
Helden bringt der Fußball viele zur Welt. Nur ist ihre Halbwertszeit begrenzt, die gefeierten Heroen geraten besonders bei den Amateuren schnell wieder in Vergessenheit. An gewissen Tagen aber werden ihre ruhmreiche Taten wieder hervorgekramt und blumig nacherzählt. Wie jetzt, wenn Jan-Peter Grunz aus der Versenkung auftaucht und an diesem Mittwochabend den Kasten von Fußball-Bayernligist Würzburger FV im bayerischen Pokal-Viertelfinale gegen Drittligist Wacker Burghausen (17.45 Uhr, Sepp-Endres-Sportanlage) hütet.
„Auch wenn es jetzt schon wieder etwas her ist, aber in Vergessenheit bin ich hoffentlich noch nicht geraten“, sagt der Schlussmann, der in dieser Spielzeit beim Klub aus der Zellerau hinter Sebastian Lechner „nur“ die etatmäßige Nummer zwei ist und heuer erst einen Bayernliga-Einsatz vorzuweisen hat. „Ich will allen zeigen, was ich drauf habe“, sagt Grunz, der in dieser Runde schon zweimal als Pokalheld im WFV-Trikot geboren worden ist. Beim Bezirksligisten TSV Güntersleben ersparte der Rückhalt dem Würzburger FV die Blamage, rettete den Klub aus der Zellerau mit zwei von vier gehaltenen Schüssen im Elfmeterschießen in die nächste Runde. Und im prestigeträchtigen Vergleich mit dem Stadtrivalen FC Würzburger Kickers parierte Jan-Peter Grunz vor über 3000 Zuschauern an der Mainaustraße gar drei der fünf Elfer. Seit jenem 3. Oktober vergangenen Jahres aber ist es ruhig geworden um den Helden, der im wahren Leben Medizin studiert. Vier Wochen war er zwischenzeitlich zur Famulatur in der Essener Krupp-Klinik, seit gut 14 Tagen sitzt er wieder auf der Ersatzbank des Bayernligisten. „Ich hatte mir das auch alles anders vorgestellt“, gibt Grunz offen zu, „ich kriege eben nur wenige Chancen, die aber muss und will ich nutzen.“ Bislang ist ihm das gelungen.
Abgemacht ist abgemacht – und deshalb war klar, dass Grunz seine Möglichkeiten in den Pokalspielen der Zellerauer bekommt. Auch gegen Burghausen. „Jan-Peter ist ein starker Keeper und steht Sebastian Lechner in nichts nach“, sagt WFV-Trainer Michael Hochrein, „für uns war immer klar, dass wir unsere Abmachung auch einhalten. Jan-Peter ist der perfekte Mann für dieses Spiel gegen Burghausen. Sein unbändiger Siegeswille, seine ansteckenden Emotionen und seine gesunde Aggressivität werden am Mittwoch gebraucht. Er kann ein Team mitreißen.“
Grunz ist besessen vom Erfolg, das ist immer dann zu sehen, wenn er hoch konzentriert auf dem Posten zwischen den Pfosten steht und seine Vorderleute dirigiert. „Wir dürfen auch jetzt keine Angst vor dem großen Namen haben. Das ist ein Spiel – und wir haben oft genug schon gesehen, was ein Außenseiter in einem Spiel alles schaffen kann.“
Der 23-Jährige hegt gute Erinnerungen an den Werksklub des Chemiekonzerns Wacker – und dürfte auch deshalb der richtige Mann im Kasten sein: „Damals, als ich noch beim FC Schweinfurt 05 gespielt habe, hatten wir ein Entscheidungsspiel um den Aufstieg in die U-17-Junioren-Regionalliga gegen Burghausen“, erinnert sich Grunz an einen Tag, an dem er zum Helden gemacht wurde. Denn auch damals parierte er zwei Schüsse in der alles entscheidenden Lotterie namens Elfmeterschießen.
Dass er mit seiner Rolle als Nummer zwei in der Zellerau alles andere als zufrieden ist, gibt er freilich zu. Grunz aber akzeptiert Entscheidungen – und er sucht Lösungen. „Den Klub verlassen?“, fragt er ungläubig, „nein, das wäre ganz und gar nicht nicht mein Ding. Mein Herz hängt am WFV.“ Also hat er als einer der wenigen aus dem aktuellen Bayernliga-Kader auch sein Ja-Wort für die neue Saison gegeben – Keeper Sebastian Lechner hat das ebenfalls getan, der Konkurrenzkampf im Kasten geht weiter. „Ich war schon immer einer, der kämpft. Und ich will es in der neuen Saison wieder wissen und werde alles dafür tun“, sagt Grunz und betont, „dass ich hier beim Würzburger FV eine Perspektive für mich sehe.“ Und aktuell sieht er die auch für sein Team: „Wir werden alles daran setzen, um die nächste Pokalrunde zu erreichen.“ Fast scheint es so, als warte der Torwart nur darauf, dass der Fußball an diesem Mittwoch wieder einen Helden zur Welt bringt.
Toto-Pokal-Viertelfinale
Würzburger FV – SV Wacker Burghausen
(Mittwoch, 17.45 Uhr, Sepp-Endres-Sportanlage)
Noch vor fünf Tagen, sagt WFV-Trainer Michael Hochrein, wäre er gegen Burghausen einzig und alleine auf Schadensbegrenzung aus gewesen, „jetzt aber, nach der starken Leistung vom Samstag, wollen wir mit unseren Zuschauern im Rücken das Unmögliche schaffen. Wenn wir ähnlich konzentriert und aggressiv auftreten wie beim 3:2 gegen Amberg, dann ist die große Überraschung ja vielleicht möglich.“ Die Zellerauer müssen weiter auf Marcello Asta (Jochbeinbruch) verzichten, die Einsätze von Jonas Dirksen (angeschlagen) und Pascal Bloemer (muskuläre Probleme) sind fraglich. „Ich habe mich bei einem Trainerkollegen ausführlich über Burghausen informiert. Wir wissen also, auf was wir uns einstellen müssen. Leicht wird es keinesfalls“, sagt Hochrein.