An diesem Freitag galt es für Thomas Lurz – und die ganze Region fieberte mit: Um 13 Uhr (12 Uhr Ortszeit in London) fiel der Startschuss zum Zehn-Kilometer-Langstreckenschwimmen bei Olympia. Knapp zwei Stunden später sollte dem 32-jährigen Würzburger, der in Gerbrunn (Lkr. Würzburg) wohnt, möglichst die ersehnte Goldmedaille um den Hals baumeln. Doch es wurde Silber. Der Würzburger musste im Hyde Park nur den Tunesier Oussama Mellouli ziehen lassen, der in 1:49:55 Stunden rund dreieinhalb Sekunden vor Lurz anschlug.
Mellouli hatte vor einer Woche bereits Bronze über 1500 Meter Freistil im Becken des Aquatics Centre gewonnen. Somit holte der Afrikaner als erster Schwimmer überhaupt eine Medaille im Becken und im Freiwasser. Dritter wurde Richard Weinberger aus Kanada.
Thomas Lurz ist zehnfacher Weltmeister im Freiwasserschwimmen. Vor vier Jahren in Peking gewann er Bronze. Der studierte Sozialarbeiter war heiß auf das Rennen im Hyde-Park. Akribisch hatte er sich mit seinem Trainer, Bruder Stefan Lurz, vorbereitet. Jedes Jahr legt er im Würzburger Adami-Bad rund 3000 Trainingskilometer zurück, das ist mehr als die Strecke Würzburg-Barcelona und zurück.
„Ich bin guter Dinge und freue mich, dass es endlich losgeht“, sagte Thomas Lurz am Donnerstag in London. Blauer Himmel war angekündigt, das Wasser im Serpentine-Lake hatte über 20 Grad. „Beste Voraussetzungen“, so der Schwimmer. Motivation schöpfte er nicht zuletzt aus der großen Unterstützung daheim. „Ich habe unzählige SMS und Mails aus ganz Mainfranken bekommen.“
Dass die Würzburger ihrem sportlichen Aushängeschild „alle Daumen“ drückten, versprach Bürgermeisterin Marion Schäfer-Blake. Thomas Lurz charakterisiert sie als einen „Ausnahmesportler, willensstark, kraftvoll und trotzdem immer bescheiden“.
Beim SV 05 Würzburg, Lurz' Verein, trifft man sich um 13 Uhr zum Public Viewing im Sommergarten am Adami-Bad. ARD und ZDF zeigten das komplette Rennen live im Internet; im ARD-Hauptprogramm sind regelmäßige Einblendungen geplant.
Die aktiven SV 05-Schwimmer-Kameraden feuerten ihr Vorbild derweil vor Ort in London an. 30 Leute umfasst die Delegation, unter anderem mit SV 05-Vizepräsident Rainer Griebl und Mutter Renate Lurz.
Ein Olympiasieg von Thomas Lurz wäre der erste für Würzburg seit 1936 gewesen. Damals holten die Ruderer Rudolf Eckstein, Anton Rom, Martin Karl und Willi Menne im „Vierer ohne“ Gold nach Mainfranken. Zwar hat es immer wieder Medaillen für Sportler aus der Region gegeben, Olympiasiege aber haben Seltenheitswert. Der dreifache Gold-Gewinner Ralf Schumann (1992, 1996, 2004), ein Schütze aus Sachsen, war bei zweien seiner Triumphe in Stockheim (Lkr. Rhön-Grabfeld) zuhause. Alexander Leipold, ein gebürtiger Alzenauer (Lkr. Aschenburg), gewann 2000 in Sydney im Freistilringen; die Goldmedaille aber musste er nach einem umstrittenen Dopingverfahren abgeben.
Bleiben die Fechter aus der tauberfränkischen Nachbarschaft. Unvergessen sind die Goldmedaillen von 1976 für Alexander Pusch (Degen Einzel) und die Florett-Mannschaft mit dem heutigen IOC-Vizepräsidenten Thomas Bach. Weiteres Team-Gold mit TBB-Beteiligung gab's 1984 (Degen Männer, Florett Frauen) und 1992 (Degen und Florett Männer). Dazwischen lag 1988 bei Olympia in Seoul der legendäre Dreifach-Triumph für die Tauber-Fechterinnen: Gold für Anja Fichtel, Silber für Sabine Bau und Bronze für Zita Funkenhauser im Florett-Einzel. Anschließend gewannen die drei dann noch gemeinsam Gold im Team.