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Bad Kissingen
1933 in Würzburg und in Bad Kissingen
„Lernen wir aus der Geschichte?“ Diese Frage werden sich die rund 120 Gäste beim VHS-Vortrag unter dem Titel „Die Machtergreifung 1933 in Würzburg...
Redaktion
 |  aktualisiert: 07.11.2023 15:44 Uhr

„Lernen wir aus der Geschichte?“ Diese Frage werden sich die rund 120 Gäste beim VHS-Vortrag unter dem Titel „Die Machtergreifung 1933 in Würzburg und Bad Kissingen “ sicherlich öfter im Stillen gestellt haben. Referent Peter Weidisch hat dazu eine klare Meinung: „Als Historiker habe ich meine Zweifel.“

Der Vortrag führte zurück in das Jahr 1933 und es waren die ersten Schritte in das „1000-jährige Reich“, dass schließlich nur zwölf Jahre dauerte. Manchmal genügt ein kleines Zeitfenster in der Vergangenheit, um einschneidende Entwicklungen darzustellen. Manchmal sind es „Daten, die sich einbrennen“, so Peter Weidisch und nannte den 9. November, der in den Jahren 1918, 1938 und 1989 bedeutend war. Kurz streifte er den Anfang des Jahres 1933 mit Ernennung Hitlers zum Reichskanzler , den nachfolgenden Inszenierungen der NSDAP und den Übergang zu einem permanenten Ausnahmezustand, der den Weg zur Führer-Diktatur mit Hilfe von Notverordnungen bereitete: Einerseits die Verordnung zum Schutz von Volk und Staat vom 28. Februar 1933 und später das Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933.

Würzburg und Bad Kissingen standen für Peter Weidisch im Mittelpunkt seines Vortrages: Würzburg mit einem Drittel NSDAP-Anteil bei den März-Wahlen, Bad Kissingen mit 56 Prozent. Insgesamt kam die NSDAP bei den Reichstagswahlen auf 43,9 Prozent. Die Mitglieder waren „nicht die Gewinner der Wahl, aber sie reagierten am schnellsten auf das Ergebnis“, so Peter Weidisch. Es sei zu einem revolutionären Druck „von unten“ gekommen, der in Würzburg und Bad Kissingen zum Hissen der Hakenkreuzfahne, zu Besetzungen von Gebäuden durch die SA geführt habe. Dabei zeigte Weidisch, dass man in Bad Kissingen aufgrund der Wahlergebnisse mit Horst-Wessel-Lied und Versammlungen schneller reagierte als Würzburg, wo SPD und BVP (Bayerische Volkspartei) noch stärker waren. Hausdurchsuchungen und Verhaftungen – sogenannte „ Schutzhaft “ – waren weitere Folgen der Machtübernahme. Sonder- und Unterkommissare – meist aus der SA – wurden wichtig zur Stabilisierung der Macht.

Mit der Gleichschaltung wurden nicht nur die Bundesländer aufgelöst, sondern alle Verbände und Organisationen wurden auf die NSDAP ausgerichtet. Kritische Presse wurde unterbunden, wobei die Kissinger Presse eher kritiklos war und daher weniger Einschränkungen hatte. Ein Boykott der jüdischen Geschäfte – dokumentiert durch historische Aufnahmen – wurde auch von der Kissinger Stadtverwaltung umgesetzt.

Während in Würzburg der Oberbürgermeister dem NSDAP-Kreisleiter Theo Memmel weichen musste, konnte Dr. Max Josef Pollwein bis 1939 im Amt bleiben. Einerseits aufgrund seiner Erfolge, die im Stadtbild sichtbar waren, andererseits weil mit Kreisleiter Karl Renner kein qualifizierter NSDAP-Bewerber antrat. Als „Kniefall vor der NSDAP “ bezeichnete Weidisch die NSDAP-Mitgliedschaft von Dr. Pollwein. Gravierende Veränderungen gab es durch das Gleichschaltungsgesetz vom 31. März 1933, denn durch Verbote von SPD oder Einschüchterung veränderte sich die Zusammensetzung der Stadtparlamente radikal zugunsten der NSDAP . Waren es in Bad Kissingen davor noch 20 Stadträte aus acht Fraktionen, so waren es danach 14 Stadträte von der NSDAP . Damit gab es keine demokratische Legitimation des Stadtrates mehr, so Peter Weidisch.

Wie schnell und tiefgreifend diese wenigen Tage das Leben in Bad Kissingen veränderten, zeigte Weidisch exemplarisch anhand von Straßenumbenennungen. So wurde auf Anordnung Pollweins die Kurhausstraße in „Adolf-Hitler-Straße“ umbenannt. Reichspräsident Hindenburg und Reichskanzler Hitler durften sich im Goldenen Buch der Stadt eintragen, wobei das historische Buch von 1889 den beiden „hinterhergetragen wurde“.

In der Flut vaterländischer, durch Hakenkreuzfahne und Uniformen geprägte Veranstaltungen zeigte sich die Durchdringung aller öffentlichen Bereiche. Organisationen und Vereinigungen, aber auch die Kirchen beugten sich den diktatorischen Bestrebungen und zeigten auch öffentliche Zustimmung zu den neuen Machtverhältnissen.

„Haben wir die Macht, dann werden wir sie nie wieder aufgeben, es sei denn man trägt uns als Leichen aus unseren Ämtern heraus.“ – mit diesem Zitat von Joseph Goebbels am 30. Januar 1933 beendete Peter Weidisch seinen Vortrag. Für ihn eine apokalyptische Prophezeiung, die sich in den folgenden zwölf Jahren erfüllen sollte. Die Ereignisse der Geschichte seien ein Appell für Zivilvourage, Menschlichkeit, Toleranz und Einsatz für die Demokratie , machte Peter Weidisch deutlich.

 
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