In Kellers Geschichte wird ein armer Schneider bei seinem Erscheinen in einem Wirtshaus für einen Grafen gehalten und versäumt aus Schüchternheit den rechten Moment, die Verwechslung aufzuklären. Rolf Heiermann aktualisiert die Handlung in seiner Version der Geschichte: Ein fremdländisch wirkender junger Mann strandet in einem Hotel in einer ländlichen Gegend. Auch er wird für einen anderen gehalten und dementsprechend behandelt. Aus Leichtsinn spielt er diese Rolle mit, ohne zu ahnen, welche Turbulenzen er mit dieser Entscheidung auslöst.
Die unterhaltsame und tiefsinnige Erzählung ist eine der bekanntesten Novellen Gottfried Kellers und wird auch gerne als Schullektüre gelesen. Sie kombiniert geschickt das Archaische und das Aktuelle, das Poetische und das Realistische. Dem Literaturwissenschaftler Klaus Jeziorkowski zufolge werden die Erzählungen von Gottfried Keller „vielleicht ganz besonders von jugendlichen Lesern auch deshalb so anhaltend geschätzt, weil sie Identifikationsangebote machen“. „Kleider machen Leute“ erschien 1874 und wurde auch mehrfach verfilmt, u.a. 1940 durch Helmut Käutner mit Heinz Rühmann als Wenzel und 1962 durch Paul Verhoeven und Leopold Ahlsen mit Hanns Lothar in der Hauptrolle.