Der aus Thagaste im römischen Nordafrika, dem heutigen Souk Ahras in Algerien, stammende und als Heiliger verehrte Theologe, Philosoph und Bischof Augustinus von Hippo (354-430) ist eine der interessantesten Gestalten der Spätantike. Er hat die abendländische Kultur entscheidend mitgeprägt.
Durch die einzigartige Hinterlassenschaft von etwa 120 Werken erlaubt er einen – mit kaum einer anderen Person der Antike vergleichbaren – Einblick in sein Denken und Wirken. Seine Theologie beeinflusste die Lehre der katholischen Kirche ebenso wie die des Augustinermönchs Martin Luther und Johannes Calvins.
Augustinus berichtet in seiner Lebensbeichte „Confessiones“ (Bekenntnisse) von wüsten Jugendjahren und mehreren Geliebten. Zeitweise gehörte er einer Straßenbande an, steht im „Ökumenischen Heiligenlexikon“. Während sein Vater noch Anhänger des römischen Götterglaubens war, erzog ihn seine Mutter Monnica im christlichen Glauben. Statt zur Religion seiner Mutter fühlte sich Augustinus jedoch zunächst zu einer geistig-religiösen Strömung hingezogen, die dem Christentum zu schaffen machte: dem Manichäismus, der eine strenge Teilung der Welt in Gut und Böse lehrte.
Aus dem Zusammenleben mit einer Frau (ihr Name ist nicht überliefert, in der Kirchenoper heißt sie Stella), von der er sich 395 im Alter von 41 Jahren auf Betreiben seiner Mutter trennte, ging ein Sohn, Adeodatus, hervor.
Augustinus schloss zunächst ein Jurastudium ab und war danach als erfolgreicher Professor für Rhetorik in Thagaste tätig. Über die Zwischenstation Rom kam er nach Mailand, damals Hauptstadt des römischen Reiches, um auch dort als Hochschullehrer zu arbeiten. Seine Mutter reiste ihm nach und überrede ihn, die Beziehung zu seiner Geliebten abzubrechen.
Augustinus zog sich aus seinem Beruf zurück, kehrte in seine Heimatstadt zurück, verkaufte sein Vermögen und lebte drei Jahre mit Gleichgesinnten in klosterähnlicher Weise. 391 wurde er zum Priester geweiht, 395 zum Bischof von Hippo Regius, einer Küstenstadt im heutigen östlichen Algerien, deren Reste sich in der Stadt Annaba befinden.
Der begeisternde Prediger bekämpfte scharf alle abweichenden Lehren. Durch seine Auseinandersetzung mit den theologischen Strömungen der Christenheit seiner Zeit wurde Augustinus zum Mittelpunkt der afrikanischen, bald der gesamten abendländischen Kirche.
Überliefert sind fast 1000 seiner Predigten, 113 Bücher, dazu 218 Briefe. Sein bekanntestes Werk sind die autobiographischen „Confessiones“, verfasst um 400, in denen er sein frühes Leben und seine Bekehrung beschrieb.
Kritisch wird heute Augustinus? Lehre von der Prädestination gesehen, wonach der Mensch zum ewigen Leben oder zur Verdammnis von Gott vorherbestimmt ist.
Auch seine Stellung zu den Juden ist äußerst problematisch; als erster Theologe legte er auch den Juden seiner Zeit Jesu Tod zur Last, was deren ewige Knechtschaft bedinge.
Zentrum für Augustinus-Forschung
In Würzburg hat das Zentrum für Augustinusforschung an der Universität Würzburg (ZAF) seinen Sitz. Dessen täglich von mehreren Tausend Usern besuchtes Webportal www.augustinus.de bietet umfangreiche Informationen zu Leben, Denken und Werk des Augustinus. Am ZAF entsteht ein mehrbändiges Augustinus-Lexikon.
Vom 25. bis 29. September 2012 findet in Rom das internationale Symposium „Kampf oder Dialog? Begegnung von Kulturen im Horizont von Augustins De civitate dei (Vom Gottesstaat)“ statt. Veranstalter ist das ZAF in Kooperation mit dem Institutum Patristicum Augustinianum (Rom) und der privaten katholischen Villanova University im US-Bundesstaat Pennsylvania.
Mit dem ZAF verbindet Papst Benedikt XVI. eine langjährige wissenschaftliche Weggemeinschaft, schreibt der Pressedienst des Ordinariats Würzburg (POW). In den siebziger Jahren lehrte Joseph Ratzinger als Professor in Regensburg Dogmatik und übernahm im Auftrag der Deutschen Forschungsgemeinschaft die Aufgabe, Gutachten für das geplante Augustinus-Lexikon zu erstellen. Bei einer Privataudienz überreichte ihm Augustinerpater Cornelius Petrus Mayer, Herausgeber des Lexikons und Leiter des ZAF, vor kurzem den dritten Band.