Aber was empfiehlt ein Experte?
Senioren und Angehörige sollten sich frühzeitig über das Leben im Alter unterhalten.       -  Senioren und Angehörige sollten sich frühzeitig über das Leben im Alter unterhalten.
Foto: Halfpoint - stock.adobe | Senioren und Angehörige sollten sich frühzeitig über das Leben im Alter unterhalten.
Angelika Despang
 |  aktualisiert: 27.06.2024 10:35 Uhr

„Das schaffe ich doch allein!“ hören viele Menschen von ihren Eltern oder Großeltern, wenn diese alt werden. Doch was tun, wenn es plötzlich nicht mehr allein geht?

Dann stehen Betroffene und Angehörige erstmal ziemlich ratlos da. Tagespflege, ambulante Pflege , Kurzzeitpflege, Pflegeheim – für den Laien kann es eine Herausforderung sein, in diesem Dschungel an Begriffen durchzublicken.

Oft braucht es ein Akutereignis wie ein Sturz oder Schlaganfall, durch das Betroffenen wie auch deren Familien bewusst wird, dass es ohne Hilfe nicht mehr geht. Dann klärt die Klinik oder der Hausarzt über die weiteren Schritte auf.

Frühzeitig mit Thema beschäftigen

Eine erste Anlaufstelle schon im Vorfeld kann auch der Pflegestützpunkt im Landratsamt Bad Kissingen sein. Seit zwei Jahren bietet der Landkreis diese Beratungsstelle für Ratsuchende an, die Unterstützung in der Pflege von älteren Menschen, Kindern, Jugendlichen oder behinderten Menschen brauchen.

„Er zeigt einen ersten und einen gebündelten Weg auf, für alle, die vor einer Pflegesituation stehen oder die sich präventiv informieren und beraten lassen wollen“, sagt Daniela Wehner, Koordinatorin des Pflegestützpunktes, die zusammen mit ihren Kolleginnen Tanja Büchs und Barbara Bössenrodt Beratungen anbietet. Sie empfehlen sich frühzeitig mit dem Thema zu beschäftigen.

„Zudem sollte man sich intensiv mit dem Hausarzt besprechen“, sagt Cordula Kuhlmann, Sachgebietsleiterin der Regionalentwicklung, unter die der Pflegestützpunkt fällt. Sie rät Senioren, sich um sich selbst zu kümmern: „Das heißt genügend Bewegung, gute Ernährung, Gedächtnistraining aber auch ein soziales Netz aufbauen und pflegen.“

Pflegenotstand mit Wucht

Natürlich ist hier die derzeitige Lage, in der sich die Pflege befindet, deutlich zu spüren: „Der Pflegenotstand kommt mit Wucht“, bestätigt Beraterin Bössenroth. „Wir suchen im gesamten Landkreis und den Nachbarlandkreisen nach Pflegeplätzen und trotzdem muss mit einer Wartezeit von einem Jahr gerechnet werden.“ Selbst bei den ambulanten Diensten werde es mit jedem Monat schlimmer.

Das weiß auch Marco Schäfer, Stiftungsvorstand der Carl von Heß Sozialstiftung aus Hammelburg. Die Stiftung betreibt vollstationäre Pflegeheime, Tagespflegeeinrichtungen, einen ambulanten Pflegedienst und Betreutes Wohnen im Landkreis.

„Der Klassiker ist ja, dass man das Thema Alter und Pflege vor sich herschiebt, dann passiert etwas, man wird aus dem Krankenhaus entlassen und kann zu Hause nicht versorgt werden“, skizziert er auf. „In dieser Situation schnell einen Pflegeplatz zu bekommen, war schon vor Jahren schwierig – heute ist es fast unmöglich.“ Er rät, sich schon vorher damit zu beschäftigen, wie man später im Alter leben will und dies auch mit den eigenen Kindern zu besprechen.

Altersgerecht renovieren

„Zudem kann man in der eigenen Häuslichkeit Vorbereitungen treffen, also zum Beispiel das Bad altersgerecht renovieren, damit man so lange wie möglich zu Hause leben kann“, empfiehlt Schäfer.

Betreutes Wohnen sei ebenso eine gute Möglichkeit, vor der Pflegebedürftigkeit Weichen zu stellen, „und wenn es so weit ist, ist man gut aufgehoben.“

Schäfer bestätigt lange Wartezeiten: „Das liegt aber nicht an fehlenden Kapazitäten, wir haben teils zwanzig Plätze frei, aber es fehlt an Personal, um die Menschen adäquat zu versorgen.“

Arbeit gerecht aufteilen

Auch Reiner Benkert, Inhaber des Pflegedienstes Rhön, weiß um den Pflegenotstand. Er betreibt Tagespflege und mobile Pflege bis über die Landkreisgrenzen hinaus. „Wir können nicht mal mehr Wartelisten führen, denn wir haben auch in absehbarer Zeit keine Kapazitäten mehr“, beschreibt er die derzeitige Situation. „Das ist ein Dilemma, wir möchten gerne Klienten aufnehmen und Mitarbeiter einstellen, aber es sind keine da.“

Alten Menschen rät er, sich frühzeitig über das Leben im Alter Gedanken zu machen, und deren Angehörigen und Kindern, sich die Arbeit gerecht aufzuteilen. „Zudem werden die entstehenden Kosten oft nicht bedacht, denn auch die Pflegeversicherung ist keine Vollkaskoversicherung.“

Unbekannte Wohnform

Oliver Klöcker führt im Rahmen des ambulanten Pflegedienstes Kissinger Sonne, eine der wenigen Senioren-Wohngemeinschaften im Landkreis. Er führt noch keine Wartelisten, „aber die Senioren-WG ist noch eine recht junge und unbekannte Wohnform für das Alter.

Außerdem sind die Menschen noch sehr fit, wenn sie hier her kommen“, erklärt Klöcker. Bei Bedarf können dann verschiedene Dienstleistungen des ambulanten Pflegedienstes dazu gebucht werden.

„Vielen nicht bekannt, welche Gelder ihnen zustehen.“

Auch Oliver Klöcker empfiehlt, sich vorab gut zu informieren: „Vielen ist nicht bekannt, welche Gelder ihnen eigentlich zustehen.“

Die Experten sind sich einig, dass sich jeder irgendwann mit dem Thema Pflege und Alter auseinandersetzen muss. „Es bringt nichts, wie Strauß Vogel den Kopf in den Sand zu stecken“, meint Reiner Benkert.

Weitere Information: beratungswegweiser-kg.de und Pflegestützpunkt Landkreis Bad Kissingen: 0971 / 8015300

 

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