
Dafür, dass auf Schloss Mainberg seit gut 14 Monaten keine öffentlichen Veranstaltungen mehr stattfinden dürfen, ist dort dieser Tage ziemlich viel los. Abgeordnete, Bürger und Bürgermeister, Gemeinderäte, ein Landrat und ein Staatssekretär geben einander die Klinke in die Hand, um sich ein Bild vom tatsächlichen Ausmaß der Schäden an der bedeutenden Schlossanlage zu machen. Und um anschließend per Pressemitteilung ihrer Sorge Ausdruck zu verleihen. Oder, wie im Fall von Innenstaatssekretär Gerhard Eck, um via Gemeinderat Georg Brückner (CSU) mitzuteilen, dass keine schnelle staatliche Hilfe für Mainberg in Sicht sei.
Am Donnerstag nun sind vier Landtagsabgeordnete der SPD angereist: Volkmar Halbleib (stellvertretender Vorsitzender des Haushaltsausschusses, Würzburg), Sabine Dittmar (Maßbach), Reinhold Strobl (Mitglied im Landesdenkmalrat, Amberg) und Inge Aures (Kulmbach), Strobls Vorgängerin im Landesdenkmalrat.
Inge Aures, selbst Architektin („Ich habe mal richtig gearbeitet, bevor ich in die Politik gegangen bin“), wird später beim Pressegespräch der Runde aus Journalisten, Bürgern und Lokalpolitikern Mut machen: „Ich habe schon schlimmere Baustellen gesehen. Und die sind auch gerettet worden.“ Aber sie ist es auch, der man den Ärger über den schlechten Zustand des Baudenkmals am deutlichsten anmerkt.
Tatsächlich hat Schonungens Bürgermeister Stefan Rottmann der etwa 20-köpfigen Gruppe beim Rundgang jede Menge Besorgniserregendes gezeigt – Wasserflecken längst nicht nur unter dem Dach, manche frisch übertüncht, so der Bürgermeister: „Das war neulich alles noch schwarz.“ Eindringendes Regenwasser sickere drei Stockwerke tief durch Decken und hinter Wandverkleidungen. Rottmann zeigt im Herrenzimmer die Glühbirne, über der vor einigen Wochen das Wasser so stark austrat, dass es mit einem Eimer aufgefangen werden musste. Beeindruckt betrachtet die Delegation auch die Schäden in Apostel- und Lucretien-Zimmer, wo nach einem Wasserschaden große Teile des Parketts entfernt worden sind.
Rottmann zeigt auch einen der neuralgischen Punkte an der Schnittstelle zwischen Dachstuhl und Mauerwerk. Die Feuchtigkeit hat hier die Verbindung zweier Balken sichtbar angegriffen. Inge Aures nickt wissend: Schäden auf Traufhöhe sind typisch als Ursache für den schnellen Verfall historischer Bausubstanz.
Zweites großes Problem ist die Statik. Egon Johannes Greipl, Chef des Landesamts für Denkmalpflege, hatte in einem Interview mit dieser Zeitung von „massiven Schäden an den historischen Dachwerken sowie Rissen an der Süd- und der Westfassade des Hauptschlosses“ gesprochen. Der Verfall hat längst die repräsentativen Räume erreicht. Risse in Außen- und Innenwänden sind nicht zu übersehen. Der Historiker Thomas Horling, Mitherausgeber des großen Buchs über Mainberg, zeigt alte wie neue Schäden, etliche davon erst nach 2005 aufgetreten. Im roten Saal ist die Spannung im Mauerwerk offenbar so stark, dass ein marmornes Fensterbrett gesprungen ist.
Nach dem Rundgang ziehen sich Bürgermeister, Gemeinderäte und Abgeordnete erst einmal nicht öffentlich zurück. Es geht wohl auch um heikle Fragen wie die nach denkbaren künftigen Besitzverhältnissen. Ein Aspekt, der denn auch anschließend umschifft wird. Allerdings: Die Abgeordneten fordern eine sofortige Sicherung des Gebäudes, mit konkreten Auflagen für die Eigentümerin und der Ausschöpfung des Denkmalrechts. Etwa mit dem Mittel der Ersatzvornahme: Wenn ein Eigentümer nicht willens oder in der Lage ist, ein Baudenkmal angemessen zu unterhalten, tritt die öffentliche Hand in Vorleistung, stellt die Kosten aber später dem Eigentümer in Rechnung.
Zunächst müsse umgehend der Wassereintritt gestoppt und anschließend der statische Zustand untersucht werden. Gerhard Eck hatte den 1. November als „sinnvolle Zielsetzung“ für die Notreparatur des Dachs genannt. Dem widersprechen die Sozialdemokraten. Inge Aures: „Es regnet auch im Sommer.“
Volkmar Halbleib sieht ausdrücklich den Freistaat in der Pflicht, das herausragende Baudenkmal Schloss Mainberg zu erhalten. Bayern habe aber die Mittel so stark heruntergefahren, „dass ordnungsgemäße Denkmalpflege nicht mehr gewährleistet ist“. Dennoch gebe es Gelder, um die man sich bemühen könne, etwa bei der Landesstiftung Bayern oder beim Denkmalfonds.
Das Bayerische Denkmalrecht kennt Zwangsmaßnahmen bis hin zur – allerdings noch nie durchgeführten – Enteignung. Bei der Ersatzvornahme ist die rechtlich maßgebliche Behörde das Landratsamt. Und dem steht mit Florian Töpper seit 1. Februar ein Parteifreund der SPD-Abgeordneten vor.