Vermutlich kämpft er noch immer mit der Vergiftung, die Ausmaße der Kopfschmerzen müssen biblisch sein. Vor zwei Tagen, am 16. April, wurden Polizisten in Bad Brückenau zu einem Streit am Sinntor gerufen. Und fanden einen 21-Jährigen, im Regen liegend, kaum ansprechbar – und man kann es nicht anders sagen: sternhagelvoll. Er wurde ins Krankenhaus gebracht, dort wurde festgestellt, dass er 4,17 Promille im Blut hatte. Ein lebensgefährlicher Wert. Zwei Ärzte aus dem Helios St. Elisabeth-Krankenhaus in Bad Kissingen sagen dazu: Die meisten Menschen hätten das nicht überlebt.
Wie erreicht man überhaupt so einen hohen Wert – das geht doch nicht nur mit Bier allein, oder?
Dr. Dr. Johannes Weiß : Es kommt grundsätzlich auf die Menge an. Man spricht in der Rechtsmedizin von sogenannten Trinkeinheiten: also einem 0,5l Bier, 0,25l Wein oder 4cl Schnaps. Diese enthalten jeweils 20 Milligramm Alkohol, das entspricht ungefähr 0,4 Promille. Würde man also zehn Bier auf einmal trinken würde man diesen Wert erreichen, das dürfte aber kaum zu schaffen sein.
Solch hohe Werte erreichen in der Regel nur schwere Alkoholiker, die an solche Spiegel gewöhnt sind. Bei den meisten Menschen wird es ab zwei Promille sehr gefährlich, teilweise sogar lebensbedrohlich. Vier Promille würden die meisten Menschen nicht überleben.
MUDr.* Jakub Ježek: Der Körper baut normalerweise 0,1 bis 0,15 Promille Alkohol pro Stunde ab. Man muss also bedenken, dass der Körper in 24 Stunden maximal 2,4 bis 3,6 Promille abbauen kann. Dies ist auch nicht steigerbar, da für den Abbau Enzyme verantwortlich sind, die nicht schneller arbeiten können. Viele unterschätzen daher besonders den Restalkohol am nächsten Morgen. Dieser ist sehr gefährlich. Für einen selbst, aber auch für das Umfeld, insbesondere im Straßenverkehr.
Was passiert aktuell im Körper, wenn der derart vergiftet wird? Wie reagieren Hirn, Leber, Herz und Kreislauf?
Dr. Dr. Weiß: Die Wirkung und Intoxikation durch Alkohol läuft in verschiedenen Phasen ab. Anfangs steht die Entspannung und das Aufgekratztsein, was die meisten Menschen vermutlich kennen.
MUDr. Ježek: Anschließend kommt es zu Ausfallerscheinungen, wie Konzentrationsstörung, Gleichgewichtsstörung, Sehstörung und Orientierungsstörung oder auch das bekannte Lallen, also die fehlende Kontrolle über die Sprache.
Dr. Dr. Weiß: Schreitet die Alkoholintoxikation fort, setzt häufig eine starke Müdigkeit ein. Es kommt zu weiterem Kontrollverlust, schließlich kann auch ein Koma auftreten. Das ist dann natürlich der Punkt, an dem es lebensgefährlich wird.
Schädigt der Alkohol im jungen Alter in solchen Konzentrationen den Körper mehr als einen älteren Körper?
Dr. Dr. Weiß: Bei jungen Menschen kann sich das Gehirn noch in der Entwicklung befinden. Bei einer solchen Alkoholintoxikation sterben gleichzeitig viele Gehirnzellen ab, was sich negativ auf die Gehirnentwicklung auswirken kann.
MUDr. Ježek: Junge Menschen können häufig sehr schlecht einschätzen, wie viel Alkohol sie vertragen, da sie vermutlich noch wenig Erfahrung damit haben. Deshalb werden Sie häufig von der Intoxikation überrascht, weil der Effekt sehr plötzlich und schneller als gedacht einsetzen kann. Es ist ganz wichtig zu betonen, dass junge Menschen unbedingt medizinische Hilfe rufen sollten, falls im Freundes- oder Bekanntenkreis sich jemand bis ins Koma trinkt. Auf keinen Fall sollte man sich schämen, Angst haben oder probieren, das Problem selbst zu lösen. Hier kann es sonst zu fatalen Folgen kommen.
Warum ist Alkohol so gefährlich?
Dr. Dr. Weiß: Alkohol ist ein Zellgift und schädigt den Körper an den unterschiedlichsten Organen. Am bekanntesten ist die Leberschädigung, die über eine Leberverfettung bis hin zur Leberzirrhose bei einem chronischen Konsum führen kann. Alkohol begünstigt außerdem die Entstehung von Bluthochdruck , kann das Herz schädigen und zu Hirn- sowie Nervenschäden führen. Außerdem erhöht Alkohol das Krebsrisiko. Bis zu 200 Erkrankungen können mit einem chronischen Alkoholkonsum in Verbindung gebracht werden.
MUDr. Ježek: Und natürlich birgt Alkohol ein erhöhtes Verletzungsrisiko. Wir sehen vor allem Sturzverletzungen, Knochenbrüche und Platzwunden als unmittelbare Folge von Alkoholkonsum bei uns in der Notaufnahme. Auch das Umfeld wird dadurch gefährdet. Insbesondere natürlich im Straßenverkehr. Alkohol ist zwar eine legale Droge, die aber viele Gefahren mit sich bringt.
*Der Titel MUDr. Ist ein sogenanntes Berufsdoktorat, der nach dem Abschluss eines Medizinstudiums in Tschechien oder der Slowakei verliehen wird.
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