Das Tränchen im Auge muss Petra Morschhäuser aus Mitgenfeld sich verkneifen. 24 Jahre hat sie gemeinsam mit Christa Ankenbrand Aqua-Fitnesskurse in der Sinnflut gegeben. In Spitzenzeiten bis zu acht Mal pro Woche, außer in den Ferien. Die Kurse wurden Kult. Nun treten beide vom Becken zurück. Oder doch nicht ganz?
Aqua-Fitness ist ein Training für den ganzen Körper, im flachen und im tiefen Wasser, mit oder ohne Geräte wie Schwimmnudel, Hantel, oder Kick-Box-Handschuh. Der Trend schwappte in den 1990er-Jahren aus den Vereinigten Staaten nach Europa.
Aquajogging-Angebot in Münnerstadt
Irgendwann in dieser Zeit fiel Christa Ankenbrand über ihren Mann Jürgen ein Faltblatt mit einem Aquajogging-Angebot aus Münnerstadt in die Hände. Sie rief ihre Bekannte Morschhäuser an mit den Worten: „Das ist etwas für uns.“
Die gebürtige Schönderlingerin arbeitete damals als Friseurin; Ankenbrand kam zu ihr zum Haareschneiden. Beide hatten Kinder im gleichen Alter – und eine Verbindung zur Sinnflut .
Beide haben Bezug zur Sinnflut
Ankenbrand schon allein deswegen, weil ihr Mann seit 1996 Betriebsleiter der Therme war (bis Sommer dieses Jahres). Die heute 60-Jährige war ihm aus dem hessischen Obertshausen nach Bad Brückenau gefolgt. Gelernt hatte sie Krankenschwester, dann aber eine Weiterbildung zur Lehrerin für Pflegeberufe gemacht. Sie arbeitet an einer staatlichen Pflegeschule in Fulda.
Beide Frauen verband ihre Begeisterung für Sport, Morschhäuser als Läuferin , Ankenbrand als Leichtathletin . Trotzdem reagierte Letztere skeptisch, als ihre Bekannte auf sie zukam. Ob die Idee funktionieren könnte, fragte sie.
Sie würde. Am 29. November 1998 starteten die beiden Frauen mit ihrem ersten Aqua-Fitness-Kurs „in eine Karriere, von der wir nicht wussten, dass es eine werden würde“, so Morschhäuser. Es gelang auch, weil die Leiterinnen vom damaligen Stadtwerke-Chef Günter Schneider unterstützt wurden.
Erst Skepsis, dann Begeisterung
Der erste Kurs der beiden bestand aus einer festen Gruppe von acht Leuten, die sich über fünf Wochen hinweg jeweils dienstags und donnerstags trafen. Von Beginn an herrschte Aufgabenteilung. Morschhäuser kümmerte sich um das Warm-up mit Aerobic im flachen Wasser, ehe Ankenbrand im tiefen Becken mit dem Jogging übernahm.
Das heißt nicht, dass die eine nicht auch das konnte, was die andere meistens tat. Beide betonen, dass sie sich in den 24 Jahren stets austauschten, füreinander eintraten und einsprangen.
Aqua-Fitness wird zum Selbstläufer
Die Aqua-Fitness in der Sinnflut – sie wuchs, entwickelte sich zum Selbstläufer. Immer mehr Menschen nahmen daran teil, anfangs zu 90 Prozent Frauen, nur vereinzelt Männer. Später näherte sich das Verhältnis etwas an. „Wir haben immer gewitzelt, dass Aqua-Fitness zu anstrengend ist für Männer“, erinnert sich Morschhäuser.
Sie und Ankenbrand professionalisierten sich, ließen sich offiziell zu Aqua-Fitnesstrainerinnen ausbilden, besuchten Weiterbildungen, vermittelten selbst ihr wissen an andere. Auch holten sie Koryphäen der Sportart in die Sinnflut , darunter Brita Karnahl und Thomas Rau.
Acht Termine in nur einer Woche
In Spitzenzeiten besuchten insgesamt 150 Menschen pro Woche die Kurse. Acht Termine deckten die Trainerinnen in dieser Zeit innerhalb der fünf Wochentage ab. Dazu kamen „Sonderaktionen“ wie die Aqua-Fitness nach dem alljährlichen Stadtfestlauf (fand vor der Corona-Pandemie zum bisher letzten Mal statt).
Ein Aufwand, den die Trainerinnen ohne Rückendeckung aus der Familie und Hilfe durch das Sinnflut-Team nie hätten stemmen können. „Nie ist ein Kurs ausgefallen“, sagt Morschhäuser. Und Christa Ankenbrand erinnert sich an eine „sehr intensive und vollgeladene Zeit, die aber auch sehr spannend war“.
Nun aber ziehen sich die beiden Trainerinnen zurück. Der Zahn der Zeit hat auch an ihrer Gesundheit genagt, sagen sie. „Ohnehin haben wir überlegt, wie lange wir das noch machen“, sagt Ankenbrand. Eigentlich sollte es gehen, bis die Sinnflut für Teilneubau und Sanierung voraussichtlich noch 2023 zumacht.
Abrupter, aber rauschender Abschied
Nun kommt das Ende doch abrupt. An diesem Dienstag stieg der letzte Aqua-Fitnesskurs. Zu den Gründen dafür verweisen die Trainerinnen auf die Stadtwerke, die die Therme betreiben.
Der Abschied dürfte ein vielbeachteter gewesen sein. Mehr als 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten sich angemeldet. „Wir sind sehr traurig, haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht“, sagt Petra Morschhäuser. Und Christa Ankenbrand ergänzt: „Mit werden die bewegten Abende fehlen. Es ist so endgültig; das fühlt sich komisch an.“
Selber Aqua-Fitness in der Sinnflut machen
Aus den Augen verlieren werden sich die beiden Frauen aber nicht, im Gegenteil. Sie planen, auch im nächsten Jahr einmal die Woche Aqua-Fitness in der Sinnflut zu betreiben. Ohne Kursteilnehmer, aber gemeinsam, als Team. Wie sie es 24 Jahre lang waren.
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