„Donnerwetter.“ Bundespräsident Joachim Gauck war sichtlich beeindruckt von dem musikalischen Vortrag der beiden Würzburger Musikstudentinnen Nina Scheidmantel und Samira Spiegel beim Festakt zum 50-jährigen Bestehen der Hanns-Seidel-Stiftung im Konferenzzentrum am Stiftungssitz in München. Ebenso Ministerpräsident Horst Seehofer: „Es war ein Genuss, traumhaft“, sagte der Landesvater, der sich beim Erinnerungsfoto mit anderen Stipendiaten der Hanns-Seidel-Stiftung die beiden hübschen Musikerinnen gleich an seine Seite holte.
Dass bei einem staatsträchtigen Ereignis in der Landeshauptstadt zwei Musikstudentinnen aus ihrer unterfränkischen Heimatstadt Würzburg spielen, das machte vor allem Landtagspräsidentin Barbara Stamm stolz. Sie gehörte zu der Politprominenz, die beim Festakt neben dem Bundespräsidenten in der ersten Reihe saß. Die beiden hätten gezeigt, dass auch die Region „Hervorragendes“ zu bieten habe. „Das sind nicht nur Musikerinnen, sondern Künstlerinnen“, sagte Stamm.
Stipendiatinnen
Stolz war auch die Vorsitzende der Hanns-Seidel-Stiftung, Professor Ursula Männle, auf diesen musikalischen Kunstgenuss aus den eigenen Reihen. Denn Pianistin Nina Scheidmantel ist unter den rund 1100 Stipendiaten der Hanns-Seidel-Stiftung die einzige Musikstudentin. Auch Geigerin Samira Spiegel ist Stipendiatin. Sie wird von der Studienstiftung des Deutschen Volkes, dem ältesten und größten Begabtenförderungswerk in der Bundesrepublik Deutschland, gefördert, dessen Schirmherr der Bundespräsident höchstselbst ist.
Die musikalischen Darbietungen der beiden Würzburger Studentinnen hätten gezeigt, dass die Hanns-Seidel-Stiftung als Schule der Demokratie Menschen befähige, sich auch kulturell aktiv in die Gestaltung ihrer Gesellschaft einzubringen, sagte Männle.
Ein besonderer Auftritt
Für die beiden Musikerinnen war die musikalische Ausgestaltung des Festaktes in jeder Hinsicht ein besonderer Auftritt. Allein die Tatsache, vor dem Bundespräsidenten spielen zu dürfen, war eine große Ehre und das Lob aus seinem Mund eine besondere Auszeichnung. Über 450 Festgäste und Vertreter des öffentlichen Lebens in Bayern waren geladen worden, unter ihnen auch als Ehrengäste die Eltern und Geschwister der beiden jungen Musikerinnen sowie deren Klavierprofessorin Silke-Thora Matthies.
Es herrschte höchste Sicherheitsstufe. Das Konferenzzentrum war hermetisch abgeriegelt, überall wimmelte es nur so von Sicherheitsbeamten von Bundeskriminalamt und Bundespräsidialamt. Schon Stunden vor Beginn des Festakts hatte ein Sprengstoffhund das Konferenzzentrum vom Keller bis zum Dachgeschoss durchsucht.
Auch die Festgäste mussten sich einer strengen Kontrolle unterziehen, die Frauen sogar ihre Handtasche an der Garderobe zurücklassen. Für die Presse gab es ebenfalls strenge Vorschriften. Fotografen durften nur ihr Equipment mit in den Festsaal nehmen und ihren zugewiesenen Platz nach dem obligatorischen Erste-Reihe-Foto nicht mehr verlassen. Und wer einmal das gelbe Einlassbändchen am Handgelenk hatte, durfte nicht mehr hinaus. Pech für die eine Dame, die ihre Brille in der Handtasche an der Garderobe vergessen hatte. Glück für sie, dass der Festsaal mit mehreren leinwandgroßen Bildschirmen bestückt war, so dass man auch in der hintersten Reihe das Geschehen auf der Bühne hautnah mitverfolgen konnte.
Illustre Gästeschar
Umringt von seinen persönlichen Sicherheitsbeamten durchschritt der Bundespräsident unter dem Beifall der stehenden Festgäste den Saal. Im Gefolge Ministerpräsident Horst Seehofer, seine Amtsvorgänger Edmund Stoiber und Günter Beckstein sowie die ehemaligen CSU-Vorsitzenden Theo Waigel und Erwin Huber, außerdem die Präsidentin des Bayerischen Landtags, Barbara Stamm, und die stellvertretende Vorsitzende der CSU-Landtagsfraktion Kerstin Schreyer. Aus dem Deutschen Bundestag waren der Vizepräsident Johannes Singhammer sowie die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe, Gerda Hasselfeldt, angereist. Vom Europaparlament hatten der stellvertretende Vorsitzende der EVP-Fraktion, Manfred Weber, und die Vorsitzende der CSU-Europagruppe, Angelika Niebler, ihren Weg nach München gefunden. Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann nahm gerade noch rechtzeitig vor seiner Begrüßung seinen Platz ein. Hinter ihm der ehemalige Bundeswirtschaftsminister Michael Glos aus Prichsenstadt und die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger.
Auch bei den anderen Gästen hatten Samira und Nina mit ihren Musikstücken von Béla Bartók, Claude Debussy und Maurice Ravel nachhaltig Eindruck hinterlassen. Beim anschließenden Empfang waren sie fast so umlagert wie Bundespräsident Gauck, der sich gerne mit den beiden jungen Musikerinnen zum Erinnerungsfoto stellte.
Zentrales Thema seiner Rede zum Jubiläum der Hanns-Seidel-Stiftung war das zum Wort des Jahres gekürte „postfaktische Zeitalter“. Gibt es wirklich eine neue Qualität des Widerwillens gegen „die da oben“ oder sind es nur die alten Lügen, die sich über moderne Kommunikationskanäle schneller und einfacher verbreiten lassen? Die Lüge in der Politik sei jedenfalls kein ganz neuer Hut, relativierte der Bundespräsident die öffentliche Aufregung über mögliche Einflussnahme auf die anstehenden Bundestagswahlen.
Schlussappell des Bundespräsidenten
Die Demokratie stehe zwar im Gegenwind, aber sie sei nicht gefährdet. Man müsse den Lügen über die Politik aber Tatsachen entgegensetzen. Die Arbeit der politischen Stiftungen sei zusätzlich wichtiger denn je. Denn sie könnten eigenständiger als politische Institutionen in der Zivilgesellschaft unterwegs sein, um so etwas wie Inseln der Diskurse zu schaffen. „Wir wollen doch nicht, dass die Gefühlswallungen von den Rändern der Gesellschaft so stark werden, dass eine träge gewordene Mitte denkt, man kann da gar nichts machen, die Zeiten sind eben schlecht. Nein, es sind gute Zeiten für den Kampf für unsere Demokratie! Und es sind dann gute Zeiten, wenn wir uns engagieren.“ Für diesen Schlussappell des Bundespräsidenten gab es lang anhaltenden Applaus.
Ministerpräsident Horst Seehofer griff diese Worte auf und zitierte seinen Amtsvorgänger Edmund Stoiber: „Gäbe es die politische Stiftung nicht, müsste man sie heute gründen.“ Demokratie sei keine Selbstverständlichkeit. „Sie ist ein Schatz, den wir uns in Deutschland nie wieder aus der Hand nehmen lassen dürfen“, sagte Seehofer.