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REGION WÜRZBURG
Wenn die Enkelin weiß: „Meine Oma stand Todesängste aus“
Freiwilliger Einsatz: Sorgten dafür, dass Läufern beim Gedächtnislauf nicht die Energie ausging, (von links) Johanna Barthelmes, Leonie Ebert, Daniel Kraft, Jochen Behr und Christian Schneider.
Foto: Kolping Mainfranken | Freiwilliger Einsatz: Sorgten dafür, dass Läufern beim Gedächtnislauf nicht die Energie ausging, (von links) Johanna Barthelmes, Leonie Ebert, Daniel Kraft, Jochen Behr und Christian Schneider.
reds
 |  aktualisiert: 16.12.2020 11:48 Uhr

Selbst noch 17 Kilometer von Würzburg entfernt, in Retzbach, sahen am 16. März vor 70 Jahren die Menschen den blutroten Himmel über der zerbombten Stadt. Woher die 17-jährige Johanna Barthelmes das weiß? Von ihrem Opa. Denn auch wenn dieses Ereignis lange vor ihrer Geburt liegt, setzt sich die Jugendliche für ein Gedenken an diesen Tag ein. Darum engagierte sie sich auch beim Würzburger Gedächtnislauf.

Zum sechsten Mal wurde der Gedächtnislauf zur Erinnerung an die Zerstörung Würzburgs am 16. März 1945 von Kolping-Mainfranken und der Laufgemeinschaft Würzburg organisiert. Die Startspenden kommen der Kolping-Stiftung zugute. Zahlreiche Kolping-Mitglieder waren für das Sportereignis im Einsatz.

Fünf junge Frauen und Männer von der Kolpingjugend in Güntersleben und Retzbach betreuten den Verpflegungsstand am Zellinger Schwimmbad. Um 11 Uhr wurde aufgebaut, fast vier Stunden waren die Jugendlichen im Einsatz. „Wir hatten nahezu 200 Liter Wasser und auch fast 200 Schokoriegel dabei“, erzählt Jochen Behr, Gruppenleiter der Retzbacher Kolpingjugend. Um sechs Minuten nach zwölf kam der erste Läufer am Stand vorbei, dicht gefolgt von einem Konkurrenten. Danach tröpfelte es erst eine Weile. Bis es immer turbulenter wurde.

Sich für Frieden einzusetzen ist für Jochen Behr wichtig. „Erst gestern hatten wir eine lange Filmnacht organisiert“, erzählt der 21-Jährige. Am späten Abend schaute man den amerikanischen Kriegsfilm „Soldat James Ryan“ über die alliierte Invasion in der Normandie. Der Streifen ging ihm unter die Haut, sagt Behr.

Im Übrigen sei auch Retzbach nicht vom Krieg verschont geblieben, betont der junge Mann: „Die Nazis sprengten in den letzten Kriegstagen die Alte Mainbrücke.“ In der Ortschronik ist dieses Ereignis festgehalten. „Aus der erzählte uns Ministranten unser Pfarrer“, erklärt Behr, der als Ministrant aktiv ist.

Bei Leonie Ebert von der Kolpingjugend Güntersleben ist es die Großmutter, die ihr ein wenig erzählt hat, wie das damals im Krieg war. „Sie musste einmal mit dem Boot in Würzburg von einer Mainseite zur anderen fahren“, berichtet die 18 Jahre alte, angehende Erzieherin. Mitten auf dem Main fielen plötzlich Bomben. Das Boot machte sofort kehrt. Leonies Großmutter, damals ein Kind, stand Todesängste aus, erzählt heute ihre Enkelin.

Nicht alle junge Menschen haben noch Interesse daran, sich mit dem Zweiten Weltkrieg, der NS-Vergangenheit Deutschlands und dem Schicksal ihrer Heimatgemeinde im Dritten Reich auseinanderzusetzen, meint Jochen Behr. Schließlich liegt das, was damals geschah, unermesslich viele Jahre vor ihrer Geburt. Doch angesichts der zahlreichen Konflikte auf der Welt findet der junge Mann es wichtig, sich immer wieder daran zu erinnern, „wie schnell es zu Konflikten kommen kann“ und wie schnell Konflikte „brutal ausufern“ können. Durch die Krise in der Ukraine sei ein unheilvoller Konfliktherd auch wieder nahe an Deutschland herangerückt.

Doch auch wenn der Anlass für den Gedächtnislauf ein bedrückenden Thema ist, die jungen Leute hatten ihrem Stand Spaß. Eben das, meint Leonie Ebert, liebe sie so an Zusammenkünften wie bei der Kolpingjugend: „Egal, was man miteinander unternimmt, man erlebt immer auf tolle Weise Zusammenhalt und Gemeinschaft“ – Dinge, die sie gerade auch für junge Menschen wichtig zu erleben findet.

 
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