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LKR Bad Kissingen
9-Euro-Ticket: So läuft es auf dem Land
Seit drei Wochen können Fahrgäste billig Bus und Bahn fahren. Wir haben nachgefragt, ob die Züge in unserer ländlichen Region voller sind.
Der Bahnhof in Bad Kissingen - einer von wenigen in Landkreis.       -  Der Bahnhof in Bad Kissingen - einer von wenigen in Landkreis.
Foto: Ellen Mützel | Der Bahnhof in Bad Kissingen - einer von wenigen in Landkreis.
Charlotte Wittnebel-Schmitz, Ellen Mützel
 |  aktualisiert: 21.08.2022 19:12 Uhr

Es gab viel Häme über die Deutsche Bahn , viel Spott über den ÖPNV auf dem Land - und nun das 9-Euro-Ticket, bei dem viele auf dem Land schnell abwinkten. Das bringe hier sowieso nichts. Dennoch oder genau deswegen, hat uns interessiert, ob die Züge voller wurden. Gibt es mehr Verspätungen? Welche Menschen entscheiden sich, mit dem Zug zu pendeln?

9-Euro-Ticket: 900 Euro gespart

Maike Barthelmes fährt von Burglauer nach Bad Kissingen oder Schweinfurt zur Schule und Arbeit. "Ich mache meinen Führerschein , deswegen kann ich nicht mit dem Auto fahren", sagt sie. Ein Zug fährt von Burglauer etwa jede Stunde, nicht so prickelnd, findet sie. Und: "Die Züge sind um einiges voller, etwa das Doppelte." Auch in den Pfingstferien.

"Und sie haben krassere Verspätungen, letztens waren es 110 Minuten, manche fallen aus." Auch eine Folge: Sie verpasst den Anschlusszug. "Aber man spart gut Geld: Ohne Bahncard würde ich etwa 300 Euro zahlen. Das sind 900 Euro in drei Monaten." Auf der Arbeit habe sie keine Probleme, wenn es zur Verspätung kommt: "Die wissen das. Und wenn ich drauf angewiesen bin, kann man ja nichts machen."

Erst E-Roller, dann Zug

Stephan fährt mit der Bahn auf die Arbeit, das klappt sogar bei seinem Dreischichtsystem. Dazu fährt er mit dem E-Roller von einem Stadtteil Bad Kissingens zum Bahnhof, um dann mit dem Zug nach Schweinfurt zu fahren. Es sei "viel voller geworden". Vor dem 9-Euro-Ticket fuhr er mit der Bahn, nun lohne es sich noch viel mehr. Nur wenn es regnet, überlegt er sich, mit dem Auto zu fahren.

"Das ist ein Segen für mich"

Christian Metz, Berufspendler aus Hammelburg, sagt "Es sind mehr Leute, mehr Fahrräder, mehr Kinderwägen, mehr alles. Manchmal bin ich mit meinem Fahrrad kaum noch klargekommen." Einmal habe er es stehen lassen müssen.

Er pendelt jeden Tag nach Bad Kissingen, normalerweise sitzen 15 bis 20 Leute im Zug. Nun hat er schon viele neue Gesichter gesehen. Mehr Verspätung gab es seitdem aber nicht. Die 250 Euro monatlich für's Zugfahren hat er sich nun gespart. "Das ist ein Segen für mich."

Reisen mit dem Ticket geplant

Inge Lutz aus Hammelburg war den Tag für einen Termin in Bad Kissingen. "Ich bin heute das erste Mal mit dem 9-Euro-Ticket gefahren, ich werde demnächst noch ein paar Städte besuchen. Vor allem im Juli will ich es nutzen."

Sie reise nicht unbedingt bis nach München, aber vielleicht nach Würzburg oder Nürnberg. Sie habe zwar ein Auto, aber es lohne sich einfach so, mit dem Ticket zu reisen. Ein Nachteil: "Leider habe ich den Zug gerade um ein paar Minuten verpasst. Jetzt muss ich eben eine Stunde warten."

Ausflüge durch ganz Deutschland

Das Ehepaar Irene und Georg Schmitt (beide Rentner) aus Würzburg sind regelmäßige Bahnfahrer. Zwei bis dreimal in der Woche sitzen sie im Zug und erkunden Deutschland. Vor dem 9-Euro-Ticket nutzten sie das Bayern- oder Baden-Württemberg-Ticket für Ausflüge. Das Ehepaar besitzt unfallbedingt kein Auto und will keines mehr anschaffen.

"Seit es das 9-Euro-Ticket gibt, sind wir viermal nach Bad Kissingen gefahren." Dort wandern sie im Kaskadental, besuchen Museen, gehen zum Gradierbau oder ins Café. Zwar beobachtet das Ehepaar auf der Strecke Würzburg - Bad Kissingen "geringfügig mehr Personen" im Zug, bisher sei aber keiner zu voll gewesen. "Wir fahren antizyklisch", sagt Georg Schmitt. "Wir warten erst einmal, bis sich der Massenandrang beruhigt."

Im Moment bleiben sie in der Gegend um Würzburg und meiden Ziele, bei denen sie einen großen Besucherandrang erwarten. Das 9-Euro-Ticket bezeichnen sie als sehr kundenfreundlich. "Es ist sehr preiswert und man kann überall damit hinfahren." Neulich hätten sie eine Frau getroffen, die noch nie Bahn gefahren sei. Ihr hätten sie gezeigt, wie die Tür aufginge.

Ticket zum Wandern perfekt

Heiko Loch und sein langjähriger Kumpel Konrad aus Würzburg haben sich das 9-Euro-Ticket gekauft, um damit den über 120 Kilometer langen Wanderweg "Der Hochrhöner" zu gehen. Von Bad Kissingen geht es in sieben Tagen nach Bad Salzungen. Allein für die Rückfahrt hätten sie für das Zugticket normalerweise 20 Euro gezahlt.

Für ihre Wandertouren sei eine Zugfahrt außerdem ideal, dadurch könnten sie von Bad Salzungen direkt nach Hause fahren und müssten nicht erst wieder ihr Auto in Bad Kissingen abholen. Das 9-Euro-Ticket hätte schon vor Jahren eingeführt werden sollen, findet Heiko Loch. Weniger wegen der Energiekosten, vielmehr wegen des Klimas. Im Alltag fährt er eher Bus und Straßenbahn. "Hoffentlich bleibt das Ticket", sagt Loch.

Verbindungen unbefriedigend

Auf unseren Aufruf im Netz melden sich Menschen, die keinen Bahnhof in der Nähe haben. Matthias Kurz sagt: "Ich wohne in Burkardroth und die Busverbindungen nach beispielsweise Bad Kissingen sind ein Witz." Peter Schroll sagt: "Die Bahnstrecke von Bad Brückenau nach Wildflecken ist ein Radweg geworden, da nützt mir das 9-Euro-Ticket nichts." Die Bahn dürfe da wieder hin.

Kristina Albert aus Maßbach pendelt "leider öffentlich überhaupt nicht durch den Landkreis, da die Verbindungen auf dem Land hier unter aller Kanone sind." Daher könne sie das Ticket nicht nutzen. "Ich würde mich über einen zügigen Ausbau des Nahverkehrs im Landkreis sehr freuen."

 
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