„Wetten, dass . . ?“ ist abgeschafft, aber gewettet wird beim ZDF trotzdem noch. Die jüngste Wette haben die Mainzer allerdings gern verloren: Bereits zwei Wochen vor dem Start der TV-Ausstrahlung ist die deutsch-dänische Krimi-Co-Produktion „The Team“ in die Mediathek gestellt worden; zunächst jedoch nur sieben von acht Teilen.
In der fortlaufenden Serie, die das „Zweite“ an den kommenden Sonntagen um 22 Uhr in vier Doppelfolgen zeigt, sucht ein internationales Ermittlerteam in halb Europa nach einem Frauenmörder.
Die Geschichte beginnt mit der Ermordung einer Prostituierten in Kopenhagen; innerhalb weniger Stunden folgen zwei weitere Morde in Antwerpen und Berlin. Die Handschrift ist jedes Mal die gleiche. Den Tatorten entsprechend besteht das Team aus dem Dänen Harald Bjrn (Lars Mikkelsen), der Belgierin Alicia Verbeek (Veerle Batens) sowie der Berlinerin Jackie Mueller (Jasmin Gerat). Weitere Schauplätze sind die Schweiz und die österreichischen Alpen.
Auf die Auflösung der Geschichte hätten die Fans der Serie bis zum 29. März warten müssen; es sei denn, so das Angebot des ZDF, sie würden eifrig den Kurznachrichtendienst Twitter nutzen und 25 000 „Tweets“ zu „The Team“ absetzen. Nichts leichter als das; seit Dienstag ist auch die letzte Folge freigeschaltet. Aus Sicht des Mainzer Senders war das Experiment also äußerst erfolgreich, zumal es vermutlich auch intern Skeptiker gegeben haben dürfte.
Natürlich hat das „Zweite“ mit der Aktion eine bestimmte Strategie verfolgt, wie Susanne Müller, die Leiterin der ZDF-Hauptredaktion Spielfilm, erläutert: „Wir versuchen, unsere Zuschauer auf allen Plattformen zu erreichen und auf diese Weise vielleicht auch neue Zielgruppen zu erschließen, die unser Programm auf anderen Geräten als dem klassischen Fernseher anschauen.“
Jüngere Zuschauer ansprechen
Als Beleg zitiert sie den Tweet eines Nutzers, der anerkennend feststellt: „Hätte ich dem ZDF gar nicht zugetraut.“ Für Müller ist der Erfolg auch ein Beleg dafür, dass „der Tod des Fernsehens, von dem so gern die Rede ist, nicht bevorsteht. Die Produktion als solche bleibt ja gleich. Die Menschen wollen einen Film anschauen; ob man das nun Broadcast nennt oder Video on Demand, ist aus Sicht der Produktion einerlei. Einziger Unterschied ist die Nutzungsform: Viele jüngere Zuschauer ziehen es vor, Sendungen dann abzurufen, wenn es ihnen zeitlich passt, während meine Generation mit dem klassischen Verabredungsfernsehen aufgewachsen ist.“
Das gilt allerdings möglicherweise auch für ganz junge Nutzer. Für ein Publikum unter zwölf Jahren ist „The Team“ jedoch definitiv nicht geeignet. Der Mörder tötet seine Opfer durch einen Schuss ins Auge, außerdem schneidet er ihnen einen Finger ab. Das allein ist schon grausig genug, selbst wenn von den Taten meist nur Fotos zu sehen sind. Viel schlimmer aber ist eine Folterszene, in der zwei Killer einen Mann dem sogenannten Waterboarding unterziehen und ihm so lange Wasser in den Mund schütten, bis er beinahe ertrinkt. Weil er trotzdem schweigt, drohen sie ihm, mit einer Wurstschneidemaschine die Finger zu amputieren. Diese Aufnahmen sind auch für Erwachsene ziemlich unangenehm; Kinder und junge Jugendliche sollten sie sich auf keinen Fall anschauen.
Damit ist vermutlich auch nicht zu rechnen, denn die Version in der Mediathek bietet ein munteres Sprachengemisch. Das Ermittlerteam aus Dänemark, Belgien und Deutschland verständigt sich untereinander auf Englisch, die Gespräche mit den Landsleuten erfolgen in der jeweiligen Landessprache. Die ausländischen Dialoge werden untertitelt; so was mögen Kinder nicht. Außerdem ist die Serie unter Anleitung der ZDF-Jugendschutzbeauftragten Karin Breckwoldt entschärft worden. Die Foltersequenz zum Beispiel ist nun deutlich kürzer.
Drastische Folterszenen
Sie gesteht, dass sie die quasi in Echtzeit gezeigte Waterboarding-Szene unerträglich gefunden habe: „Hier schaut man einem Menschen gewissermaßen beim Sterben zu, das ist würdelos.“ Als mindestens genauso schlimm empfand sie die Aufnahmen mit der Schneidemaschine. Komplett entfernt worden sind die entsprechenden Bilder nicht, weil sie nach Ansicht Breckwoldts „wichtig sind, um die Skrupellosigkeit der Männer zu verdeutlichen“, aber eine Nahaufnahme ist geschnitten worden.
Trotzdem ist „The Team“ für Kinder unter 14 Jahren nicht geeignet. Den Vorgaben des Jugendmedienschutzstaatsvertrages wird der Vorgang dennoch gerecht. Das Gesetz macht nur bei den Richtlinien für die Altersfreigabe von Sendungen ab 16 oder 18 Jahren keinen Unterschied, ob eine Sendung im Fernsehen oder im Internet gezeigt wird; hier wie dort dürfen sie erst ab 22 Uhr beziehungsweise 23 Uhr zu sehen sein. Anders sieht es bei Produktionen mit einer Freigabe ab zwölf aus, vorausgesetzt, ein Sender stellt im Internet ein eigenes Angebot für Kinder zur Verfügung, wie es das ZDF mit tivi.de tut: Dann darf er in der Mediathek rund um die Uhr auch solche Sendungen zeigen, die für die Entwicklung von Kindern unter 14 Jahren möglicherweise beeinträchtigend sein könnten und daher im Fernsehen erst ab 20 Uhr gezeigt werden.
Nach Ansicht Breckwoldts hat die entschärfte Version von „The Team“, die das ZDF auch bei der TV-Ausstrahlung verwenden wird, eine Freigabe ab zwölf, aber die Jugendschutzbeauftragte weiß natürlich auch, dass solche Einschätzungen manchmal eine Gratwanderung sind. In der ARD-Mediathek sind die „Tatort“-Krimis daher in der Regel erst ab 20 Uhr zu sehen; gleiches war im ZDF bei der Serie „Borgia“ der Fall. Bei „The Team“ ist der Spielraum ausgenutzt worden, weil es sich um ein Pilotprojekt handelt, mit dem das ZDF via Mediathek ein jüngeres Publikum erreichen will.