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OBERDÜRRBACH
Sport überwindet Grenzen
Vorstand des Jahres 2011: Die Vereinsführung des Sportvereins Oberdürrbach mit (von links) dem Vorsitzenden Michael Stöhr, Vize Uwe Paul, Kassier Leo Dzemla und Schriftführer Berndt Gutzeit.
Foto: HERBERT KRIENER | Vorstand des Jahres 2011: Die Vereinsführung des Sportvereins Oberdürrbach mit (von links) dem Vorsitzenden Michael Stöhr, Vize Uwe Paul, Kassier Leo Dzemla und Schriftführer Berndt Gutzeit.

Von unserem Redaktionsmitglied

Herbert Kriener

 |  aktualisiert: 16.12.2020 11:43 Uhr

In der städtischen Dürrbachtalhalle in Oberdürrbach stürmt ein wilder Haufen junger Leute dem Fußball hinterher. Ihre verschwitzten Gesichter verraten, dass sie aus fremden Ländern kommen. Es sind Flüchtlinge aus dem Nahen Osten, aus dem Iran, dem Irak, aus Afghanistan und aus Staaten der ehemaligen Sowjetunion. Was sie hier über alle kulturellen und sprachlichen Barrieren verbindet, ist der Sport – angeboten in einem beispielgebenden Integrationsprojekt des Sportvereins Oberdürrbach (SVO).

Die jungen Männer zwischen 18 und 35 Jahren leben auf engem Raum zusammen in der Gemeinschaftsunterkunft (GU) an der Veitshöchheimer Straße. Klar, dass sich hier einiges aufstaut. „Die Jungs müssen Dampf ablassen“, sagt Michael Stöhr. Er arbeitet als freier Architekt in Oberdürrbach und ist seit 2006 Vorsitzender des SVO.

„Wir müssen etwas tun, um das Aggressionspotenzial abzubauen“, ist Stöhr überzeugt, und so wurde er zum Motor des auszeichnungswerten Integrationsangebotes seines Vereins. Jede Woche war Stöhr zu Besprechungen in der Gemeinschafsunterkunft. Viele Hindernisse waren zu überwinden, vor allem mussten der Transport und die Ausrüstung der jungen Leute organisiert und finanziert werden, denn die Kosten hätten die Möglichkeiten des Vereins weit überschritten. So ging Stöhr Klinken putzen bei Unternehmen der Stadt, und das mit Erfolg. Der Durchbruch für das Projekt kam dann durch die Zusammenarbeit mit dem vom Sozialreferat der Stadt entwickelten „Lokalen Aktionsplan Würzburg“ (lap) und dem Programm „Integration durch Sport“ des Bayerischen Landes-Sportverbandes (BLSV), die beide das Projekt finanziell unterstützen. Mit Firmenspenden wurden Sportausrüstung, Handtücher, Duschsachen angeschafft.

So fand im vergangenen November in der Dürrbachtalhalle das erste Training statt, an dem zweimal die Woche bis zu 50 Flüchtlinge teilnehmen. Mit dem jungen Dettelbacher Simon Ringelmann, der beim SVO sein Freiwilliges Soziales Jahr leistet, fand der Verein einen engagierten Übungsleiter, der mit Herzblut bei der Sache ist und die jungen Leute motiviert.

Das größte Problem sieht Stöhr noch in den Sprachbarrieren. So waren die Flüchtlinge bisher meist unter sich. Ziel müsse aber sein, sie in den normalen Sportbetrieb zu integrieren, so der Vorsitzende. Im Bereich Volleyball ist dies in einigen Fällen schon gelungen. Seit neuestem nehmen auch einige Frauen aus der GU das Sportangebot wahr, hier vor allem im Bereich der Selbstverteidigung Ju-Jutsu.

Inzwischen ist der SVO ein gutes Stück weitergekommen: Er wurde vor kurzem Integrations-Stützpunkt des BLSV. Das sichert längerfristig die finanzielle Förderung und damit das sportliche Angebot an die fremden Sportler. Nun ist das nächste Ziel, ein integratives Sommerfest auf die Beine zu stellen.

Auszeichnungswert ist die Vorstandschaft des SVO neben dem Integrationsprojekt auch wegen einer dynamischen Entwicklung, die die Vereinsführung in den letzten vier Jahren angeschoben hat. So wurde 2007, mitten in die Finanzkrise hinein, die Erneuerung der Vereinsanlagen angegangen. Der Fußballplatz kam einen Kunstrasen, auf dem der Verein auch in der Europa-Liga spielen könnte. Generalsaniert und mit einer Beregnungsanlage ausgestattet, wurden die fünf Tennisplätze, dazu das Sportheim energetisch saniert - alles mit viel Eigenleistung der Mitglieder. Dazu wurden die Satzung auf zeitgemäßen Stand gebracht, eine neue Abteilung Baseball ins Leben gerufen und Ferienfreizeiten für Kinder in Zusammenwirken mit den Vereinen des Ortsteils organisiert.

Vorbildlich ist auch der langfristige Kooperationsvertrag, den der Vorstand des SVO letztes Jahr mit dem TV Unterdürrbach ausgehandelt hat. Für 40 000 Euro hat der SVO den Boden in der alten Clubhalle des TVU saniert, dafür dürfen nun die Ju-Jutsu-Sportler, das sportliche Aushängeschild des Vereins, dort trainieren.

Solche Leistungen sind sicher nur möglich mit einem harmonisch zusammenarbeitenden Team an der Vereinsspitze. Bei der Vorstandsmitgliedern des SVO spürt man, dass sie nicht nur in der Sache, sondern auch freundschaftlich verbunden sind. „Ich bin glücklich, so ein Team zu haben“, sagt Stöhr. Sein Stellvertreter, der Arzt Professor Berndt Gutzeit, meint über den Mann an der Spitze: „Er ist der Motor, und wenn einer die Bugwelle macht, dann gibt es halt auch mal Spritzer“. Aber das scheint allen Spaß zu machen.

 
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