„Es gilt das gesprochene Wort“: Nicht unbedingt in der Tagespolitik, ganz sicher aber beim Kreisehrenabend.
Rund 70 Honoratioren waren ins Seniorenheim des Schweinfurter Landkreises gekommen: ein Großteil Träger der Ehrenurkunde und somit Quasi-Ehrenbürger aller Mitgliedsgemeinden. Zuletzt hatten Karl Haus, Manfred Schäflein, Udo Wachter, Ottmar Wolf und Kilian Hartmann den exklusiven „Ritterschlag“ erhalten.
Landrat Harald Leitherer hielt sich zum Abschied vor versammelter Tafelrunde nicht zwanghaft ans Redemanuskript: auf neun Seiten ein stolzer Rechenschaftsbericht über den gemeinsamen Weg hin zu einem „Top-Landkreis“, in Sachen Beschäftigung, Ökonomie, Umweltschutz, Bildung, sozialer Sicherheit, Lebensqualität und Infrastruktur – nach 18 Jahren im Amt.
„Wir waren einmal die Letzten bei der Kaufkraft in der Region“, so Leitherer. Hier hätte sich das Verhältnis nahezu umgekehrt, bei der Verschuldungsquote sei der Kreis bundesweit auf Platz drei. Dank „Freund Remelé“ herrsche ein gutes Verhältnis zur Stadt, nicht nur in Sachen gebietsunabhängige Fahrzeugzulassung.
„Ich bedanke mich für das angenehme Klima, egal ob Schwarzer, Roter, Freier“, sagte Leitherer in Richtung der anwesenden Bürgermeister und Kreispolitiker, darunter auch Nachfolger Florian Töpper. „Wir sollten auch einmal zufrieden sein, in einem solchen Landkreis leben zu können.“
Harald Leitherer vergaß auch sein mahnendes „Ceterum censeo“ nicht: Millionen Fachkräfte seien bis zum Jahr 2025 nicht mehr im Erwerbsleben, dieser demographische Wandel müsse aufgefangen werden: „Der Wohlstand wird nach unten sacken.“
Landrat Harald Leitherer
Ebenfalls ein besonderes Leitherer-Anliegen: das Gaskraftwerk Grafenrheinfeld, das entsprechend gefördert werden müsse, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. „Wir werden das verkraften“, sieht der Landrat (fast) a.D. auch „gute Jahre“ kommen.
Bevor er gegenüber George Ohl als dem Presseoffizier der US Army selbst Verabschiedungs-Worte fand: Der Wegzug der „amerikanischen Freunde“ sei nicht nur finanziell, sondern auch bei den zwischenmenschlichen Verbindungen ein Verlust.
„Es ist das letzte Mal, das ich Verse vortrage“, meinte Johannes Strauß als ehemaliger Dekan, der seinen Altersruhesitz demnächst ebenfalls verlegen muss. In seinen traditionellen Reimen forderte er Verzicht auf Freund-Feind-Denken und gemeinsames Wandern: „Politik ist gnadenlos, die Wähler sind es manchmal auch. Trotzdem ist Demokratie famos, und ein längst bewährter Brauch.“
Etwas wehmütig machten einen da die hochkarätigen Stücke des Schweinfurter Musikschul-Trios unter der Leitung von Canan Semel, etwa mit dem Song: „Something always brings me back to you“ („Irgendwas bringt mich immer zu dir zurück.“)
Bevor dann Altmannsdorfer Sonnenwinkel und Wipfelder Zehntgraf zu Grießklößchensuppe, gefüllter Schweinelende, gespicktem Hirschbraten und einem Käse-Buffet die Abschiedsstimmung beim Kreisehrenabend milderte.
Jurist Leitherer bleiben jetzt einige Tage, sich Gedanken über seine (derzeit noch offene) berufliche Zukunft zu machen.