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WÜRZBURG
Würzburger Woche: Zungen wie von Feuer

Von Herbert Kriener

herbert.kriener@mainpost.de

 |  aktualisiert: 15.12.2020 17:36 Uhr

Dass die Arbeit unseres Stadtrates von biblischem Ausmaß ist, diese Auslegung bietet sich jahreszeitlich an, wobei das ehrenwerte Gremium freilich keinen Vergleich mit Jesus und seinen Jüngern standhalten könnte, denn letztere sind ihrem Herrn ja bedingungslos gefolgt, was unser Oberbürgermeister von seinem Haufen nicht behaupten könnte. Egal was er predigt.

Von biblischer Dimension erscheint in diesen Tagen das Projekt Mozart-Gymnasium, und da kann man sich als Bürger nur Pfingsten herbeisehnen und dass plötzlich vom Himmel her ein Brausen komme, wie wenn ein heftiger Sturm daher fährt und das ganze Haus erfülle, in dem sie waren und ihnen Zungen wie von Feuer erscheinen mögen, die sich verteilten und auf jeden von ihnen sich eine niederließe und alle erfüllt seien vom Heiligen Geist.

Zu fürchten ist freilich, dass wir auf diese himmlische Eingebung weiter warten müssen, denn bisher hat der Stadtrat in dieser Sache eher Bezug genommen auf ein anderes biblisches Großbauprojekt, das uns als Beispiel menschlicher Abartigkeit in der Apostelgeschichte dargelegt ist, nämlich den Turmbau zu Babel, der letztlich an der Babylonischen Sprachverwirrung scheitert. Das wirre „Gebabbel“, wie es der Franke aus Babylon abgeleitet hat, fand offenbar seine letzte Bastion im Würzburger Rathaus, denn angesichts der wirr-verwirrenden Äußerungen aus den Rat zu Thema Moz steht der Bürger wie der Pfingstochse vor dem Berg.

Klar wie Kloßbrühe ist ja nur, dass eine Bürgerinitiative den Erhalt des alten Gemäuers nahe der Residenz will und ein Bürgerbegehren erreicht hat. Dem steht das Ratsbegehren mit seinem verworrenen Text gegenüber, der noch in Jahrzehnten als Vorlage dienen dürfte für die Gedichtsinterpretation im Deutschunterricht, wenn Schüler eine Antwort finden müssen auf die Frage: Was wollte der Dichter uns damit sagen? Denn wenn der Bürger seinen Kreuzchen unter diesen Text des Rates machte, dann wüsste er dank der darin steckenden Sprachverwirrung nicht, ob er nun für den teilweisen oder ganzen Abriss des Turms vom Babel gestimmt hat oder für was sonst.

Nun wäre es für einen Oberbürgermeister mit einem so christlichen Vornamen nicht abwegig gewesen, vor Pfingsten noch einmal in sich oder zur Beichte zu gehen und sich sich der Worte des Matthäus zu erinnern „Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel.“ Doch da musste dem Herrn O. erst ein freier Stadtrat und Steinmetz aus Versbach namens Hofmann den rechten Weg ins Gedächtnis meißeln, der die Wankelmütigkeit aus dem Ratsbegehren gestrichen und eine klare Position für einen wirtschaftlich attraktiven Neubau festgeschrieben haben wollte.

Aber auf so ein klares biblisches JaJa oder NeinNein wollte sich der Herr O. nun doch nicht festnageln lassen. Wenn wir ihn recht verstanden haben, dann sagt er nun persönlich Ja zum Abriss, im Ratsbegehren ist er aber weiterhin für „Ja vielleicht auch teilweise Nein“. Dann hat der Investor auch noch gesagt, dass der Teilerhalt kaum machbar wäre, man ihn aber auch machen könne, worauf Alt-Oberbürgermeister Weber vorschlug, man könne vor dem Mozart-Gymnasium auch die Verhandlungen mit dem Investor abbrechen.

O Herr, lass Pfingsten werden!

 
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