Dass der Würzburger Stadtrat immer nur Misstöne intonieren würde und dass ihm deshalb mal ordentlich einer gegeigt werden sollte, kann man so nicht im Raume stehen lassen. Nehmen wir nur mal das Mozartfest, das seit 1922 Glanz auf die nicht immer glänzende Perle am Main wirft, obwohl das Fest lange schon in der Obhut der Stadt ist. Nun fiebert die halbe Welt dem 22. Mai entgegen, wenn Oberbürgermeister Schuchardt mit dem Stadtempfang den diesjährigen Konzertreigen eröffnet.
Dabei hatte ja Wolfgang Amadeus selbst mit Würzburg nicht viel am Hut. Am 27. September anno 1790 ist er von Wien mit der Pferdekutsche nach Frankfurt gefahren und hat seiner Frau Constanze von seiner kurzen Rast in Würzburg berichtet, dass man hier „unseren theuern Magen mit Kaffee gestärkt“ habe. In Erinnerung an dieses denkwürdige Tässchen hat Würzburg gleich eine Schule nach dem österreichischen Komponisten benannt.
Nun gab es in dieser Woche zur Einstimmung auf das Mozartfest eine weitere schöne Aufführung im Stadtrat, indem nämlich völlig überraschend der Investor für das Mozart-Areal ins Rampenlicht getreten ist, obwohl der eigentlich noch gar kein Investor ist. Er kommt wie Mozart aus Österreich und hört auf den alpenländischen Namen Straba Real Estate GmbH.
Der real existierende Vertreter des Unternehmens hatte nichts als ein paar grobe Skizzen im Reisegepäck, womöglich weil er meinte, dass dies zum Würzburger Stadtrat am besten passe. Der Oberbürgermeister jedenfalls untersagte der Presse auf Wunsch des Vertreters, im Ratssaal Fotos von ihm und seiner Komposition zu machen, dabei sah der Mann so schlecht nun auch wieder nicht aus – jedenfalls besser als seine dürftigen Skizzen. Und so bleibt also unklar, ob der österreichische Investor wie Mozart mit der Pferdekutsche angereist ist und was er auf dessen Gelände für ein Stück eigentlich aufzuführen gedenkt.
Dieses Durcheinander passt ganz in den Spielplan des Stadtrates, der schon über ein Jahrzehnt an diesem Stück probt. Aber offensichtlich hat jede Fraktion eine andere Partitur, und so kam bisher keine mozartliche Symphonie zustande, vielmehr ein schräges Durcheinander von Dissonanzen, eine Kakofonie also: Bekanntlich hat sich der Stadtrat entschieden, nichts zu entscheiden, sondern das Publikum entscheiden zu lassen, was denn aufgeführt werden solle. Eine Bürgerinitiative will dort Kultur pur, koste es was es wolle. Die SPD sieht sich als einzige Gruppe konsequent und will zwei unterschiedliche Stücke spielen lassen, etwas Kultur in alten Mauern und etwas Kommerz in neuen. Für die CSU hat deren stellvertretender Kreisvorsitzender, der nicht Mozart sondern Schubert heißt, das als „scheinheilig“ bezeichnet, weil die SPD nicht sage wie sie ihre Luftschlösser finanzieren wolle.
Im verwirrten Publikum verbreitet sich indes die Meinung, dass diesem schräge Orchester ein Dirigent fehle, der den Taktstock energisch zu schwingen wisse. Und so ist wohl kaum zu erwarten, dass es die gequälten Zuhörer von den Sitzen reißen würde und sie „Zugabe“ rufen. Vielmehr sollte es bei so einem vergeigten Stück niemanden wundern, wenn sich Mozart im Grabe umdrehte und nach seinen sieben Märschen in D-Dur noch einen in Moll nachschieben würde, um Stadtrat mal den Marsch blasen zu lassen.