In den 80er Jahren schossen Kneipen und Clubs wie Pilze aus dem Boden: „Mambo Chambo“, „Café Franz“ oder „Wintergarten“ gibt es heute nicht mehr. „Caféhaus Brückenbäck“, „Café Grande“ oder „Zauberberg“ aber laufen noch immer. Verknüpft mit der gastronomisch fruchtbaren Zeit sind viele Würzburger Persönlichkeiten: Michael Bauer, Stefan Diehl, Gerd Ehehalt und Sonny May, Jörg Sannemann, Georg Stößel und natürlich viele mehr.
„Wir waren unheimlich kreativ“, sagt Jörg Sannemann, der damals in Würzburg eine Menge Ideen verwirklicht hat: der „Brückenbäck“, „Café Grande“, „Sander’s“, Gourmetküche im „Postkutscherl“, „Scala“, „Häfele“ (heute Tiepolo), „Berggasthof Schmatz“ oder das Weindorf am Hubland als Vorläufer des innerstädtischen Weindorfes sind unter seiner Regie in dieser Zeit entstanden.
Das zeitgeistigste seiner Gastronomiekonzepte: das „Schnellcafé Neublau“. Mit blauem PVC-Noppen-Boden, blauer Theke und weißen Tischen war die Kneipe in der Neubaustraße mit ihrem klaren und hellen Design der konsequente Gegenentwurf zum braunen, räucherstäbchenduftigen, dunklen Teestubenflair der 70er Jahre. Bis zur Eröffnung 1982 hatten Würzburger New-Wave-Bars nur in Frankfurt oder Berlin erleben können. „Wir waren unserer Zeit voraus“, sagt Sannemann. Doch vielen Würzburgern war das Neublau zu cool: Nach zwei Jahren wurde es von ihm zum bis heute erfolgreichen „Uni-Café“ umgebaut.
Glitzernde Theken, gläserner Tanzboden und legendäre Partys: Das „Paramount“ war in den 80ern der schickste Club der Stadt. Der Playboy listete ihn sogar unter den Top-Ten-Discos Deutschlands auf. Hier spielten „Haindling“, „Spider Murphy Gang“ oder „Pasadena Roof Orchestra“. Star-Techno-DJ Sven Väth war Stammgast. Und Ute Kempf stand an der Tür. „Das war eine super Zeit“, sagt sie heute zu ihrer Tätigkeit, mit der sie ihr Studium finanzierte und die viel mehr als ein Job war. „Jeder, der hier gearbeitet hat, hat sich mit dem Laden identifiziert. Wir waren alle befreundet, viele sind es auch heute noch.“ Wenn um 3 Uhr geschlossen wurde, ging es gemeinsam zum „Feierabend“ nach Frankfurt oder ins Airport.
„Tolle Leute.“ Das ist auch für Sonny May das Besondere des „Paramount“ gewesen. Die Mitarbeiter und die bunte Mischung der Gäste hätten den Stil des „Paramount“ ausgemacht. Zusammen mit Gerd Ehehalt hatte Innenarchitekt May neben dem Club in der Karmelitenstraße in den 70er Jahren noch den „Nachtwächter“ und das „Backöfele“, später unter anderem „La Mama“, „Café Franz“, „Cafe Klug“ und den „Nikolaushof“ eingerichtet und aufgebaut. Das „Paramount“ führte er mit Stefan Diehl. Als DJ prägte er den Musikstil. „Arbeits- aber auch lebensintensiv,“ nennt er diese Zeit. „Popperladen“ – so hieß dieser Club, dessen Stammgäste gerne mit ihrem Paramount-Stern am Schlüsselbund klimperten, im Jargon der Leute, die im „Zauberberg“ tanzten: Gerne barfüßig. Statt Karottenhose und asymmetrischen Kurzhaarschnitt trug man dort Latzhosen und mit Henna gefärbte Haare. Ab 1984 auch gerne orange-rote fließende Gewänder und Holzperlenkette: Nachdem Geschäftsführer Franz Amrehn einen wöchentlichen „Sanyassin-Tag“ einführte, befürchteten konservative Kommunalpolitiker, dass der Zauberberg zur „Bhagwan-Disco“ werde und Würzburgs Jugend gefährdet sei.
Die Jugendlichen schwänzten die Schule im „Knarrr&Wuttich“, hingen am Marktplatz oder im „Falkenhof“ rum und durften samstags bis 22 Uhr in die „Kinderdisco“ der Tanzschulen „Bäulke“ oder „Hartung“.
Wer älter war, kam auch ins „Aqualung“, „Brazil“, „Caveau“, „Labyrinth“, Monokel“, „Mambo Chambo “, „Studentenkeller“ . . . Getrunken wurde Altbierbowle, Blue Curaao, Batida de Coco. Und am Ende der Nacht im Marktcafé Brandstetter zu frühstücken, war schon damals Kult.
„Die extreme Entwicklung der Gastronomieszene in dieser Zeit war außergewöhnlich“, sagt Jörg Sannemann. Die, die damals in Würzburg aktiv waren, „hatten Ideen und schafften es, sie umzusetzen.“ Von Kraft und Kreativität der Beteiligten schwärmt auch Sonny May heute noch. Und: „Alle hatten viel Spaß dabei.“