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Bad Brückenau
Gäste planen heute kurzfristig
Das Hotel Ursula feiert heuer sein 50-jähriges Bestehen. Was die Betreiberin in dem halben Jahrhundert erlebt hat, erzählte sie unserem Reporter.
Gisela Ullmann (links) betreibt das Hotel Ursula in Bad Brückenau inzwischen mit ihrer Tochter Ursula Rüttiger. Foto: Sigismund von Dobschütz       -  Gisela Ullmann (links) betreibt das Hotel Ursula in Bad Brückenau inzwischen mit ihrer Tochter Ursula Rüttiger. Foto: Sigismund von Dobschütz
| Gisela Ullmann (links) betreibt das Hotel Ursula in Bad Brückenau inzwischen mit ihrer Tochter Ursula Rüttiger. Foto: Sigismund von Dobschütz
Sigismund von Dobschütz
 |  aktualisiert: 19.08.2022 23:50 Uhr
Vor 50 Jahren begannen die Ullmanns in Bad Brückenau mit der Vermietung von zwei Zimmern in ihrem Zweifamilienhaus. Heute betreiben Gisela Ullmann (73) und Tochter Ursula Rüttiger (54) das mit drei Dehoga-Sternen zertifizierte Hotel Ursula mit 33 Betten, Frühstücksraum und Wellnesslandschaft.
Damals, zu Zeiten des deutschen Wirtschaftswunders, erwachte die Reiselust der Deutschen. Nicht jeder konnte sich einen Italien- oder Spanien-Urlaub leisten, die meisten blieben noch im Land. Viele verlebten ihre Ferienzeiten in Franken und der Rhön. Zeitgleich entwickelte sich das deutsche Kur- und Rehabilitationswesen - auch in Bad Brückenau. Es waren gute Zeiten für private Gästehäuser wie das der Familie Ullmann. Die Nachfrage nach Übernachtungsmöglichkeiten wuchs rasant.
Erst erweiterten die Ullmanns 1972 ihr Haus um ein zweites Obergeschoss, fünf Jahre später wurde ein Hallenbad mit Sauna und Solarium angebaut, wieder zehn Jahre später wurde um ein Obergeschoss für weitere Gästezimmer aufgestockt. Schließlich kauften Ullmanns 1989 das Nachbarhaus hinzu, in dessen beiden Etagen sie zwei Ferienwohnungen einrichteten. Nur drei Jahre später wurde auch dieses Haus um ein zweites Obergeschoss für drei zusätzliche Appartements aufgestockt.
Der große Umbruch kam 1996 mit der Gesundheitsstrukturreform. Plötzlich blieben die Kurgäste aus. Das neue Modewort hieß "Wellness". Auch auf diese neue Gästegruppe stellte sich die Familie Ullmann schnell um: Das veraltete Hallenbad wurde 2002 durch eine zeitgemäße Wellness-Badelandschaft ersetzt.
Doch die Gäste aus früheren Jahrzehnten, die drei Wochen oder länger im Hotel Ursula blieben und häufig sogar zu Stammgästen wurden, blieben allmählich aus. Inzwischen gibt es sie kaum mehr. "Heute bleiben unsere Gäste nur drei bis fünf Tage", sagte Gisela Ullmann, die seit dem Tod ihres Ehemannes Horst das Hotel gemeinsam mit Tochter Ursula Rüttiger betreibt. Nur selten sind es Familien, überwiegend Kurzurlauber "ab 50 aufwärts", die bei ihnen nächtigen. Radwanderer und Biker, eine wachsende Gästegruppe, bleiben sogar nur eine Nacht. Hin und wieder suchen auch Angehörige von Patienten des Krankenhauses ein Zimmer.
Früher hatten die Ullmanns schon zu Ostern gewusst, was sie am Jahresende verdient haben werden. Viele Stammgäste, die mehrwöchige Verweildauer und frühzeitige Buchung zum Jahresbeginn gaben den Vermietern eine gute Planungssicherheit. Heute wissen die Hoteliers nicht, wie das Jahr noch laufen wird: Die Gäste buchen immer kurzfristiger und bleiben immer kürzer. Rüttiger: "Es ist für uns kaum noch möglich, eine längerfristige Umsatz- und Investitionsplanung vorzunehmen."


Stadt müsste mehr werben

Heute hat das Hotel Ursula nur noch halb so viele Übernachtungen wie vor 20 Jahren. Schuld sind gesellschaftliche Veränderungen. Das wissen Mutter und Tochter. "Aber die Stadt macht viel zu wenig", hält Rüttiger das Rathaus für mitschuldig. Auf der Freizeitmesse in Nürnberg ist ihr aufgefallen: "Alle Kurorte im Bäderland waren mit Stand oder Broschüren vertreten, aber nicht die Stadt Bad Brückenau."
Außerdem: Die Stadt sollte mit dem Staatsbad zusammenarbeiten. Ullmann: "Es gibt nur ein Bad Brückenau." Heutzutage müsse doch schließlich jeder kämpfen. "Da sollte es doch mehr Zusammenhalt geben." Mehr Übernachtungsgäste seien schließlich nicht nur für die Vermieter, sondern für die ganze Stadt wertvoll, für Einzelhandel und Gastronomie. "Was die Stadt jährlich für touristische Werbung ausgibt, ist doch viel zu niedrig. Da investieren wir ja schon mehr."
 
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