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Würzburger Woche: Wer einen Vogel hat

Von Herbert Kriener

herbert.kriener@mainpost.de

 |  aktualisiert: 16.12.2020 11:47 Uhr

Nun wird es aber höchste Zeit, mit dem Spaß mal ernst zu machen, denn wir nähern uns unweigerlich dem Höhepunkt der närrischen Session, wobei es aber auch im Fasching ernst zu nehmende Aspekte gibt, nämlich unsere ernsthaften Vertreter des öffentlichen Lebens. Nehmen wir mal ernsthafter Weise unsere Bürgermeisterin Marion Schäfer. Die ist von der SPD, Gildenrätin in Heidingsfeld und heuer Schirmherrin der Kolping Narrengilde. Im Vorwort für deren Sessionsheftes zitiert sie Joachim Ringelnatz, dass der Humor der Knopf ist, der verhindert, dass uns der Kragen platzt.

Da könnte natürlich einem leicht der Kragen platzen, dem Oberbürgermeister nämlich, denn der hatte als Schirmherr der Carneval-Freunde Zellerau den gleichen Spruch schon in deren Vereinsheft gebracht. Im Liederheft der KaGe Elferrat wiederum zitiert der Herr O. einen gewissen Wilhelm Raabe, dass „Humor der Schwimmgürtel auf dem Strom des Lebens“ sei, was zuvor Bernhard Schlereth als Präsident des Fastnacht-Verbandes Franken im Sessionsheft der Faschingsgilde KAB Grombühl verbreitet hatte.

Doch mit ein paar Vorworten kann für einen Herr O. allen Ernstes der Spaß enden, und so hat er sich bei der Gilde Giemaul in Heidingsfeld als Gildenrat verdingen lassen. Aufgetreten ist er dort aber nicht in seinem beigen Trenchcoat, sondern in einer schwarzen Richterrobe und waiser Weise mit weißer Perücke. Zu behaupten, dass dieser Herr O. einen Hammer habe, entspräche zwar der Sachlage, denn er hatte ja so ein hölzernes Schlaginstrument in der Hand, doch wollen wir lieber darauf nicht näher eingehen, denn die teilweise große Fangemeinde des Herr O. könnte daran Anstoß nehmen und wie Würgida zur Mahnwache am Mainufer aufziehen.

Dann kam der große Auftritt des Herrn O. bei der Gala-Kostümsitzung des Elferrates im Congress Centrum. Das ist natürlich eine große Schaubühne, die sich kein Stadtoberhaupt entgehen lassen kann. Man erinnere sich nur an den legendären Auftritt von „King George“, dem Vorgänger des Herrn O., wie der mit den Kölner Jecken das legendäre Stippeföttchen mit dem Hintern wackelnd tanzte. An diesen Ausbund von Lustigkeit konnte unser Herr O. nicht heranreichen, doch immerhin hatte er sich als Pirat verkleidet. Neben ihm saß sein Stellvertreter, der Bürgermeister Bauer, verkleidet wie seit geschätzten 100 Jahren als Kapitän der christlich-sozialen Seefahrt, und neben einem solchen Pfundskerl kann ein dürrer Pirat ja nur Schiffbruch erleiden.

Unter den Narren im Saal verbreitete sich indes schnell die Meinung, der Herr O. habe einen Vogel, und das traf die Sache zwar nicht ins Schwarze, aber ins Bunte, denn auf der Schulter hatte der Pirat einen ausgestopften Papagei – vermutlich als Verhohnepipelung seiner Stadtratsfraktion, die ihm alles nachplappert. Auf der Bühne ist der Herr O. dann unter die Spessart-Räuber geraten, durfte mit ihnen Stimmungslieder singen und dabei mit einem Stock auf den Boden stampfen, wobei er den Boden schon getroffen hat, den Rhythmus aber weniger.

Wer den Herrn Gildenrat mal auf seinen Hammer oder seinen Vogel persönlich ansprechen möchte, hat am kommenden Freitag Gelegenheit, wenn der Pirat in seinem Amtszimmer ab 14 h wieder Bürgersprechstunde hält.

 
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