
In aller Welt bekannt und dennoch eine beschauliche Rhöngemeinde geblieben – so könnte man Wildflecken beschreiben. Nun feiert die Bevölkerung den 500. Geburtstag des Ortes, der einst aus einer wilden Siedlung entstanden ist. Gefeiert wird ausgiebig und über mehrere Monate hinweg.
Mit einem gut besuchten Festabend im Wildfleckener Sportheim startete nun quasi der ganz offizielle Teil der umfangreichen Feierlichkeiten. Wie es in Wildflecken üblich ist, stand dabei die Musik im Mittelpunkt. Und so ging es recht schwungvoll mit dem Quadriga Marsch los, den der Wildfleckener Musikzug unter Leitung von Andi Kleinhenz zum Besten gab.
Weit weg von politischen Zentren
1. Bürgermeister, Gerd Kleinhenz , begrüßte die zahlreichen Gäste aus Politik, Kirche, Vereinsleben und Wirtschaft und eröffnete den Abend. In seiner Festrede ging Regierungspräsident Dr. Eugen Ehmann auf die wechselhafte Geschichte Wildfleckens ein. Die großen wirtschaftlichen und politischen Zentren lagen immer weit weg von Wildflecken , so Ehmann. „Das hatte eine gute und eine schlechte Seite.“
4,5 Millionen Soldaten im Lauf der Zeit
Die Folgen von politischen Entscheidungen aus der Ferne hätten sich gerade in Wildflecken besonders stark auf die Bevölkerung ausgewirkt. Im Lauf der Zeiten haben sich in Wildflecken wohl mehr als 4,5 Millionen Soldaten über kurze oder längere Zeit aufgehalten, sagte der Regierungspräsident.
1937 war der Truppenübungsplatz in Wildflecken entstanden. Zum Zweck der Kriegsvorbereitung. „Mit Motiven, die aus heutiger Sicht nur betrüben können“, so Ehmann. Doch die Infrastruktur hat nach dem Zweiten Weltkrieg eine friedenssichernden Funktion erhalten – „mit einer Bedeutung für ganz Deutschland und ganz Europa“.
Bevölkerung steht hinter der Bundeswehr
Der Abzug der Amerikaner sei schmerzhaft für den Ort gewesen, jedoch hielt die Bundeswehr an ihrer Präsenz in der Rhöngemeinde fest. Der Regierungspräsident machte deutlich, dass die Wildfleckener Bevölkerung hinter der Bundeswehr und ihrem Auftrag zur Sicherung des Friedens in Europa steht. Dafür gab es von der Festversammlung lautstarken Applaus.
Ehmann betonte die Wichtigkeit von historischem Bewusstsein. Das sei in Wildflecken stark ausgeprägt.
Theaterstück von Erwin Kellermann
Im Anschluss führte der Musikzug Wildflecken das Stück „Ehrenwert“ auf, bevor Ehrenbürger Gerwin Kellermann ein eigens für den 500. Geburtstag entwickeltes Theaterstück präsentierte. Dabei ging es vor allem um den Ursprung Wildfleckens bei eigentlich – aus heutiger Sicht – ziemlich „illegalen“ beziehungsweise „zwielichtigen“ Rodungen im Salzforst, die in den damaligen „Regierungszentren“ lange Zeit unentdeckt blieben.
Unmut des Fürstbischofs
Die Ansiedlungen im Salzforst sorgten nach Bekanntwerden für großen Unmut besonders beim Fürstbischof. Beinahe wären die wilden Ansiedlungen dem Zorn der Obrigkeit wieder zum Opfer gefallen. Doch nach einem rund 50 Jahre währenden Streit durfte die wilde Siedlung im Salzforst dann doch ganz offiziell bestehen bleiben. Als der Streit der Obrigkeiten beigelegt war, hatte der „wilde Flecken“ schon 294 Einwohner. Tendenz stark steigend.
Fürstbischof wollte Siedlung auflösen
Rückblickend betrachtet, hatten die Siedler des „wilden Fleckens“ das Glück des Tüchtigen in den Anfangsjahren. Eigentlich hatte der Fürstbischof nämlich den Befehl zur Auflösung der wilden Siedlungen längst gegeben. Warum er sich später anders entschied, ist nicht überliefert . In seinem Theaterstück versuchte Gerwin Kellermann zu ergründen, wie der krasse Sinneswandel des Fürstbischofs zustande gekommen sein könnte.
„ Wildflecken ist zwar eine kleine Gemeinde, aber sie hat eine überörtliche Bedeutung national und international, sagte Landrat Thomas Bold . Und die Geschichte hat es nicht immer gut gemeint mit Wildflecken .“ Bold ging im Detail auf die wirtschaftlichen Schwierigkeiten nach dem Abzug der Amerikaner ein. „Die Herausforderungen sind ungleich größer als in all den Kommunen außen herum“, so Bold.
Der Landrat machte deutlich, dass die militärische Bedeutung Wildfleckens wohl wieder deutlich wachsen wird. Doch Wildflecken habe über das Militär hinaus auch große wirtschaftliche Bedeutung. Bold beschrieb die Anstrengungen Wildfleckens rund um das Thema Integration von Neubürgern.
Weggang der US-Truppen war eine Zäsur
„Was macht Wildflecken aus? - Besonders und einzigartig machen uns all die vielen Fremden“, sagte Altbürgermeister und Schirmherr Walter „Pizi“ Gutmann. Er spannte den Bogen vom Zweiten Weltkrieg über die US-Kaserne in Wildflecken bis hin zur historischen Zäsur durch den Weggang der amerikanischen Truppen. „Dieser Einschnitt traf uns härter als alle anderen Standorte der Amerikaner“, so Gutmann. Auch danach kamen immer wieder neue Menschen in die Gemeinde Wildflecken . Es sei schon schwer gewesen, das zu bewältigen, sagte Gutmann.
Danach spielte der Musikzug Wildflecken „Blauer Enzian“, und die Kirmestanzgruppe Wildflecken hatte ihren großen Auftritt. Insgesamt bot der Festabend ein Programm aus Musik, Theater und Tanz, das die 500-jährige Geschichte von Wildflecken würdigte.
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