
Wenn Säuglinge ohne erkennbaren Grund stundenlang schreien und sich nicht beruhigen lassen, sind die Eltern oft verunsichert, erschöpft und verzweifelt. „In dieser Situation dürfen wir Familien nicht alleine lassen.
Dank unserer staatlichen Förderung bieten mittlerweile 46 Standorte eine spezielle Beratung für Eltern mit Schreibabys an“, sagt Bayerns Familienministerin Christine Haderthauer. Zum Aufbau des flächendeckenden Beratungsnetzes seien insgesamt 95 Fachkräfte aus Erziehungsberatungsstellen, Familienbildungsstätten und Beratungsstellen für Schwangerschaftsfragen an der Deutschen Akademie für Entwicklungsförderung und Gesundheit des Kindes und Jugendlichen in München fortgebildet worden. Die Ministerin: „Für den Aufbau der Beratungsangebote stand insgesamt eine Million Euro zur Verfügung.“
Zudem schuf die Ministerin einen jährlichen Fortbildungs- und Fachtag. In Würzburg bietet Ulrike Weber von der katholischen Beratungsstelle für Schwangerschaftsfragen eine Schreibaby-Beratung an. Sie beantwortet die wichtigsten Fragen:
Alle Babys schreien in den ersten Monaten, denn nur so können sie mitteilen, dass sie Hunger, Durst oder eine volle Windel haben. Etwa jeder fünfte Säugling aber schreit in den ersten Lebensmonaten länger, ausdauernder und heftiger. Er schreit ohne erkennbaren Grund und lässt sich nur schwer oder gar nicht beruhigen. Wenn das Schreien oder Nörgeln länger als drei Stunden am Tag dauert, an mehr als drei Tagen in der Woche auftritt und mehr als drei Wochen andauert, spricht man von einem sogenannten „Schreibaby“.
Die Ursachen für das frühe vermehrte Schreien liegen meist in vorübergehenden Anpassungsproblemen des Schlaf-Wach-Rhythmus', die in der Regel mit dem dritten Lebensmonat überwunden sind. Störungen in der frühen Kommunikation zwischen Eltern und Babys können eine Rolle spielen. Ursachen können auch soziale, psychische und körperliche Belastungsfaktoren sein, wie Probleme in der Schwangerschaft oder Geburt. Schreibabys sind oft übermüdete Babys.
Schreibabys sind besondere Babys: Sie sind meist wacher und neugieriger als andere Babys und blicken mit weit geöffneten Augen in die Welt. Sie schaffen es aber nur schwer abzuschalten. Bei dem Versuch der Eltern, sie in den Schlaf zu wiegen, werden sie weiter überreizt.
Viele Eltern verursachen durch zu viele wechselnde und unterschiedliche Beruhigungsstrategien eine Überreizung des Kindes. Beim Herumtragen sehen die Kinder weitere neue Dinge, die sie zwar zunächst ablenken und kurz zur Ruhe bringen, aber nach kurzer Zeit schreien sie durch die erneute Überstimulation wieder.
Zunächst müssen medizinische Ursachen, die für das Schreien des Babys verantwortlich sein könnten, durch eine Untersuchung beim Kinderarzt ausgeschlossen sein. Bei der Beruhigung des Kindes sollten die Eltern sanft und ohne Hektik vorgehen, bei einer Strategie bleiben und regelmäßige Einschlafbedingungen schaffen. Der exzessiv schreiende Säugling braucht vor allem auch im zufriedenen Wachzustand viel Nähe und Körperkontakt. Wenn Eltern sich mit der Situation überfordert fühlen und sich Erschöpfung, Hilflosigkeit, Verzweiflung und Wut einstellen, dann sollten sie sich professionelle Unterstützung bei einer Beratungsstelle suchen.
Es ist ganz wichtig, Reize zu reduzieren und somit Überstimulierung zu vermeiden. Besser, als das Baby beim Schreien herumzutragen, ist es, sich ruhig hinzusetzen, das Kind vor Reizen abzuschirmen, sanft zu wiegen und es gut festzuhalten. Achten Sie darauf, dass Sie regelmäßig nach eineinhalb Stunden Wachzeit Ihr Kind wieder allmählich zur Ruhe und zum Schlafen bringen. Übermüdung sollte unbedingt vermieden werden.
Gerade für Schreibabys ist ein geregelter Schlaf-Wach-Rhythmus besonders wichtig. Schreibabys brauchen insgesamt mehr Ruhe und Abschirmung. Eine gute Möglichkeit ist auch das Pucken, eine spezielle Wickeltechnik, bei der Säuglinge in den ersten Wochen eng in ein Tuch eingewickelt werden, so dass sie nicht ständig durch eigene unwillkürliche Bewegungen aufwachen. Diese Wickeltechnik setzt dem Neugeborenen Grenzen für die Bewegung seiner Arme und Beine, was beruhigend wirkt.
Das Kernstück unserer Arbeit ist die videogestützte Interaktionsberatung. Die kurzen Videoaufnahmen von Zwiegesprächen zwischen Mutter/Vater und Kind erfolgen, wenn das Kind wach und ausgeschlafen ist. Die Eltern erleben dann in der gemeinsamen Betrachtung des Videos, wie ihre Babys auf sie und umgekehrt wie sie auf ihre Babys reagieren und welches Verhalten im Umgang mit ihrem Kind hilfreich ist, welches weniger. Ziel ist, die normalerweise vorhandene elterliche Kompetenz aufzuspüren und zu verdeutlichen und die oft verunsicherten Eltern in ihrem Selbstvertrauen zu stärken. Hilfreich ist auch die Arbeit mit Schlafprotokollen anhand derer neue entlastende Schlafstrategien entwickelt werden können. Ein weiterer Baustein in der Beratung ist die praktische Begleitung und Einübung von Einschlafsituationen vor Ort oder bei einem Hausbesuch. Außerdem stellen wir für die oft völlig erschöpften Eltern Kontakt her zur Vermittlung von Haushaltshilfen, Tagesmüttern und Babysittern und können bei Bedarf in einem bestimmten Rahmen über kirchliche und staatliche Stiftungen finanzielle Unterstützung anbieten.
Hilfe in der Region
• Kath. Beratungsstelle für Schwangerschaftsfragen, Ludwigstraße 29, 97070 Würzburg. Tel. (09 31) 1 38 11, E-Mail: schb.wue@skf-wue.de Internet: www.skf-wue.de
• Psychotherapeutischer Beratungsdienst, Beratung für Eltern, Kinder und Jugendliche, Frankfurter Straße 24, 97082 Würzburg. Tel. (09 31) 4 19 04 61 E-Mail: eb@skf-wue.de Internet: www.skf-wue.de
• Erziehungsberatungsstelle für Eltern und Jugend für die Stadt und den Landkreis Schweinfurt, Kornmarkt 17, 97421 Schweinfurt. Tel. (0 97 21) 5 14 15 E-Mail: erziehungsberatung@schweinfurt.de Internet: www.eb-sw.de
• Beratungsstelle für Familien, Kinder, Jugendliche und Eltern, Obere Vorstadt 19, 97437 Haßfurt. Tel. 09521 691-0 E-Mail: erziehungsberatung@caritas-hassberge.de Internet: www.caritas-hassberge.de
• Caritasverband für den Landkreis Rhön-Grabfeld e.V., Erziehungsberatungsstelle, Kellereigasse 12-16, 97616 Bad Neustadt. Tel. (0 97 71) 61 16 - 0 Internet: www.caritas-nes.de
• Kreisjugendamt Main-Spessart, Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche Karlstadt, Ringstraße 24, 97753 Karlstadt. Tel. (0 93 53) 5 83, E-Mail: erziehungsberatung@Lramsp.de Internet: www.mainspessart.de