
Das deutsch-deutsche Zusammenleben begleitete den Würzburger Journalisten Eberhard Schellenberger (65) privat und als langjährigen BR-Reporter ein ganzes Leben lang und wurde zu seinem journalistischen „Lebensthema“. Schon bei seiner ersten, privaten Einreise in die DDR legte die Stasi eine Akte über ihn an. Am Ende sollte sie 400 Seiten umfassen.
Daraus hat er nun das Buch „Deckname Antenne“ gemacht, das im Würzburger Echter Verlag erschienen ist. Im Rahmen der Unterfränkischen Kulturtage, die von der Allianz Kissinger Bogen vom 4. bis 19. Mai veranstaltet werden, stellt der Journalist sein Buch vor.
Die Autorenlesung findet am 8. Mai im Feuerwehrhaus in Thulba statt. Beginn der Veranstaltung ist um 19 Uhr, Einlass bereits um 18 Uhr. Der Eintrittspreis beträgt fünf Euro. Karten gibt es im Vorverkauf in der Bücherei Thulba oder dann an der Abendkasse. Für Getränke und Fingerfood sorgt an diesem Abend das Büchereiteam.
Stasi legte zwei Akten an
Als 1983/1984 Eberhard Schellenberger mit seiner Frau das erste Mal privat einen Brieffreund besuchte, heftete sich die Staatssicherheit an die Fersen des damaligen BR-Jungjournalisten. Nach dem Mauerfall tauchten zwei Akten der Staatssicherheit über Schellenberger auf. Die Akte „ Journalist “ in Cottbus zu den privaten Reisen und die Akte „Antenne“ in Würzburgs Partnerstadt Suhl.
Auf 400 Seiten fanden sich neben fast schon Skurrilem Nichtigkeiten und Belangloses, aber auch viel Perfides. Schellenberger wurde schnell klar, dass er in der DDR wie ein Staatsfeind behandelt wurde.
Radiosendungen mitgeschnitten
Die Stasi hörte Telefonate von ihm zwischen Suhl und Würzburg ab und dokumentierte sie ebenso wie mitgeschnittene Radiosendungen. Bei Besuchen in Suhl wurde Eberhard Schellenberger lückenlos überwacht, es entstanden minutengenaue Protokolle, die beispielhaft im Buch dokumentiert werden.
Die Stasi unterstellte ihm, er arbeite mit „imperialistischen Geheimkräften“ zusammen, und ließ ihn bis zum Mauerfall bei jedem DDR-Besuch nicht mehr aus den Augen. Aber auch im Westen hatte die Staatssicherheit Spitzel. So warb sie drei Würzburger Studenten am Plattensee in Ungarn für ihre Zwecke an.
Mit Tränen in den Augen
Ausführlich geschildert wird auch die Nacht des Mauerfalls vom 9. auf den 10. November 1989 am Beispiel des Grenzübergangs Eußenhausen-Meiningen. In der Nacht der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 lieferte der BR-Reporter Schellenberger mit Tränen in den Augen am ehemaligen Grenzübergang Eußenhausen-Meiningen inmitten feiernder Menschen die emotionalste Livereportage seines Reporterlebens.
Fragt man Eberhard Schellenberger nach seiner Motivation, so sagt er: „Ich habe dieses Buch auch für die inzwischen nachgewachsene Generation geschrieben, denn auf diese wirken diese Geschichten und Erlebnisse aus der Mitte Deutschlands völlig unwirklich und unbegreiflich.“
Zur Lesung gibt es begleitend eine Präsentation von Bildern, Ausschnitten von Stasiakten und Originaltönen aus dem BR-Archiv. red