(dpa/sr) Ein leerer Desktop, eine Leiste am unteren Bildschirmrand und ein Start-Button zum Aufrufen der Programme: So sah seit Windows 95 im Prinzip jede Version von Microsofts Betriebssystems aus. Windows 8 bricht damit, zumindest auf den ersten Blick. Statt kleiner Icons gibt es nun großformatige Kacheln, und neben Programmen die von Smartphones und Tablets bekannten Apps. Ganz verschwunden ist der Startknopf.
Kein Grund zur Panik, erklärt Windows-Experte Wolfram Gieseke: „Von der Bedienung her ist der neue Startbildschirm eigentlich nur ein Aufsatz für Windows 7.“ Denn hinter der neuen Kacheloptik verbirgt sich noch immer die alte Windows-Oberfläche, die der Nutzer zum Beispiel mit der Tastenkombination Windows und D erreicht. „Viele Dinge kann ich noch immer genau so machen wie vorher“, erklärt Gieseke, der mehrere Windows-Bücher geschrieben hat.
Reaktion auf Tablets-Erfolge
Der Grund für die Neuerungen liegt vor allem am Siegeszug der Tablets, sagt der Experte. „In ein paar Jahren werden vielleicht mehr Tablets als normale PCs verkauft. Microsoft musste darauf reagieren.“ Windows 8 ist der Versuch, ein einheitliches Betriebssystem für Tablet- und Desktopcomputer zu schaffen. Mit Windows 8 kommt auch die Variante RT für die häufig in Tablets verbauten ARM-Prozessoren auf den Markt. Außerdem wird es noch 2012 die ersten Smartphones mit Windows Phone 8 geben.
Setzt der Verbraucher bei allen Gerätegattungen auf Windows als Betriebssystem, profitiert er von derselben Bedienung. Auf der anderen Seite sind Monokulturen bei Betriebssystemen auch ein Sicherheitsrisiko, warnt Professor Harald Görl von der Universität der Bundeswehr in München. „Weil die zugrunde liegende Technik dieselbe ist, ist das eine breitere Angriffsfläche für Schädlinge.“
Weil alle neuen Windows-Versionen die gleiche Oberfläche besitzen, ist auch Windows 8 für den PC für die Touchbedienung optimiert. Wolfram Gieseke empfiehlt ein Update daher vor allem den wenigen, die schon einen Monitor, All-in-one-PC oder ein Notebook mit Touchscreen besitzen: „Das ist dann wirklich ein Quantensprung.“ Natürlich lasse sich Windows 8 auch klassisch per Maus und Tastatur steuern. „Das braucht dann aber natürlich ein wenig Umstellung.“ Denn obwohl hinter dem neuen Startbildschirm der alte Desktop steckt, braucht es zum Bedienen der Kacheln etwas Einarbeitung. So tauchen viele wichtige Funktionen erst auf, wenn der Nutzer die Maus in eine bestimmte Ecke des Bildschirms steuert.
Die Computerexperten der Zeitschrift „c't“ waren bei den Tests der Vorabversion wenig begeistert von der Maussteuerung: Unpraktisch und wenig intuitiv sei die Bedienung. „Hier ist zusammengewachsen, was nicht zusammengehört“, hieß es: Es wirke verwirrend, wenn man nicht mehr konsequent sieht, wohin man klicken muss.
Windows 8 bringt weitere Neuerungen, sagt „c't“-Redakteur Axel Vahldiek. „Die meisten sind aber eher für fortgeschrittene Anwender interessant.“ Nützlich für jedermann sind die nachträglich installierbaren Sprachpakete und die bessere Unterstützung von USB 3.0. Außerdem fährt der Rechner mit Windows 8 spürbar schneller hoch. „Wer das nicht so wichtig findet, hat derzeit eigentlich keinen Grund, auf Windows 8 umzurüsten.“
Die meisten Nutzer werden wohl ohnehin erst mit Windows 8 in Berührung kommen, wenn sie sich einen neuen Rechner zulegen. Die ersten PCs mit dem neuen System sollen nach Angaben von Microsoft am 26. Oktober in den Läden stehen. Wer nur das Betriebssystem haben möchte, muss für ein Online-Update von Windows 7, XP oder Vista auf Windows 8 Pro in den USA 40 US-Dollar (31 Euro) bezahlen. Den Deutschlandpreis hat Microsoft noch nicht bekannt gegeben. Kunden, die bis zum 31. Januar 2013 einen PC mit Windows 7 kaufen, erhalten das Update auf die Pro-Version von Windows 8 für 15 Euro.
Das Betriebssystem kann man bis zum 15. Januar 2013 kostenlos testen: Microsoft bietet im Netz die sogenannte Release Preview an, die mit dem fertigen System nahezu identisch ist.