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HAMMELBURG
Akkuschrauber im Anschlag
Teamarbeit: Uniformierte und Zivilisten vom Lagerberg ergänzten sich beim Bettenbau.FOTOS: WOLFGANG DÜNNEBIER
Foto: Wolfgang Dünnebier | Teamarbeit: Uniformierte und Zivilisten vom Lagerberg ergänzten sich beim Bettenbau.FOTOS: WOLFGANG DÜNNEBIER
Wolfgang Dünnebier
 |  aktualisiert: 11.12.2019 10:19 Uhr

Trubel herrscht in der ehemaligen BayWa in Hammelburg. Handwerker, Malteser und ehrenamtliche Kräfte schuften, um den Einzugstermin Mittwoch für die ersten Flüchtlinge in der Notunterkunft zu halten. Ohne eine Hilferuf der Bezirksregierung beim Landeskommando der Bundeswehr wäre die Eröffnung der Unterkunft wohl vorerst geplatzt.

Das Problem: 125 Stockbetten und diverse Gebrauchtmöbel harrten Montagmorgen noch dem Aufbau. Angesichts dieser Herausforderung ließ sich das Bundeswehr-Personal am Standort nicht lumpen. 80 Soldaten aus so gut wie allen Abteilungen folgten weitgehend freiwillig einem Aufruf zum breit angelegten Bettenbau. Von der Ausbildungswerkstatt bis zu den Offizieranwärten, von den Hausmeistern bis zu den Sanitätern: Keine Dienststelle wollte kneifen.

„Die Motivation ist hoch“, brachte Koordinator Thomas Knüttel die Stimmung auf den Punkt. Entsprechend ging es in dem Quartier voran. Jeweils fünf Mann wurden einer mit Bauzäunen improvisierten Schlafparzelle zugeordnet. Dann begann das fröhliche Teilepuzzel mit Schrauben und Metallteilen.

Nach einer halben Stunde standen die ersten Betten. „Wir müssen heute fertig werden“, gab Stabsfeldwebel Knüttel als Devise aus. Weil es am Standort keine Stammkompanien, sondern nur noch Lehrgangsteilnehmer gibt, ist der Spielraum für derartige Sondervorhaben beschränkt. Schließlich gilt es, bei der Geländeausbildung oder im Hörsaal nicht allzuviel zu verpassen.

Manche der Staatsdiener waren das erste mal für Flüchtlinge im Einsatz, andere haben sich in ihrer Freizeit schon engagiert. „Es ist gut, die Flüchtlingskrise einmal von dieser Seite kennen zu lernen“, räumt ein Obergefreiter ein. „Es ist schließlich für einen guten Zweck“, fügt ein Leutnant an, der mit dem Akkuschrauber im Anschlag kurz inne hält.

Mit für die gute Stimmung sorgte der Freundeskreis für Flüchtinge, dessen Mitglieder Kaffee für die ganze Mannschaft kochten. Der Kreis der ehrenamtlichen ist inzwischen auf 80 angewachsen, von denen einige am Morgen auch einen Kaffee besonders notwendig hatten. Nach den Brandanschlägen rechter Gewalttäter in anderen Regionen hatten sie sich kurzfristig entschlossen, in Schichten Nachwache zu schieben, und so das Gebäude bei Dunkelheit zu beleben.

„So wird das Helfen zu einem Gemeinschaftserlebnis und man beschenkt sich auch selbst“, fasst es einer der Teilnehmer zusammen.

„Es war ein schöner Tag“, fasst Malteser-Projekt Leiter Christoph Wieland den konzentrierten Einsatz zusammen. Gegen 15 Uhr rückten die Soldaten wieder ab. Hervorragend laufe auch die Zusammenarbeit mit dem Freundeskreis für Flüchtlinge.

Wieland koordiniert den Aufbau. Einrichtungsleiter ist Ulrich Prümer (Werneck). Schon öfters habe die Bundeswehr in Unterfranken geholfen, sagt Johannes Hardecke. In den kommenden Monaten müsse sich Unterfranken noch auf die Aufnahme von Tausenden Flüchtlingen vorbereiten. Für Erst-und Notunterbringungen müssten weiter gerade wegen des einsetzenden Winters sehr kurzfristig Unterbringung organisiert werden. „Dafür bitten wir um Verständnis“, sagt Hardenacke. Die Bezirksregierung sucht weiter dringend Unterkünfte mit mindestens 75 Plätzen.

Tagsüber kümmern sich im Hammelburger BayWa Gebäude fünf und nachts zwei Malteser um die Flüchtlinge. Das Essen liefern die Malteser an. Für Sicherheit sorgt inzwischen ein professioneller Sicherheitsdienst.

Kleidersammlung dauert an

Ursprünglich sollten die Flüchtlinge von der ausgelasteten Notunterkunft Schweinfurt kommend nur wenige Tage in der Hammelburger „Dependance“ bleiben, wie die Einrichtung bei der Regierung genannt wird. Weil es zur weiterführenenden Unterbringung an Gemeinschaftsunterkünften fehlt, kann die Verweildauer länger werden.

Voraussichtlich bis Ende Dezember nimmt der Freundeskreis für Flüchtlinge Kleiderspenden an und gibt sie mit einem ausgeklügelten Dienstplan in der Unterkunft aus. Angenommen werden die Spenden montags bis freitags von 9 bis 11 und 18 bis 20 Uhr sowie samstags von 9 bis 11 Uhr im ehemaligen Gebhardt-Baumarkt an der Kläranlage.

Fix: Gleich steht der Schrank.
Foto: Wolfgang Dünnebier | Fix: Gleich steht der Schrank.
 
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