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SCHWEINFURT
Zwischen Drogenkrieg und Dorfidyll: Mexikanische Grenzerfahrungen
Der Ruf nach Gerechtigkeit: Mit eindrucksvollen Fotos und seiner Musik macht Josué Avalos auf die Situation in seinem Heimatland Mexiko aufmerksam.
Foto: avalos | Der Ruf nach Gerechtigkeit: Mit eindrucksvollen Fotos und seiner Musik macht Josué Avalos auf die Situation in seinem Heimatland Mexiko aufmerksam.
Von unserer Mitarbeiterin Ursula Lux
 |  aktualisiert: 16.12.2020 12:30 Uhr

Was macht es für einen Unterschied, ob ein Mensch einen Kilometer weiter nördlich oder südlich geboren wird? Nun, ob man im Norden Mexikos, in Ciudad Juárez, geboren ist oder in der Zwillingsstadt El Paso in Texas, das bestimmt über ein ganzes Leben.

Während El Paso eine der sichersten Städte der USA ist, ist Ciudad Juárez von allen mexikanischen Städten die unsicherste, von den Drogenkriegen am meisten betroffene.

Der mexikanische Sänger und Liedermacher Josué Avalos setzt seine Erfahrungen dort in Musik um. Man muss nicht Spanisch können, um seine Musik zu verstehen. Sie berührt und geht direkt ins Herz. Gemeinsam mit seiner Partnerin Aline Navaro aus Argentinien erzählt er in Liedern die Geschichte Lateinamerikas, vom Kampf um Land bis hin zu ausgestorbenen Vögeln.

Das Theater an der Disharmonie hatte eingeladen zu „Grenzerfahrungen“. Mit Musik, eindrucksvollen Fotografien und im Gespräch mit Avalos entstand das Bild der nordmexikanischen Grenzregion, einer der markantesten Grenzen weltweit. „Die natürliche Grenze war einst der Rio Grande“, erzählt Avalos. Den aber haben die US-Amerikaner umgeleitet und im so trockengelegten Flussbett ihre kilometerlange Grenzanlage aufgebaut, die USA hermetisch gegen Mexiko hin abgeriegelt.

Ein Land voller Widersprüche

Avalos schildert ein Land voller Widersprüche. Da ist einerseits die Gewalt der Drogenkriege, andererseits aber auch eine Region, die sich autark verwaltet, in der die Bewohner ein eigenes System aufgebaut haben, weil Hochhäuser ihre einzige Wasserquelle gefährdeten. Und er macht deutlich, dass das Problem der Gewalt kein rein mexikanisches ist. Zwar kämpfen Drogenbanden gegeneinander, aber kaum ein Mexikaner ist drogenabhängig. Die Drogen gehen nach Europa und in die USA. „Würden die Europäer aufhören, Drogen zu konsumieren, dann wäre kein Markt mehr da und die Drogenmafia arbeitslos“, meint Avalos.

Bei den Untersuchungen zur Entführung von 43 Studenten in Iguala im Bundesstaat Guerrero habe man bei den Nachforschungen viele deutsche Waffen gefunden, erzählt der Sänger. Und er fragt, warum Deutschland in solche Länder Waffen liefere. Seit 15 Jahren ist Avalos in Deutschland. „Ich hätte nie gedacht, dass ich in Deutschland bleiben und diese Sprache lernen kann“, erinnert er sich. Aber besonders für seine Musik sei Deutschland ideal. „Die Menschen hier lassen sich auch auf Neues ein und hören aufmerksam zu.“

Zuhörenswert war das, was Avalos und seine stimmgewaltige Partnerin darboten, allemal. Und nicht nur das, der Einblick in die Realität Mexikos gab auch viel Stoff zum Nachdenken. Wenn Menschen in Deutschland jetzt auf die Straße gingen gegen das Freihandelsabkommen TTIP, dann würde es helfen, wenn sie einmal nach Lateinamerika schauten, meinte der Liedermacher. Dort gibt es seit 1994 die Freihandelszone NAFTA, Firmen wie Nike und Lewis produzieren hier zu Löhnen, die 15-mal niedriger sind als in den USA. „In Mexiko gelten die Gesetze der Firmen“, betont Avalos.

Die Welt, die der Musiker erlebt, fließt in seine Lieder ein und mit und durch seine Songs wird er zu einem Kämpfer für eine gerechtere Welt.

Berührend: Lieder, die unter die Haut gehen, präsentierte Josué Avalos gemeinsam mit seiner Partnerin Aline Navaro auf der Bühne der Disharmonie.
Foto: Ursula Lux | Berührend: Lieder, die unter die Haut gehen, präsentierte Josué Avalos gemeinsam mit seiner Partnerin Aline Navaro auf der Bühne der Disharmonie.
 
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