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Bad Kissingen
Alt sind immer nur die anderen: Wie ich mich auf das Leben mit 80 vorbereite
Alterserscheinungen: Eine Eins mit 15 Nullen – das sind wir. Bei so vielen Körperzellen darf es im Alter schon mal etwas länger dauern, findet unser Kolumnist.
Alt sind immer nur die anderen: Wie ich mich auf das Leben mit 80 vorbereite
Foto: gmast3r/Getty Images/Montage: MP
Frank Weichhan
 |  aktualisiert: 23.10.2022 02:33 Uhr

Der menschliche Körper ist ein Wunderwerk. Unfassbar kompliziert. Wir bestehen aus ziemlich genau zehn Billiarden Körperzellen. Eine Billiarde – das ist eine Eins mit 15 Nullen. Kein Wunder, dass man früh immer so schwer aus dem Bett kommt: Bis zehn Billiarden Zellen munter sind, kann es mitunter schon mal Mittag werden.

Wobei unsere Haut, wie ich kürzlich staunend einer Fachzeitschrift entnahm, gar nicht mehr geweckt werden kann – sie ist bereits tot. Tatsächlich: Die gemeine Hautzelle lebt nicht, jeder Quadratzentimeter unserer Oberfläche hat den Geist aufgegeben. Ein Erwachsener, so schilderte die Fachzeitschrift anschaulich, trägt demnach so um die zwei Kilo tote Haut mit sich herum.

Was auf eine gewisse Weise fast schon wieder beruhigend ist: Wenigstens etwas, das nicht auch noch sterben kann. Wobei ich gerade daran arbeite, unsterblich zu werden: Ich werde mit den Jahren so furchterregend, dass der Tod nicht den Mut findet, mich aufzusuchen.

Aber ich schweife ab, wir waren bei der toten Haut. Den lebenden Teil von mir bereite ich in einem großen Feldversuch gerade auf das zunehmende Alter vor. Die Aufgabenstellung lautet: Wie fühlt sich das Leben mit 80 Jahren an? Um das zu ergründen, setze ich meine zehn Billiarden Zellen so oft es geht in den Zug.

Seit ich das mit der Eins und den vielen Nullen weiß, finde ich Zugtickets übrigens gar nicht mehr so teuer, weil ja doch einiges unterwegs ist. Beim Reisen im Zug wird bekanntlich die Abenteuerlust befriedigt. Vor allem aber lässt sich perfekt üben, wie das Senioren-Dasein dereinst aussehen wird: Einfach stundenlang mit leerem Blick aus dem Fenster starren und ganz schnell alles hinter sich lassen. Zwischendurch gebe ich mich einem kleinen Nickerchen hin.

Und falls jemand den fatalen Fehler begeht, sich neben mich zu setzen, nutze ich das gnadenlos aus: Ich langweile meine Mitfahrer mit unzähligen Geschichten aus meiner Jugend. Das kann sich hinziehen, weil natürlich jede meiner zehn Billiarden Körperzellen etwas zu erzählen hat. 

 
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