Obwohl sich bereits lange vor Konzertbeginn dunkle Wolken drohend über dem Gelände getürmt haben, ist es trocken, als Michael Stipe, Peter Buck, Mike Mills und zwei Gastmusiker um 21 Uhr auf die Bühne kommen. R.E.M. könnten fast die ganze Show nur mit Hits bestreiten – so einfach machen es sich die US-amerikanischen Alternative-Rocker aber nicht. Gleich zu Beginn leistet sich die Band ausgedehnte Ausflüge in die Frühphase ihres Schaffens mit Songs wie „7 Chinese Bros.“ aus dem 1984 erschienenen Album „Reckoning“. „Drive“, das fünfte Lied, ist das erste bekanntere, das erste, bei dem bereits nach wenigen Takten Applaus aufbrandet.
Musikalisch kommen erstmal vor allem eingefleischte Fans auf ihre Kosten – die Show von Stipe und Co. ist massentauglich, wirkt dabei nur ein wenig steril. Angefangen beim beeindruckenden Bühnenbild bis hin zur Präzision, mit der die Band zu Werke geht – große Handwerkskunst, der freilich ein bisschen mehr Leben gut zu Gesicht stünde. Die Lieder kommen schnörkellos und selbstsicher, sind getragen von Stipes einprägsamer Stimme. Der schmächtige 48-Jährige funktioniert wie der Faden in einer Glühbirne: Ohne ihn würde R.E.M. nicht leuchten. Wie ein Prediger breitet er immer wieder seine Arme aus, angestrahlt von gelben und blauen Spots. „Hello! Good Evening everyone. How are you?“ Wie geht's Euch?, will Stipe wissen.
R.E.M. verzichten auf Stücke wie „Shiny Happy People“ oder „Everybody Hurts“. Dafür gibt's Kritisches. Stipe ist in Plauderlaune: „You know, we really hate our government.“ Sie hassen ihre Regierung also, zur Bestätigung singt Stipe „Ignoreland“, einen Song, in dem R.E.M. die sozialpolitischen Verhältnisse in den USA anprangern. Mit „Imitation of Life“ endet der erste Teil. „'Man on the Moon' hätten se scho spiel könn“, sagt ein Typ, der seinen Bierbecher umklammert hält und in der kurzen Pause mit seinen Kumpels die Fußballeuropameisterschaftshymne „Seven Nation Army“ von den White Stripes grölt.
Am Ende enttäuschen R.E.M. die Radiohörigen nicht – als Zugabe gibt's „Losing my Religion“, „It's the End of the world as we know it“ und ganz zum Schluss auch „Man on the Moon“. Die Typen mit dem Bier haben „Seven Nation Army“ inzwischen vergessen. Jetzt singen sie etwas „vom Mann auf dem Mond“.