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MÜNNERSTADT
Viele Schüler brauchen Hilfe
Von Thomas Malz
 |  aktualisiert: 11.11.2021 13:41 Uhr

Zwei Selbstmordversuche in diesem Jahr an der Mittelschule, zeitlich begrenzter Schulausschluss für einen Grundschüler – was die Stadträte in ihrer jüngsten Sitzung von den Schulleitern Freifrau Ulrike von und zu der Tann und Detlev Elsner zu hören bekamen, machte vor allem eins klar: „Wir leben nicht mehr auf der Insel der Glückseligkeit“, wie es Bürgermeister Helmut Blank (CSU) zusammenfasste. Hilfe für nicht integrierte Jugendliche soll das Projekt Jugendsozialarbeit an Schulen bieten, das Jugendamtsleiter Siegbert Goll und Schulamtsleiter Josef Hammerl vorstellten. Der Kreisausschuss und der Kreistag haben bereits Grundlagenbeschlüsse zur Finanzierung des Projektes gefasst. Die Kommunen müssen sich aber beteiligen.

Die Jugendsozialarbeit sei die intensivste Form der Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Schule, aber auch Schnittstelle zwischen Familie, Schule, Berufseinmündung und Sozialraum. Ziel sei es, Kinder und Jugendliche so zu unterstützen, dass ihre Eingliederung in die Arbeitswelt und damit ihre soziale Integration gelingen kann, so Siegbert Goll. Das Programm richtet sich unter anderem an Schüler mit sozialen und psychischen Auffälligkeiten, wie Depressionen oder Gewaltbereitschaft, Schulverweigerer, oder an solche, die wegen ihres Migrationshintergrundes benachteiligt sind.

Siegbert Goll verwies auf statistische Erhebungen, nach denen sich 47,5 Prozent der jungen Leute durch Schule, Studium und Arbeit überfordert fühlen, bei den Mädchen und jungen Frauen liegt die Quote sogar bei knapp 56 Prozent. „Ein Grund, warum das Ritzen immer mehr Raum gewinnt“, sagte der Jugendamtsleiter. Konkret bedeutet das Projekt, dass an den Schulen Sozialpädagogen tätig werden, die unter anderem den Hilfebedarf und spezifische Angebote für junge Menschen ermitteln, aber auch bei Bedarf mit den Eltern zusammenarbeiten und Kontakte vermitteln. Im Extremfall kann der Sozialpädagoge auch den Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung umsetzen.

Finanziert wird das Projekt durch den Freistaat Bayern, den Landkreis Bad Kissingen, einen noch zu findenden freien Träger und die Kommune, also in diesem Fall die Stadt Münnerstadt, die als Schulaufwandsträger angemessene Büroräume zur Verfügung stellen muss, sich aber auch an den Lohnkosten beteiligt, die natürlich davon abhängen, ob eine halbe oder eine volle Stelle geschaffen wird.

„Rechnet sich das?“, fragte Schulamtsleiter Josef Hammerl und lieferte die Antwort gleich selbst. Nach Einführung der Jugendsozialarbeit an Schulen sei eine Verbesserung von einem Drittel der Fälle aufgetreten, sagt er. „Eine sehr hohe Quote.“ Das sei zum Nutzen für die Jugendlichen und die Gesellschaft, denn jeder „verloren gegangene“ Jugendliche belaste früher oder später die Gesellschaft. Als weiteres Argument für die Einführung des Projekts nannte Josef Hammerl die Bewerbung des Landkreises Bad Kissingen als Bildungsregion.

Die Dringlichkeit der Einführung von JaS an der Freiherr-von-Lutz-Mittelschule unterstrich Schulleitern Freifrau Ulrike von und zu der Tann mit zwei Suizidversuchen im Februar und April dieses Jahres. Sie stellte Defizite im Sozialverhalten mancher Jugendlichen fest.

Ihr Kollege von der Grundschule, Detlev Elsner, nannte einen Fall eines Drittklässlers, der sich auf der Toilette eingeschlossen hatte und den Schulleiter mit den Worten: „Ich bring' Dich um, Du A...loch“, begrüßte. Es gebe in einer dritten und einer vierten Klasse Störer, die einen normalen Unterricht unmöglich machten. Es mussten bereits Schüler vom Unterricht ausgeschlossen werden, weil sie sich und andere gefährdet haben. Bei der anschließenden Diskussion wurden noch Detailfragen zu Kosten und dem Raum für den Sozialpädagogen geklärt. Für Münnerstadt wird eine halbe Stelle angestrebt. „Lasst uns Gutes tun für unsere Kinder und unseren Schulstandort“, sagte Bürgermeister Helmut Blank zum Abschluss. Der Beschluss fiel dann einstimmig. Anlaufen soll das Projekt im Schuljahr 2015/16, womit die Stadt Münnerstadt finanzielle Mittel im Haushalt 2015 vorsehen muss.

 
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