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LKR Bad Kissingen
Ahnungslos mit Corona aus dem Krankenhaus entlassen? (Teil 1)
Ein Mann kommt in Bad Kissingen ins Krankenhaus, steckt sich dort mit Corona an und wird positiv entlassen. Ein paar Tage später stirbt er. Vorher steckt er seine Frau und seinen Sohn an. Nur seine Töchter dürfen sich von ihm verabschieden, als er im Sterben liegt.
Foto: Symbolfoto/Rolf Vennenbernd/dpa       -  Foto: Symbolfoto/Rolf Vennenbernd/dpa
| Foto: Symbolfoto/Rolf Vennenbernd/dpa
Charlotte Wittnebel-Schmitz
 |  aktualisiert: 17.08.2022 10:30 Uhr

Arnold Berger (Name auf Wunsch der Familie von der Redaktion geändert) wird am 12. Dezember am frühen Morgen ins St. Elisabeth-Krankenhaus in Bad Kissingen eingeliefert. Der 76-Jährige hat zu viel Wasser in den Beinen. Als er zweieinhalb Wochen später das Krankenhaus wieder verlässt, ist dieses Problem gelöst. Dafür hat er ein anderes: "Als er vom Eli weg war, war das mit dem Wasser geregelt. Aber dafür hatte er Corona", sagt eine seiner Töchter .

Im Krankenhaus mit Corona angesteckt

Es spricht vieles dafür, dass Arnold Berger sich im St. Elisabeth-Krankenhaus angesteckt hat. Sein PCR-Test bei der Einlieferung war negativ. Der PCR-Routinetest einige Tage später in der Klinik fällt überraschenderweise positiv aus.

Wie sicher ist das Schutzkonzept?

"Eine Übertragung des hochansteckenden Virus während eines Klinikaufenthaltes kann trotz all unserer strikten Schutzmaßnahmen nicht ausgeschlossen werden. Dieses Restrisiko ist zutiefst bedauerlich", heißt es in der Stellungnahme der Unternehmenskommunikation des Helios St. Elisabeth-Krankenhauses.

Hausarzt bestätigt Fälle

Sich im Krankenhaus mit Corona anzustecken, das ist für viele eine Horrorvorstellung, die aber nicht auszuschließen ist. Ein Hausarzt aus dem Landkreis Bad Kissingen bestätigt, dass ihm Fälle bekannt seien, bei denen sich Patienten im Krankenhaus mit Corona angesteckt hätten.

Die Familie erzählt, dass auch Bergers Zimmergenossen positiv getestet worden seien. Dazu schreibt das Krankenhaus in seiner Stellungnahme nichts. Aber dort heißt es: "Wir haben umgehend alle Wege des Patienten in unserem Haus nachverfolgt und unser Schutzkonzept detailliert überprüft. Hierzu gehören neben dem Besuchsverbot, Maskenpflicht und Hygienemaßnahmen auch das regelhafte Testen aller Patienten bei deren Ankunft."

Grüner und roter Bereich im Krankenhaus

Das Schutzkonzept erklärt das Krankenhaus so: Bis zur Vorlage des Ergebnisses und bis zur Freigabe durch einen Arzt werden die Patienten isoliert versorgt. "Patienten mit negativem Testergebnis werden im sogenannten grünen Bereich behandelt, Patienten mit unklarem oder bestätigtem Befund im roten Bereich mit gesonderten Schutzmaßnahmen ."

Schutzkonzept hin, Schutzkonzept her. Die Geschichte Bergers zeigt, dass es nicht lückenlos funktioniert. Und sie macht auf weitere Missstände aufmerksam.

Arnold Berger kann zu all dem, zu den genauen Geschehnissen im Krankenhaus nichts mehr sagen. Er ist tot. Aber was er seiner Familie bei den täglichen Gesprächen am Telefon berichtete, macht sie fassungslos. Es sind Berichte, die niemand gerne hört, der einen Angehörigen im Krankenhaus hat.

Falsche Tabletten für den Patienten

An einem Morgen stellt ihm jemand falsche Tabletten hin und fordert ihn auf, diese zu nehmen. Arnold Berger weist daraufhin, dass er die verordneten Tabletten bereits genommen hat. Er weigert sich deshalb, zusätzliche "falsche" Tabletten zu nehmen. "Mein Vater war nicht dement", sagt seine Tochter . Der Pfleger, der wohl nur gebrochen Deutsch gesprochen habe, sei auf die Einwände des Vaters nicht eingegangen und habe immer nur "nehmen, nehmen" gesagt, berichtet die Tochter von den Erzählungen ihres Vaters.

Das Krankenhaus bestätigt, dass es beinahe zu einer falschen Medikamentengabe gekommen sei. "Wir legen großen Wert auf die Sicherheit unserer Patienten und haben Standardprozesse, mit denen wir eine korrekte Medikamentengabe sicherstellen." Trotz dieser eingespielten Mechanismen sei es in diesem Fall beinah zu einer falschen Medikamentengabe gekommen. "Der Fall ist umgehend nachvollzogen und besprochen worden."

Unverschämte Wortwahl

Nicht nur die falsche Medikamentengabe , auch die Wortwahl mit der eine Pflegerin mit ihm sprach, entsetzten Arnold Berger. "Er war fix und fertig", sagt seine Tochter . Eine Pflegerin habe zu ihm gesagt: "Jemanden wie Sie würde man in einem anderen Land verrecken lassen."

Warum es zu diesen Worten kam, lässt sich nicht genau klären. Ihr Vater sei ein ruhiger Mensch gewesen, er war oft guter Dinge, sagen die Töchter .

Der Hausarzt bestätigt diese Einschätzung seines Patienten. Er habe ihn als "wenig aufbrausend erlebt". "Er ist vielleicht angesichts der Umstände etwas mürrisch geworden", vermutet die Tochter . Ihr Eindruck: "Im Krankenhaus geht es drunter und drüber."

Entschuldigung des Krankenhauses

"Jemanden wie Sie würde man in einem anderen Land verrecken lassen." Als eine der Töchter von Arnold Berger erfährt, wie ihr Vater von einer Pflegerin verbal angegangen wurde, ruft sie wütend im St. Elisabeth Krankenhaus an und fordert, die Geschäftsführung zu sprechen. In der Folge habe sich die Klinikleitung bei Arnold Berger persönlich entschuldigt und telefonisch auch mit seiner Frau gesprochen.

"Unangemessene Sprache oder gar verbale Entgleisungen werden in unserem Krankenhaus nicht toleriert und unverzüglich geahndet - so auch in diesem Fall", heißt es in der Stellungnahme des Krankenhauses .

Die Klinikleitung habe sich umgehend nach Bekanntwerden bei Herrn Berger entschuldigt. Der Pflegedirektor sei dazu persönlich am Bett des Patienten gewesen. "Der Patient hat die Entschuldigung angenommen."

Erlebnisse, die nicht mehr tragbar sind

Das alles sind Erlebnisse, die die Familie zwar verärgerten, sie aber noch nicht dazu gebracht hätten, den Fall öffentlich werden zu lassen. Dann aber geschah etwas, das für sie nicht mehr tragbar erschien. "Das hätte nicht sein müssen! Das kann so nicht stehen bleiben", sagt eine der Töchter . "Das sind wir unserem Vater schuldig."

Fortsetzung

Dieser Text besteht aus zwei Teilen. Was das Krankenhaus zu diesen Anschuldigungen sagt und was für die Familie nicht mehr tragbar war, lesen Sie hier weiter (Teil 2): https://www.infranken.de/lk/bad-kissingen/ahnungslos-mit-corona-aus-dem-krankenhaus-entlassen-teil-2-art-5163980

Ein Kommentar der Redaktion zum Fall finden Sie hier: https://www.infranken.de/lk/bad-kissingen/kommentar-zum-text-ahnungslos-aus-dem-krankenhaus-entlassen-wo-ist-die-unterschrift-art-5163985

 
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