
Gut die Hälfte ist geschafft. Ein Jahr und einen Monat fungiert Alisa Knüttel schon als Klimaschutzmanagerin der Stadt Bad Brückenau . Eine Zeit, die im Zeichen einer großen Aufgabe stand: der Erarbeitung eines Klimaschutzkonzept, das bis zum Jahresende 2024 eingereicht werden muss. Die 27-Jährige übernahm aber auch andere Projekte.

Das erste halbe, dreiviertel Jahr war im Wesentlichen geprägt durch die Bestandsanalyse. Das heißt, Knüttel erfasste den Gebäudebestand von Bad Brückenau, ließ sich Daten von den Stadtwerken zum Wärme- und Stromverbrauch kommen, fragte Schonsteinfeger um Informationen an. Die städtischen Gebäude und Fahrzeuge nahm sie ebenfalls genau unter die Lupe. „Das war sehr umfangreich und Hauptteil meiner Arbeit.“
Hilfe von Energieagentur aus Würzburg
Für die Bilanzierung und Auswertung der Daten holte sich Knüttel die Energieagentur Unterfranken aus Würzburg mit ins Boot . Gemeinsam mit deren Mitarbeiter Onur Tüptük stellte sie die Ergebnisse im Stadtrat vor.
Demnach ist Bad Brückenau mit seiner Klimabilanz ziemlicher Durchschnitt in Deutschland. Was aber auch bedeutet, dass noch viel Nachholbedarf besteht und Potenzial darniederliegt.
Verkehr, Gewerbe und private Haushalte größte Treibhaus-Sünder
So lag der Ausstoß von klimaverändernden Treibhausgasen im Jahr 2019 bei 51.677 Tonnen. Nach einem coronabedingten Rückgang 2020 (46.169 Tonnen) stieg der Output wieder auf 50.882 Tonnen vor zwei Jahren. Für 2022 liegen die Werte noch nicht vollständig vor, weil noch Daten vom Landesamt für Statistik fehlen, so Knüttel. Dabei soll dieses Jahr Referenzzeitraum für das Klimaschutzkonzept werden.
Interessant ist, auf welche Sektoren sich die Emissionen in Bad Brückenau im Jahr 2019 verteilten. Je ein knappes Drittel produzierten Verkehr und Gewerbe, etwas mehr als 33 Prozent private Haushalte. Auf kommunale Einrichtungen entfielen nur 1,47 Prozent, auf die Industrie 0,2 Prozent.
Die Energieverbrauchsübersicht der privaten Bad Brückenauer Haushalte vor fünf Jahren zeigt, dass immer noch viel auf fossile Energieträger gesetzt wird. Erdgas und Heizöl machten fast 80 Prozent des Verbrauchs aus, Biomasse, Solarthermie und ähnliches nicht einmal neun Prozent. Interessant wären die Zahlen von 2022 und 2023, als nach Putins Angriff auf die Ukraine die Preise für Gas und Öl hochschnellten und der Verbrauch entsprechend sank. Doch liegen sie eben noch nicht vor.
Wenig nachhaltige Strom- und Wärmeproduktion
Auch der Anteil sogenannter Erneuerbarer Stromproduktion am gesamten Stromverbrauch fällt in der Kurstadt (Stand 2021) dürftig aus: ganze 11,15 Prozent (In Deutschland liegt der Schnitt bei 42 Prozent). Noch geringer, nämlich sieben Prozent, ist der Anteil erneuerbarer Wärme am gesamten Wärmeverbrauch (Deutschland: 15 Prozent).
„In dieser Hinsicht ist in Bad Brückenau wenig ausgebaut; da stehen wir komplett am Anfang“, sagt die 27-Jährige. Die Stadt selbst betreibe nur vereinzelt Photovoltaik-Anlagen, ebenso die Stadtwerke , dazu einige private Eigentümer und Firmen.
Dächer von Grundschule und Kindergärten mit Photovoltaik-Potenzial
Dass sich das zumindest bei den städtischen Liegenschaften bald ändert, dafür setzt sich Alisa Knüttel ein. So wird geprüft, ob die Dächer der Grundschule und des Kindergartens Regenbogenland flächendeckend Solarmodule bekommen können (der Kindergarten hat bereits ein kleines Feld). Der Container-Kita Rhönstrolche hat auch noch kein Photovoltaik, die Villa Kunterbunt in Volkers ein wenig.
Dies alles seien Einrichtungen, die den tagsüber eingefangenen Solarstrom auch gleich verbrauchen könnten, so die Klimamanagerin. Ihre Übersicht zeigt, dass Kindergärten und Schulen fast die Hälfte des städtischen Energieverbrauchs ausmachen. Bei den Verwaltungsgebäuden sind es nur 7,6 Prozent. Mit Strom vom eigenen Dach ließen sich diese Bilanz ändern und sicher auch Kosten sparen, weil weniger Energie eingekauft werden muss.
Einsparpotenzial bei Straßenbeleuchtung
Mit 16,1 Prozent hält die Straßenbeleuchtung zwar einen kleineren Anteil am Energieverbrauch in städtischer Zuständigkeit. Doch Alisa Knüttel sieht dort großes Einsparpotenzial. Der Stadtrat hatte ja im Januar beschlossen, die Lichter vor allem während der Nachtstunden abzuschalten. Technisch ist das derzeit noch nicht möglich, weil gewisse Stellen, wie die Zebrastreifen auch nachts beleuchtet bleiben müssen und die Beleuchtung nur ganz oder gar nicht an sein kann.
Mit der angestrebten, rund eine halbe Million Euro teuren Umrüstung der rund 1.200 Bad Brückenauer Lichtpunkte auf LED soll eine flexiblere und ausgefeiltere Steuertechnik eingebaut werden. Auch soll eine mehrstufige Absenkung der Beleuchtung möglich sein. Das Ganze soll zudem dem Konzept des Sternenparks Rhön genügen.
Für die neue Straßenbeleuchtung ist Knüttel nach eigenen Angaben in der Phase der Förderantragstellung. Das Zuschussersuchen für die kommunale Wärmeplanung liegt schon länger bei den zuständigen Behörden. Aus dieser Planung soll sich einmal ein Bad Brückenauer Wärmenetz entwickeln.
Nächste Schritte für Klimaschutzkonzept
Wie gesagt: Bis Jahresende will und muss die 27-Jährige das Klimaschutzkonzept eingereicht haben. Deswegen treibt sie es jetzt energisch voran. Als nächster Schritt sollen Potenziale in der Stadt gefunden und Szenarien zur Umsetzung entwickelt werden. Diese werden dann in einer aus Stadträten zusammengesetzten Klima-AG beraten.
Ende September beginnt auf Basis dieser Ideen die Bürgerbeteiligung mit Workshops. Im November soll als Teil des Klimaschutzkonzeptes ein Maßnahmenkatalog stehen.
Sturzflutenkonzept wichtig für Bad Brückenau
Neben dieser großen Aufgabe begleitet Knüttel für die Stadt das Sturzflutenkonzept der Brückenauer Rhönallianz. „Starkregenereignisse werden in Zukunft immer häufiger bei uns auftreten. Das zeigen Analysen der Uni Würzburg über die Region Main-Rhön. Bad Brückenau liegt sehr im Tal. Wir müssen vorbereitet sein.“
Schließlich betreute Knüttel noch das diesjährige Stadtradeln. „Insgesamt haben wir gemeinsam 31.637 Kilometer erradelt.“ Langweilig war der Brückenauerin also während ihres einen reichlichen Jahres in der Stadtverwaltung nicht. Und wird es auch für den Rest ihrer zunächst auf zwei Jahre angelegten Stelle nicht werden