Hammelburg
40 Jahre für ein schönes Lächeln
Über vier Jahrzehnte war Dr. Günter Schneider Zahnarzt in Hammel- burg. Am kommenden Mittwoch ist die Praxis zum letzten Mal geöffnet.
Der Ansturm in den letzten Tagen ist groß. Jeder Patient will sich verabschieden, aber natürlich auch Zähne und Gebiss ein letztes Mal überprüfen lassen und alles in Schuss haben, bevor Dr. Günter Schneider seine Praxis in der Hammelburger Innenstadt nach 41 Jahren für immer schließt. "Ich habe sogar erwachsene Patienten, die hier stehen und weinen, weil Schluss ist", erzählt Dr. Schneider. Das liegt vielleicht auch daran, dass ihm selbst sein Beruf bis heute Spaß macht und das merken die Patienten.
"Die Bürokratie ist nicht so meins", gesteht er, "eine Änderung zur Erleichterung bringt immer drei Formulare mehr." Aber die Behandlung der Patienten, die "finde ich immer noch sehr schön - auch wenn der Anblick keineswegs immer schön ist", schmunzelt er. Obwohl sich auch hier sehr viel getan hat in den letzten 40 Jahren. Dr. Schneider findet: "Hammelburg hat sich nicht so sehr geändert, aber die Zahnmedizin hat sich verändert."
"Als ich hier nach Hammelburg kam, waren die Zähne der Kinder voller Karies", erinnert er sich. Bei Milchzähnen sei das damals den Leuten egal gewesen, die fielen ja sowieso aus, war die landläufige Meinung. Man hätte damals nicht akzeptiert, dass man auf seine Zähne achten muss. "Wir hatten unheimlich viel zu tun", sagt Dr. Schneider.
Dank der Zusammenarbeit der Bayerischen Landesarbeitsgemeinschaft Zahngesundheit e.V. (LAGZ) mit den Kassen, die Initiativen in Kindergärten und Schule gestartet haben, sei das heute ganz anders. "Mindestens zwei Drittel der Kinder haben heute gesunde Zähne." Das habe auch dazu geführt, dass die Kinder heutzutage ohne Schmerzen kauen können.
Maßgeblich dazu beigetragen hat das veränderte Putzverhalten. "Früher haben sich drei oder vier Leute in der Familie eine Zahnbürste geteilt, die Erwachsenen haben nur einmal pro Woche samstags nach dem Baden ihre Zähne geputzt", erzählt Dr. Schneider. Das habe sich zum Glück geändert. Dabei habe auch die Werbung geholfen. "Es war zwar nicht unser Verdienst, aber ich bin froh, dass ich das miterleben durfte", sagt der 71-Jährige.
Überhaupt durfte er große Fortschritte in der Zahnmedizin miterleben. Egal ob es um Füllungen ging oder vieles andere. Beim Bohren habe es Anfang der 70er Jahre zum Beispiel keine Spritze gegeben und wenn, dann musste diese selbst bezahlt werden. Der heutigen Generation gehe es da besser, sie brauche auch keine Angst mehr vor dem Zahnarzt zu haben.
Überhaupt habe die Zahnmedizin riesige Sprünge gemacht. Implantate zum Beispiel gab es früher gar nicht. Erste Versuche galten eher als exotisch. Heute seien sie Standard und hätten die Möglichkeiten der Behandlung extrem erweitert.
Zur Zahnmedizin kam Schneider nach der Bundeswehr "wie die Jungfrau zum Kind". Sein Vater war Lehrer. Die zentrale Vergabestelle habe ihm einen Studienplatz in Würzburg angeboten und dort wohnte seine Tante, bei der er unterkam. Er habe sich lediglich in Hammelburg niedergelassen, weil seine verstorbene Frau damals als Lehrerin an der Realschule war. Zwar wollte der gebürtige Österreicher, der am Niederrhein aufgewachsen ist, ursprünglich gar nicht bleiben.
Aber "der Nickels Hans hat mich überredet, weil es außer Dr. Spies und Dr. Emmerich damals keine jungen Zahnärzte hier gab".
Die Zeit in Hammelburg sei nicht immer ganz einfach gewesen, "das ist schon ein spezielles Völkchen", aber inzwischen "bin ich hier daheim, es ist wunderschön, ich fühl mich wohl, wir liegen optimal und weg fahre ich nur noch zum Urlaub machen", versichert Dr. Schneider, dass er auch seinen Ruhestand in der Saalestadt verleben wird. Dazwischen bekommt er Besuch von seinen vier Kindern und neun Enkeln und will wieder mehr Sport machen im Ruhestand. Er sei immer sehr sportlich gewesen, sei Rad gefahren und Triathlon und Marathon gelaufen. Aber in letzter Zeit war dafür kaum Zeit.
Das lag keineswegs nur an der Praxis. Dr. Schneider ist auch in der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Bayern (KZVB) sehr engagiert. Zweimal im Monat ist er als Vorsitzender der Vertreterversammlung nach München gefahren. Aber seine Patienten hätten stets Verständnis gezeigt, sagt er. "Mittwochnachmittag war er dann oft weg", erzählt seine Ehefrau Pauline, die ihm die ungeliebte Bürokratie abnimmt, die Terminplanung am Empfang macht und ihm auch sonst den Rücken frei hält.
Beiden war es sehr wichtig, dass ihre zwei Zahnarzthelferinnen wieder eine Stelle finden und das hat schnell geklappt. Mit sechs weiteren Zahnarztpraxen sei Hammelburg auch sehr gut versorgt, meint Dr. Schneider. Bei den Ärzten werde es enger, wenn viele wegen ihres Alters aufhören. Dass er keinen Nachfolger hat findet Schneider, dessen Sohn Orthopäde in Schweinfurt ist, deshalb auch nicht schlimm. Zudem sei die Praxis über der Falkenapotheke nicht barrierefrei zugänglich und mit 150 Quadratmetern sehr groß. Hier werden voraussichtlich nach Umbau und dem Anbau eines Aufzugs Wohnungen entstehen.
Dr. Schneider wird Ende des Jahres bei der Kassenärztlichen Vereinigung aufhören. Seine Arbeit in der Altersversorgung der (Zahn-)Ärzte und Tierärzte will er jedoch weiter machen. Hier sei er stets sehr aktiv gewesen, hält Vorträge und informiert. Für sein langjähriges berufspolitisches Engagement wurde er 2011 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet.
Zur Person Dr. Günter Schneider hat sich bei der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Bayerns (KZVB) stets engagiert. Unter anderem war er ab 1986 zunächst 2. dann 1. Vorsitzender des ZBV Unterfranken. Seit 1998 ist er Mitglied des Verwaltungsausschusses der Bayerischen Ärzteversorgung, seit 2000 Delegierter zur VV der KZVB und seit 2005 Referent für die Ärzteversorgung in der KZVB. Für sein langjähriges berufspolitisches Engagement wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.
Zahnärzte In Hammelburg-Stadt gibt es außer der Praxis von Dr. Günter Schneider weitere sechs Zahnarztpraxen, die zum Teil weitere Assistenzärzte haben. Die Versorgung sei daher gut, meint Schneider.
Hausärzte Einer Erhebung der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern von 2014 zufolge waren damals von 20 Hausärzten im Planungsbereich Hammelburg (entspricht dem Altlandkreis), elf älter als 59 Jahre und acht älter als 63 Jahre. Mit 20 Stellen galt der Hammelburger Raum zwar in Relation zur Bevölkerung mit einem Versorgungsgrad von 122 Prozent als überversorgt. Bei dem Durchschnittsalter ist aber absehbar, dass in den nächsten Jahren Ärzte aufhören werden. red
"Die Bürokratie ist nicht so meins", gesteht er, "eine Änderung zur Erleichterung bringt immer drei Formulare mehr." Aber die Behandlung der Patienten, die "finde ich immer noch sehr schön - auch wenn der Anblick keineswegs immer schön ist", schmunzelt er. Obwohl sich auch hier sehr viel getan hat in den letzten 40 Jahren. Dr. Schneider findet: "Hammelburg hat sich nicht so sehr geändert, aber die Zahnmedizin hat sich verändert."
Umdenken hat stattgefunden
"Als ich hier nach Hammelburg kam, waren die Zähne der Kinder voller Karies", erinnert er sich. Bei Milchzähnen sei das damals den Leuten egal gewesen, die fielen ja sowieso aus, war die landläufige Meinung. Man hätte damals nicht akzeptiert, dass man auf seine Zähne achten muss. "Wir hatten unheimlich viel zu tun", sagt Dr. Schneider.Dank der Zusammenarbeit der Bayerischen Landesarbeitsgemeinschaft Zahngesundheit e.V. (LAGZ) mit den Kassen, die Initiativen in Kindergärten und Schule gestartet haben, sei das heute ganz anders. "Mindestens zwei Drittel der Kinder haben heute gesunde Zähne." Das habe auch dazu geführt, dass die Kinder heutzutage ohne Schmerzen kauen können.
Fortschritte der Zahnmedizin
Maßgeblich dazu beigetragen hat das veränderte Putzverhalten. "Früher haben sich drei oder vier Leute in der Familie eine Zahnbürste geteilt, die Erwachsenen haben nur einmal pro Woche samstags nach dem Baden ihre Zähne geputzt", erzählt Dr. Schneider. Das habe sich zum Glück geändert. Dabei habe auch die Werbung geholfen. "Es war zwar nicht unser Verdienst, aber ich bin froh, dass ich das miterleben durfte", sagt der 71-Jährige.Überhaupt durfte er große Fortschritte in der Zahnmedizin miterleben. Egal ob es um Füllungen ging oder vieles andere. Beim Bohren habe es Anfang der 70er Jahre zum Beispiel keine Spritze gegeben und wenn, dann musste diese selbst bezahlt werden. Der heutigen Generation gehe es da besser, sie brauche auch keine Angst mehr vor dem Zahnarzt zu haben.
Überhaupt habe die Zahnmedizin riesige Sprünge gemacht. Implantate zum Beispiel gab es früher gar nicht. Erste Versuche galten eher als exotisch. Heute seien sie Standard und hätten die Möglichkeiten der Behandlung extrem erweitert.
Ein "spezielles Völkchen"
Zur Zahnmedizin kam Schneider nach der Bundeswehr "wie die Jungfrau zum Kind". Sein Vater war Lehrer. Die zentrale Vergabestelle habe ihm einen Studienplatz in Würzburg angeboten und dort wohnte seine Tante, bei der er unterkam. Er habe sich lediglich in Hammelburg niedergelassen, weil seine verstorbene Frau damals als Lehrerin an der Realschule war. Zwar wollte der gebürtige Österreicher, der am Niederrhein aufgewachsen ist, ursprünglich gar nicht bleiben.
Aber "der Nickels Hans hat mich überredet, weil es außer Dr. Spies und Dr. Emmerich damals keine jungen Zahnärzte hier gab".Die Zeit in Hammelburg sei nicht immer ganz einfach gewesen, "das ist schon ein spezielles Völkchen", aber inzwischen "bin ich hier daheim, es ist wunderschön, ich fühl mich wohl, wir liegen optimal und weg fahre ich nur noch zum Urlaub machen", versichert Dr. Schneider, dass er auch seinen Ruhestand in der Saalestadt verleben wird. Dazwischen bekommt er Besuch von seinen vier Kindern und neun Enkeln und will wieder mehr Sport machen im Ruhestand. Er sei immer sehr sportlich gewesen, sei Rad gefahren und Triathlon und Marathon gelaufen. Aber in letzter Zeit war dafür kaum Zeit.
Das lag keineswegs nur an der Praxis. Dr. Schneider ist auch in der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Bayern (KZVB) sehr engagiert. Zweimal im Monat ist er als Vorsitzender der Vertreterversammlung nach München gefahren. Aber seine Patienten hätten stets Verständnis gezeigt, sagt er. "Mittwochnachmittag war er dann oft weg", erzählt seine Ehefrau Pauline, die ihm die ungeliebte Bürokratie abnimmt, die Terminplanung am Empfang macht und ihm auch sonst den Rücken frei hält.
Gute Versorgung
Beiden war es sehr wichtig, dass ihre zwei Zahnarzthelferinnen wieder eine Stelle finden und das hat schnell geklappt. Mit sechs weiteren Zahnarztpraxen sei Hammelburg auch sehr gut versorgt, meint Dr. Schneider. Bei den Ärzten werde es enger, wenn viele wegen ihres Alters aufhören. Dass er keinen Nachfolger hat findet Schneider, dessen Sohn Orthopäde in Schweinfurt ist, deshalb auch nicht schlimm. Zudem sei die Praxis über der Falkenapotheke nicht barrierefrei zugänglich und mit 150 Quadratmetern sehr groß. Hier werden voraussichtlich nach Umbau und dem Anbau eines Aufzugs Wohnungen entstehen.Dr. Schneider wird Ende des Jahres bei der Kassenärztlichen Vereinigung aufhören. Seine Arbeit in der Altersversorgung der (Zahn-)Ärzte und Tierärzte will er jedoch weiter machen. Hier sei er stets sehr aktiv gewesen, hält Vorträge und informiert. Für sein langjähriges berufspolitisches Engagement wurde er 2011 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet.
Zur Person Dr. Günter Schneider hat sich bei der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Bayerns (KZVB) stets engagiert. Unter anderem war er ab 1986 zunächst 2. dann 1. Vorsitzender des ZBV Unterfranken. Seit 1998 ist er Mitglied des Verwaltungsausschusses der Bayerischen Ärzteversorgung, seit 2000 Delegierter zur VV der KZVB und seit 2005 Referent für die Ärzteversorgung in der KZVB. Für sein langjähriges berufspolitisches Engagement wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.
Zahnärzte In Hammelburg-Stadt gibt es außer der Praxis von Dr. Günter Schneider weitere sechs Zahnarztpraxen, die zum Teil weitere Assistenzärzte haben. Die Versorgung sei daher gut, meint Schneider.
Hausärzte Einer Erhebung der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern von 2014 zufolge waren damals von 20 Hausärzten im Planungsbereich Hammelburg (entspricht dem Altlandkreis), elf älter als 59 Jahre und acht älter als 63 Jahre. Mit 20 Stellen galt der Hammelburger Raum zwar in Relation zur Bevölkerung mit einem Versorgungsgrad von 122 Prozent als überversorgt. Bei dem Durchschnittsalter ist aber absehbar, dass in den nächsten Jahren Ärzte aufhören werden. red
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