Zu wenig Kunden und zu teure Wartungskosten - das ist die Bilanz der Erdgas-Zapfsäule in Bad Brückenau. Deshalb schaltet der Betreiber, die Stadtwerke Bad Brückenau, die Anlage zum 30. Juni ab. "2014 haben wir noch 124 000 Kilogramm Erdgas verkauft, 2018 waren es nur noch 55 000 Kilogramm", sagt Michael Garhammer, Leiter der Stadtwerke in Bad Brückenau. Die Tendenz sei weiterhin abnehmend.
Eine Erklärung dafür hat er parat: "Die Leute vor Ort kaufen kaum noch Erdgasfahrzeuge, dementsprechend sinkt der Bedarf für Tankmöglichkeiten. Es ist einfach nicht wirtschaftlich", sagt Garhammer.
Über 200 Bar Druck
Ähnlich sieht das Karlheinz Schüßler, der stellvertretende Vorsitzende des Bundesverbands Tankstellen und gewerbliche Autowäsche e.V. aus Oberleichtersbach. "Erdgas ist für den Betreiber nicht rentabel". Schon die Anschaffungskosten für eine Zapfanlage lägen zwischen 300 000 und 400 000 Euro. "Dazu kommt noch der Unterhalt und die Wartung." Die ist bei Erdgas besonders intensiv.
Schüßler erklärt den Grund: "Die Anlage muss 200 bis 250 Bar Druck standhalten." Das entspricht etwa dem Wasserdruck in mehr als 2000 Meter Tiefe. Deshalb muss eine Erdgas-Zapfanlage sicher sein. "Schnelle Reparaturen gibt es da nicht. Bei dem hohen Druck muss gewährleistet sein, dass nichts passiert", führt Schüßler aus. Aufgrund des hohen Aufwands hält er Erdgas daher nicht für eine Antriebsart der Zukunft.
Suche nach einem Nachfolger
Der Abbau der Zapfsäule war allerdings nicht von vornherein geplant: "Wir sind nicht unbedingt Tankstellenbetreiber, deshalb haben wir zunächst Profis gefragt, ob sie die Zapfsäule übernehmen wollen", sagt Garhammer rückblickend. Alle vier angefragten Unternehmen zeigten jedoch kein Interesse an der Erdgas-Zapfanlage. "Damit war klar, dass die Zapfsäule nach dem 30. Juni dann abgebaut wird", sagt Garhammer.
Unverständnis bei Betroffenen
Betroffen sind davon Autofahrer wie Teresa Schneider aus Riedenberg. Vor zweieinhalb Jahren kaufte sie bei einem Autohaus einen Wagen, der mit Erdgas fährt. Der geplante Abbau der Zapfsäule stößt bei ihr auf Unverständnis: "Die Politik fordert permanent umweltfreundliche Antriebe, wie passt das zum Abbau der Zapfsäule?"
Die nächsten Erdgas-Tankmöglichkeiten liegen für sie in Fulda und Bad Kissingen. "Das ist nicht gerade um die Ecke." Momentan sucht sie gemeinsam mit dem Autohaus nach einer Lösung für ihr Problem. Die Stadtwerke indessen haben bereits ihren Kurs abgesteckt. Statt auf Gas setzen sie auf Strom.
E-Mobilität im Fokus
"Aktuell betreiben wir vier Ladesäulen im Stadtgebiet und eine in Kooperation mit der Diözese Würzburg am Volkersberg", informiert Garhammer über die neue Strategie. "Sein Auto darf dort jeder laden. Nach dem Freischalten der Ladesäule mit dem Smartphone werden die Kosten über die Mobilfunkrechnung abgerechnet." Für welche Option sich Teresa Schneider nach dem 30. Juni entscheiden wird, ist für sie noch nicht klar.
Zahleninfo:
2006 ging die Erdgas-Zapfanlage in Bad Brückenau in Betrieb.
Infobox Erdgas:
Erdgas wird als "Compressed Natural Gas" (CNG) bezeichnet. Hauptbestandteil ist Methan. Das Gas steht im Tank unter hohem Druck, was bei einer deutschen Automarke bereits für Probleme sorgte. Der Treibstoff gilt als umweltschonend. Bei der Verbrennung im Motor entstehen 25 Prozent weniger CO2 als bei einem Benzinmotor. Auch im Vergleich mit dem Dieselmotor steht der CNG-Antrieb besser da. Beim Verbrennen entstehen kaum Stickoxide und Feinstaub. Ein weiterer Vorteil des Treibstoffs ist der stabile Preis: Durch das Mineralölgesetz wird Erdgas bis Ende 2026 mit einem reduzierten Mineralölsteuersatz besteuert. Preislich gesehen scheint Erdgas teurer als Liquefied Petroleum Gas (LPG) zu sein. Allerdings ist der Energiegehalt von CNG doppelt so groß. Mit einem Kilo Erdgas kommt ein Auto also so weit wie mit zwei Kilogramm LPG. Laut einer Sprecherin des ADAC ist das Tankstellennetz ebenfalls gut ausgebaut.
Infobox Autogas:
Liquefied Petroleum Gas (LPG) heißt im Volksmund Autogas. Seine Hauptbestandteile sind Butan- und Propangas. Die Gase entstehen bei der Raffinierung von Erdöl. Transportiert und gelagert wird LPG im Tank bei einem Druck von 2 bis 8 Bar. Ähnlich wie CNG profitiert auch LPG von einem vergünstigten Mineralölsteuersatz. Das gilt aktuell allerdings nur bis Ende 2022. Wie auch CNG schont es bei der Verbrennung verglichen mit anderen Treibstoffen die Umwelt.