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UNTERFRANKEN
Studie: Wert(e) der Wirtschaft
Studie: Stefan Kleinhans untersuchte für seine Bachelorarbeit 100 regionale Firmen. Seine Frage: Worauf legen Sie Wert? Ergebnis: ein Wertekatalog der Würzburger Wirtschaft.
Sarah-Sophie Schmitt
Sara Sophie Fessner
 |  aktualisiert: 16.12.2020 12:32 Uhr

Werte. Irgendwie weiß doch jeder, was damit gemeint ist. Etwas Gutes. Etwas Erstrebenswertes. Laut Duden sind Werte eine einer Sache innewohnende Qualitäten, die sie in einem gewissen Maße begehrenswert macht. Im Privatleben sind diese Leitlinien oft eindeutig. Vertrauen wird da oft genannt. Ehrlichkeit. Oder Zufriedenheit. Aber wie sieht das in der Wirtschaft aus?

Gewinn und Gewissen, Moneten und Moral – immer wieder zeigt sich, diese beiden Punkte sind nicht so leicht zu verbinden. Korruptionsaffären erschüttern immer wieder die Wirtschaft. Das Magazin „Spiegel“ schrieb jüngst: „Jede vierte deutsche Firma hat mit Betrug zu tun.“ Schlagzeilen, die viele Menschen den Kopf schütteln lassen.

Auch Stefan Kleinhans. „Das kann eigentlich nicht sein“, sagt er, wenn er so etwas liest. Doch er belässt es nicht dabei. Er handelte.

Der heute 24-Jährige besuchte im BWL-Studium an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt ein Seminar zum Thema Unternehmensethik. „Ich fand es spannend, die Wirtschaft kritisch zu hinterfragen“, sagt er in einem Gespräch mit dieser Zeitung. Das Thema ließ ihn nicht mehr los. Kurzerhand entschied er für seine Abschlussarbeit, Ethik und Moral in hiesigen Unternehmen unter die Lupe zu nehmen. „Nachhaltigkeit geben immer alle an, wenn Unternehmen nach wichtigen Werten gefragt werden. Ich wollte herausfinden, ob diese Werte auch wirklich gelebt werden“, sagt er.

Seine Leitfrage: Welche Werte prägen die Wirtschaft in der Region? Sein Ziel: ein Wertekatalog für die Wirtschaftsregion Würzburg.

Ansprechpartner gibt es in der Region ja genug. Laut einer aktuellen Studie der Prognos-AG hat Mainfranken im deutschlandweiten Vergleich die höchste Arbeitsplatzdichte. Während sie im Bundesdurchschnitt bei rund 50,3 Prozent liegt, rangiert sie in der Region sogar bei 52,6 Prozent. 100 Unternehmen der Wirtschaftsregion Würzburg befragte Kleinhans. Er wählte sie nach Anzahl der Mitarbeiter aus. In 20 Unternehmen führte er ein persönliches Gespräch mit der Geschäftsführung, mit den Mitarbeitern selbst sprach er nicht. Weitere 80 Firmen wurden anhand ihrer Wertaussagen im Internet analysiert.

Das Ergebnis: „Werte und Profitorientierung, das geht sehr gut zusammen.“ Mehr noch: Kleinhans betont, dass es in der Wirtschaft solcher Leitlinien bedürfe, um einen Orientierungsmaßstab für das Handeln herzustellen.

Qualität, Kompetenz und Zuverlässigkeit sind die drei wichtigsten und meistgenannten Werte der Studie. „Deutlich wird, dass in Würzburgs Wirtschaft der Mensch ebenso zählt wie Qualität. Geschäftspartner, Kunden und Mitarbeiter dürfen hier Exzellenz auf Augenhöhe erwarten“, so der 24-Jährige.

Überraschungen gab es für ihn nicht. „Ich bin gebürtiger Würzburger, ich kenn die Menschen hier ja“, sagt er und lacht. Da sei es für ihn wenig verwunderlich, dass die „Fränkische Sturheit“ auch in der Wirtschaft eine Rolle spiele. Denn wie sich in seiner Studie gezeigt hat, weicht die Würzburger Wertestruktur von der im übrigen Deutschland vor allem bezüglich der geringeren Innovationsbereitschaft ab.

„Ich wollte herausfinden, ob diese Werte auch wirklich gelebt werden.“
Stefan Kleinhans, Student

„Mit dieser Studie haben wir erstmals eine nachweisbare Diskussionsgrundlage“, sagt Harald Bolsinger. Er ist Professor für Wirtschaftsethik an der Hochschule für angewandert Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt und betreute Kleinhans' Arbeit. Eine solche Erhebung sei vor allem in Hinblick auf den Standortwettbewerb in Deutschland von großer Bedeutung. „Jedes Unternehmen behauptet von sich selbst, es sei das modernste, flexibelste oder innovativste“, so der Professor. Dank dieser Studie genügt ein Blick, um zu erkennen, welche Werte die Wirtschaftsregion ausmachen. „Das ist ein Wettbewerbsvorteil“, so Bolsinger.

Darüber hinaus sei der Wertekatalog zur Orientierung für hiesige Unternehmen gedacht. Sie können sehen, welche Werte in der Region wichtig sind und wo sie selbst Schwerpunkte setzen. „Ich hoffe, dass die Studie die Beschäftigung mit Werten befeuert“, sagt Bolsinger.

Die Ergebnisse der Untersuchung sind Grundstein für das Netzwerk „Würzburg Wertevoll“. Eine Initiative der Stadt Würzburg, die zeigt: Werte boomen. Ihre Bedeutung hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Das zeigen auch die Reaktionen auf die „Werteregion Mainfranken“. 2009 wurde sie von der IHK Würzburg-Schweinfurt, der Mediengruppe Main-Post und dem Managementtrainer Friedrich Assländer ins Leben gerufen. Ziel ist es, mit Firmenchefs und Führungskräften das Thema Werteorientierung zu diskutieren und Anregungen zu geben, wie Werte im Unternehmen gelebt werden können.

Und Stefan Kleinhans? Er studiert inzwischen in Bamberg, macht seinen Master in Personalentwicklung- und Management. Später möchte er einmal in den Bereich strategische Personalentwicklung. Die Studie sei spannend gewesen, doch weiterarbeiten werde er daran nicht.

Seine Daten werden allerdings sicherlich von anderen Studenten weiter bearbeitet. Schließlich habe er die Frage, wie die im Katalog zusammengestellten Werte im Unternehmensalltag umgesetzt werden, noch nicht umfassend klären können, so Kleinhans. Trotzdem freut er sich, mit seiner Arbeit einen Beitrag zur Entwicklung und Aufarbeitung des Themas geleistet zu haben.

 
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