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Fußball: Regionalliga Bayern
„Wir haben großes Potenzial“
Frank Kranewitter
 |  aktualisiert: 16.12.2020 11:55 Uhr

Sein Bundesliga-Debüt feierte Amir Shapourzadeh vor über 80 000 Zuschauern in Dortmund. Für Irans Nationalmannschaft spielte der Kapitän des Fußball-Regionalligisten FC Würzburger Kickers viermal. Heute sitzt der 32-jährige in einem Café am Würzburger Marktplatz: „Ich bin zufrieden mit meiner bisherigen Karriere“, sagt er: „Ich habe viel erleben dürfen – Höhen und Tiefen.“ Und Shapourzadeh hat noch etwas vor. Für drei Jahre hat er im Sommer bei den Kickers unterschrieben. Drei Jahre, in denen er vollbringen will, woran er bei seiner letzten Station mit West-Regionalligist Lotte zweimal knapp gescheitert ist: den Aufstieg in die Dritte Liga. Mit dem westfälischen Provinzklub war er einmal in der Aufstiegsrelegation an RB Leipzig gescheitert, in der Vorsaison wurde er Zweiter. „Danach wollte ich es woanders probieren. Und hier in Würzburg vom Start weg bei einem Projekt dabei zu sein, das hat mich gereizt“, erzählt Shapourzadeh: „Würzburg und Lotte sind als Städte nicht zu vergleichen. Wir haben hier ein großes Potenzial.“

Der Aufstieg mit den Kickers ist für den Deutsch-Iraner, der in Teheran geboren wurde und in Hamburg aufwuchs, die vielleicht letzte große Herausforderung der Karriere. Die hatte einst richtig Fahrt aufgenommen, als er als 19-Jähriger vom Stadtteil-Klub Eimsbüttler TV zum großen Hamburger SV in die zweite Mannschaft wechselte. „Damals war so etwas noch möglich. Da war das Ausbildungssystem bei den Profiklubs noch nicht so weit wie heute“, sagt Shapourzadeh. 2004 ging es weiter nach Rostock zur zweiten Mannschaft von Hansa und dort fiel der Angreifer dann plötzlich richtig auf. Shapourzadeh blieb viereinhalb Jahre an der Ostsee, schaffte den Sprung in die erste Mannschaft. Am letzten Spieltag der Saison 2004/05, die Rostocker waren gerade abgestiegen, wurde Shapourzadeh für vier Minuten in Dortmund bei Rostocks 1:2-Niederlage eingewechselt. Ein Wimpernschlag in der Bundesliga-Geschichte, für Shapourzadeh unvergessen. Das Trikot hat er noch heute. Es folgten zwei Zweitliga-Jahre und unter Frank Pagelsdorf 2007 der Wiederaufstieg in Liga eins. „Ein Wahnsinn, was damals in der Stadt los war. Das sind die Momente, für die man Fußball spielt“, erinnert sich Shapourzadeh. Ein Jahr später zog er nach dem Erstliga-Abstieg weiter zum FSV Frankfurt. Sein Herz freilich hängt noch immer ein bisschen an Hansa: „Wenn man sieht, was dort derzeit los ist, dann ist das einfach jammerschade.“ Derzeit steht Rostock in der Dritten Liga auf einem Abstiegsplatz.

Und dann war da noch die Zeit im Iran. „Ein Abenteuer“, von dem Shapourzadeh berichtet: „Was viele gar nicht wissen: Der Iran ist ein wunderschönes Land. Das wird wegen vieler politischer Nachrichten oft vergessen. Aber wenn man in Deutschland aufgewachsen ist, dann vermisst man dort schon so Dinge wie Disziplin und Pünktlichkeit.“ Der Hamburger Jung wurde iranischer Nationalspieler. „In Teheran vor 80 000 Männern zu spielen, war ein unglaubliches Erlebnis. In Dortmund war es ja die gleiche Kulisse. In Teheran war es aber noch lauter.“ Doch das Abenteuer endete im Schrecken. Beim Klub Steel Azin regierte zunächst der Größenwahn und dann das Chaos. Shapourzadeh kehrte zurück nach Deutschland und musste sich lange um seine Freigabe streiten. Nach einem missglückten Engagement bei Kickers Offenbach war es Shapourzadehs Freund André Breitenreiter, heute Trainer bei Erstliga-Aufsteiger SC Paderborn, der ihn nach Lotte vermittelte. „Wir telefonieren noch immer öfter. Sein derzeitiger Erfolg überrascht mich nicht, denn ich weiß, wie er arbeitet“, sagt der Kicker-Kapitän über Breitenreiter.

Er hat viel gesehen. „Fußball ist letztlich ein knallhartes Business“, fasst Shapourzadeh seine geballte Erfahrungen kurz und knapp zusammen. Er denkt und spricht bedächtig und wie ein echter Profi. Das nächste Spiel ist immer das schwerste, auch wenn es gegen den Tabellenletzten geht, wie an diesem Samstag (14 Uhr, flyeralarm Arena) gegen den SV Seligenporten. „Alle Mannschaften spielen gegen uns sehr defensiv. Es ist nicht immer leicht, so ein Bollwerk zu durchbrechen“, sagt der Kickers-Kapitän: „Wir müssen jetzt oben dranbleiben. Die Saison wird eh an den letzten Spieltagen entschieden.“

FC Würzburger Kickers – SV Seligenporten (Samstag, 14 Uhr)

Nach zwei Spielen ohne Sieg scheint der Tabellenletzte SV Seligenporten (18./8 Punkte) für den FC Würzburger Kickers (2./24) genau der richtige Gegner zu sein, um in die Erfolgsspur zurückzukehren. Doch Kickers-Trainer Bernd Hollerbach wird nicht müde, sein Team gerade vor den vermeintlich leichten Gegnern zu warnen: „Das wird eine ganz unangenehme Aufgabe“, sagt er: „Seligenporten ist sicherlich besser als es der Tabellenplatz aussagt.“ Zwar hat das Team vom Westrand der Oberpfalz von den letzten acht Spielen lediglich zwei gewonnen, doch bei den fünf Niederlagen in diesem Zeitraum war die Differenz nie größer als ein Tor. „Wir müssen hoch konzentriert agieren, sonst gibt es auch in dieser Partie ein böses Erwachen“, so Hollerbach. Die Kickers gehen freilich als deutlicher Favorit in die Partie gegen das Team aus dem 1000-Einwohner-Ort, auch weil der Kader weiterhin nahezu komplett ist. Neben dem langzeitverletzten Joannis Karsanidis (Kreuzbandriss) fehlt lediglich Lukas Billick. Der defensive Mittelfeldspieler hatte sich in Illertissen eine Kapselverletzung am Knöchel zugezogen.

 
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