Und die normalerweise nicht allzu schwer zu beantwortende Frage nach dem Kirchenpatron lässt sich nicht eindeutig klären, schließlich berichtet die Bibel von mehreren Männern dieses Namens. Während man bei der Grundsteinlegung 1893 wohl an den Evangelisten Johannes dachte, fiel die erste Einweihung am 24. Juni 1895 auf den Gedenktag Johannes des Täufers. Und auch die Predigt des Landesbischofs bei der Wiedereinweihung des im Zweiten Weltkrieg zerstörten Bauwerks 1957 sich auf ihn bezog. Die Ausgestaltung des heutigen Gotteshauses erinnert aber eher an den Evangelisten. Wer sich jedoch genau umschaut, erkennt: Sowohl der Evangelist als auch der Täufer haben in und an diesem Gotteshaus ihren Ort.
Wie die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin ist es ein Mahnmal, ein echtes „Patchwork“-Gebäude, zusammengefügt aus neuen und alten Teilen. Letztere stammen aus den Umfassungsmauern, die wie der Turmstumpf nach dem Bombenangriff am 16. März 1945 auf Würzburg stehen geblieben und in den 1956 begonnenen Wiederaufbau integriert worden waren.
Links der Portalseite schließen sich Nachbargebäude mit Pfarramt an, rechts davon zieht die 1993 aufgestellte Plastik „Tod durch Bomben“ des russisch-jüdischen Künstlers Vadim Sidur die Blicke auf sich. Auch der Haupteingang ist markant: Die Bronzetür stammt von der Münchner Künstlerin Inge Seyffart und deutet die sieben Wunder Jesu nach dem Johannesevangelium an. Im Gegensatz zu vielen Portalen mittelalterlicher Kirchen, die das Jüngste Gericht darstellen, soll diese „porta coeli“ (Tor des Himmels), die sich zum Paradies öffnet, daran erinnern, dass Jesus in der Zuwendung zum Menschen seine Herrlichkeit zeigt.
Der Eingangsbereich hinter dem Hauptportal ist mit wenigen Schritten durchquert, dann gelangt man in den eigentlichen Kirchenraum, eine bis auf die Bänke nahezu kahle Halle, rund 40 Meter lang, etwa 17 Meter hoch und ebenso breit. Zentraler Schmuck darin ist eine überlebensgroße Lindenholzplastik in der Apsis, deren Seitenwände schräg nach hinten verlaufen. Über dem aus dunklem Schillkalk gefertigten, relativ klein wirkenden Altar mit dem kleinen Bronzekreuz darauf – übrigens die einzige Kreuzesdarstellung in diesem Gotteshaus – scheint das Werk des Münchner Bildhauers Helmut Ammann frei im Raum zu schweben. Die monumentale Skulptur stellt die Wiederkunft Christi am Jüngsten Tag dar. Wie in den mittelalterlichen „Majestas-Domini“-Vorbildern des Künstlers sitzt der Sohn Gottes, Christus, auf einem Regenbogen, die Füße auf dem Erdkreis, in der linken Hand hält er das Buch des Lebens, die rechte ist zum Segen erhoben. Ihm zur Seite stehen zwei Engel. Ihre Flügel bilden um den Auferstandenen eine Strahlengloriole.
Sehenswert sind zudem die farbigen Glasgemälde in der Taufkapelle, geschaffen von Gerd Jähnke, und die dreiteilige Holzgruppe an der Südwand des Langhauses, ein Werk des Künstlers Karl Hemmeter.
St. Johannis
Geöffnet ist die St. Johanniskirche täglich von 9 bis 18 Uhr. Kontakt: Evang.-Luth. Pfarramt St. Johannis, Hofstallstraße 5, 97070 Würzburg, Tel. (09 31) 32 28 46, Internet: www.stjohannis.net
Eng mit der Kirche verbunden ist der 1961 von Günter Jena gegründete Bachchor. Seit 1979 ist Christian Kabitz Kantor in St. Johannis und damit Leiter des Bachchores sowie künstlerischer Leiter der Würzburger Bachtage, die seit 1968 veranstaltet werden.