
Manchmal gibt es Tage, an denen wächst einem alles über den Kopf. Bernd Czelustek , der Rektor der Henneberg-Grundschule in Garitz, hatte das zuletzt auch. "Wenn es einen Knopf mit Kündigung gegeben hätte, ich glaube, ich hätte ihn gedrückt", sagt er. Tat er aber nicht. Stattdessen schlug er im Bauausschuss diese Woche für seine Schule Alarm .
Eigentlich ist Czelustek ein ausgeglichener Mensch. Der Job als Schulleiter , die Arbeit mit dem Kollegium und den Kindern macht ihm Spaß. Dass ihm der zuletzt vergangen ist, liegt daran, dass zum üblichen Organisationschaos an einer Schule mit drei Schulhäusern nun auch noch riesige Platzprobleme hinzukommen. "Mit Hängen und Würgen reicht uns der Platz noch zwei Jahre. Dann ist fertig", sagt er. Da dürfe nichts Unvorhergesehenes passieren, etwa dass Klassen geteilt werden, weil die maximale Klassenstärke überschritten wird. Kommen ungeplant Klassen hinzu, drohe Unterricht in der Besenkammer.
Im Bauausschuss am Mittwoch hat Czelustek in seiner Funktion als SPD-Fraktionssprecher mit deutlichen Worten auf die Platznot aufmerksam gemacht. Das Gremium diskutierte über ein neues Wohngebiet, das an der Rinnerfeldstraße in Garitz geplant ist. Dort sollen 85 neue Wohneinheiten entstehen. Da platzte es aus Czelustek heraus. Aus Sicht des Schulleiters dürfe er dem Vorhaben nicht zustimmen, solange der geplante Schulneubau nicht stehe. "Es geht nicht mehr, noch mehr Schüler aufzunehmen. Im Religionsunterricht haben wir dieses Jahr schon jede Kammer ausgenutzt", betonte er. Er bestand darauf, dass seine Einwände im Protokoll vermerkt werden.
Auf Nachfrage erläutert Czelustek seine Sorgen genauer. "Ich kann doch nicht sehenden Auges nichts sagen, wenn ich Angst habe, dass wir das alles nicht mehr stemmen können", erklärt er. In den Vorjahren waren rund 260 Schüler an der Henneberg-Grundschule angemeldet - das ging gerade noch. Dieses Schuljahr sind es 276, für das kommende sind 294 prognostiziert - Czelustek befürchtet aber, dass auch die 300er-Marke gerissen werden könnte.
Neuer Sprengel, mehr Klassen
In den steigenden Schülerzahlen spiegeln sich Zuzüge wider, ebenso wie die Änderung des Bad Kissinger Schulsprengels. Bisher besuchten Kinder aus den Stadtteilen Garitz, Reiterswiesen, Arnshausen, Poppenroth und Albertshausen die Schule. Seit diesem September werden dort auch Kinder aus der Kernstadt unterrichtet, und zwar vom Wendelinus, vom Bahnhof sowie aus dem Rosenviertel. Dieses Jahr sind es deshalb vier statt drei erste Klassen. In den nächsten beiden Jahren wird jeweils eine weitere erste Klasse dazukommen. Nächstes Problem: Es braucht mehr Ganztagesplätze. So habe die Stadt jetzt im Schulhaus in Reiterswiesen zwei stillgelegte Klassenzimmer reaktiviert und nachgerüstet, um dort Ganztagesklassen unterzubringen.
Der Religionsunterricht ist besonders problematisch, weil die Klassen nach Konfessionen geteilt werden. Im Schnitt gibt es 1,5 mal mehr Reli-Gruppen als Klassen. Um den Religionsunterricht unterzubringen, ist Czelustek auf jedes freie Zimmer angewiesen - vom Computerraum bis zum Differenzierungszimmer für kleine Gruppen. Für die erste Klasse, die nächstes Schuljahr dazu kommt, wird die Schule einen Handwerksraum aufgegeben müssen, in zwei Jahren ist ein Computerraum fällig. Mehr Platz zum Ausweichen sieht der Rektor nicht mehr.
OB: Interimslösung überlegen
Der Stadtrat hatte den Schulsprengel 2019 geändert. Ziel war es, zwei gleich große Grundschulen zu schaffen. Der kleineren Henneberg- wurden Teile vom Einzugsgebiet der größeren Sinnberg-Grundschule zugeschlagen. Aktuell läuft die Erweiterung am Sinnberg, weil das Gebäude dort schon lange zu klein war. Für die Henneberg-Grundschule ist ein Neubau in Garitz vorgesehen, in dem künftig alle drei Schulhäuser (Garitz, Arnshausen und Reiterswiesen) zusammengeführt werden.
Zwar hat sich der Stadtrat schon auf einen Standort festgelegt, ansonsten kommen die Vorbereitungen für den Neubau nur schleppend voran. Die Regierung von Unterfranken verlangt eine detaillierte Prüfung, ob eine Sanierung der alten Schulhäuser oder ein Neubau wirtschaftlicher ist. Diese Prüfung muss für jedes Schulhaus angefertigt werden. Die Stadt hatte sich für die Berechnung im Frühjahr ein Architekturbüro gesucht. Bauamtsleiterin Christine Schwind informierte nun im Bauausschuss, dass für das Schulhaus in Reiterswiesen eine positive Prüfung, also pro Neubau, in Aussicht steht.
"Wenn es brenzlig wird, müssen wir uns Interimslösungen überlegen", antwortete Oberbürgermeister Dirk Vogel ( SPD ) in der Sitzung auf Czelustek. Er bedauerte, dass die soziale Infrastruktur mit Schulen und Kindergärten in den vergangenen Jahren nicht in dem Maß gewachsen ist, wie die Einwohnerzahlen es taten. Das Rathaus bemühe sich, aufzuholen.