Für einen Augenblick zögerte Michael Hochrein, dann klatschte er aber doch ab. Sein Assistent Ralf Scherbaum hatte dem Trainer des Fußball-Bayernligisten Würzburger FV nach dem 0:0 bei Tabellenführer FC Amberg die flache Hand entgegengestreckt und dabei ein Lächeln auf den Lippen. Scherbaum, gerade erst zurück aus dem Ägypten-Urlaub, war zufrieden. Hochrein eigentlich auch. Denn es war im Vergleich zu den letzten beiden Auftritten gegen Selbitz und im Pokalwettbewerb beim TSV Güntersleben eine „leistungsmäßige Drehung um 180 Grad. Wir haben eine starke Partie abgeliefert“. Aber der WFV, und das veranlasste Hochrein kurz nach dem Schlusspfiff dazu, sein Gesicht in beiden Händen zu vergraben, hat mal wieder nicht gewonnen. Der Blick auf die nackte Tabelle weist weiter sieben Zähler Rückstand für den jetzt siebenmal in Serie ungeschlagenen Würzburger Meisterschaftsfavoriten zur Spitze aus. „Aber wir haben heute gezeigt, dass wir wieder da sind und auch weiter mit uns zu rechnen ist. Wir lassen uns so schnell nicht abschreiben.“ Worte, die Hochrein an diesem Tag verhältnismäßig leicht über die Lippen kamen, denn sein Team gab über weite Strecken eine starke Vorstellung. Ambergs Trainer und Ex-Profi Alberto Mendez (vier Premier-League-Einsätze für den FC Arsenal) wollte mit dem WFV gar ein Team gesehen haben, „das bislang das stärkste war, was hier bei uns gespielt hat.“
Vielen Dank für die Blumen, dürfte sich Hochrein gedacht haben, zwei Zähler mehr wären ihm freilich lieber gewesen, dafür aber verfielen die Zellerauer im zweiten Durchgang in altbekannte, zu dröge Strickmuster: Der WFV spielte überlegen, aber nicht klug genug, um die dezimierten Hausherren – Oktay Yumak hatte nach einer halben Stunde Gelb-Rot gesehen – in Verlegenheit zu bringen. Es war deutlich zu merken, dass mit den fehlenden Routiniers Benjamin Schömig (Gehirnerschütterung) und Woijtek Droszcz (Rot-Sperre) auch die letzte Kreativität abging. „Man muss unterm Strich aber sehen, was für eine junge Mannschaft wir auf dem Platz hatten“, sagte Hochrein.
Vor allem in der ersten halben Stunde war das Match vor 1500 Zuschauern eine emotionsgeladene, schnelle und schön anzusehende Partie. „Ein absolutes Spitzenspiel“, meinte Hochrein, der sich die Haare raufte, weil sein Team gerade in jener Phase der Gleichzahl die besten Chancen besaß: Adria Istrefi aus spitzem Winkel, der überragende Mike Dellinger im Nachschuss (5.) und Pascal Bloemer per Kopf (17.) aber schickten die Kugel nicht über die Linie. „Vor allem Pascals Kopfball war eine tausendprozentige Chance“, sagte Scherbaum nach der hitzigen Partie, in der die Amberger Akteure mit verbaler Unterstützung des aufgebrachten Publikums bei nahezu jedem Pfiff des konsequent handelnden Referees Matthias Schepp eine Diskussionsrunde auf dem Rasen eröffneten.
Dass es am Ende trotz der vor allem nach der Pause großen Würzburger Überlegenheit ein gerechtes Resultat war, lag daran, dass auch die Oberpfälzer ihre Möglichkeiten besaßen, im zweiten Abschnitt sogar die einzig zwingende: WFV-Keeper Sebastian Lechner aber parierte gegen Arpad Backens stark (73.). Und so ist es die ansprechende Leistung seiner Schützlinge, die Hochrein seine eigene Sicht der Dinge untermauern lässt: „Die Teams vor uns spielen ja noch gegeneinander. Wir müssen unsere Leistung jetzt aber auch bestätigen.“ Zuletzt, das weiß der Coach nur zu genau, war dies nicht der Fall gewesen.
Die Statistik des Spiels
FC Amberg – Würzburger FV 0:0
Amberg: Götz – Gorgiev, Götzl, Wiechers, Yumak – Graml, Plänitz, Müller, Burger (71. Möller) – Backens (81. Karasu), Werner (46. Lieder).
Würzburg: Lechner – Drenkard, Günder, Asta, Ganzinger – Steinmetz (89. Krautschneider), Karsanidis – Dellinger (54. Lotter), Bloemer, Istrefi – Kamolz.
Rot: Möller (87., Tätlichkeit). Gelb-Rot: Yumak (33., beide Amberg, wiederholtes Foulspiel). Schiedsrichter: Schepp (Schwabhausen). Zuschauer: 1500.